Ihm glückte die vegane Revolution

Remo Scholz führt als «Ché Vegara» seit zehn Jahren ein veganes Catering in Spreitenbach. Zum Jubiläum spricht er über die Entwicklung der pflanzlichen Ernährung und das bisher beste Jahr seines Geschäfts.

Remo Scholz feiert mit seinem veganen Spreitenbacher Catering «Ché Vegara» das 10-Jahr-Jubiläum.Sibylle Egloff
Remo Scholz feiert mit seinem veganen Spreitenbacher Catering «Ché Vegara» das 10-Jahr-Jubiläum.Sibylle Egloff

«Das grösste Highlight der vergangenen zehn Jahre ist eigentlich, dass es mich noch gibt», sagt Remo Scholz. Damit meint der 48-Jährige sein veganes Spreitenbacher Catering-Unternehmen Ché Vegara, das am 1. Oktober Jubiläum feiert. 2013 sei er sehr naiv und ohne Businessplan an das Ganze rangegangen. «Ich wusste nicht mal, ob es ein solches Angebot überhaupt braucht.» Das zehnjährige Bestehen zeigt, dass Scholz damals – auch wenn etwas blauäugig – den richtigen Weg eingeschlagen hat.

Seine Kochmütze und -jacke mit dem roten Stern erinnern wie der Name seiner Firma an den Revolutionär Ché Guevara. «Als ich mich selbstständig machte, war die vegane Ernährung tatsächlich noch etwas Revolutionäres», sagt Scholz. Er habe nach einem Firmennamen gesucht, der auch Nicht-Veganern ins Auge springe.

Im letzten Jahrzehnt hat sich in Sachen pflanzlicher Ernährung einiges getan. Revolutionär ist Veganismus keineswegs mehr. «Die Leute haben ihre Hemmungen und Berührungsängste gegenüber der veganen Ernährung verloren, sie ist mitten in der Gesellschaft angekommen», sagt Scholz. Diese Entwicklung sei sensationell und mache ihn sprachlos. «Ich hätte das nie für möglich gehalten.»

 

Früher fand er höchstens eine Sorte Sojamilch

Der vegane Koch denkt dabei auch an all die Innovationen und neuen Produkte. «Vor zehn Jahren hatte ich Glück, wenn ich im Grossmarkt einen Nature-Tofu und eine Sorte Sojamilch kriegte. Heute ist das Sortiment so gross, dass ich immer wieder neue Sachen entdecke.» Das erleichtere ihm seine Arbeit. «Ich kann die Zutaten häufig an einem Ort besorgen, statt wie früher verschiedene Fachgeschäfte zu besuchen oder vieles online zu suchen», sagt Scholz. Die breitere Auswahl wirke sich zudem positiv auf die Qualität seiner Gerichte aus. «Früher bereitete ich mein Chili sin carne mit Sojagranulat zu. Heute kann ich auf Fleischersatz-Produkte zurückgreifen, die so authentisch aussehen und schmecken, dass mich meine Gäste manchmal verdutzt anschauen und fragen, ob das Essen wirklich kein Fleisch beinhaltet», sagt Scholz und lacht. «Ich muss nicht vegan lebende Menschen von der veganen Küche überzeugen, sondern Nicht-Veganer begeistern können.» Die Komplimente von Fleischtigern seinen für ihn die grösste Genugtuung für seine Arbeit. So könne er im Kleinen etwas bewirken und seinen Beitrag für die Umwelt und zum Wohle von Tieren leisten, sagt Scholz, der seit gut elf Jahren vegan lebt. Auch andere klassische Gerichte versucht er pflanzlich zu interpretieren. So zum Beispiel No Meatballs mit einer cremigen Champignonsauce.

«Mir ist es wichtig, meine Kunden und Gäste positiv zu überraschen und sie mit dem Gaumen abzuholen.» Missionieren will er mit seiner Lebensphilosophie aber nicht. Ihm geht es um das Esserlebnis nach dem Motto: bunt, abwechslungsreich und lässig. «Es soll eine Rundreise um den kulinarischen Globus sein», sagt Scholz.

 

Sänger Dodo gehörte zu seinen Gästen

Er bekocht vor allem Hochzeitsgesellschaften und tischt seine Menüs an Geburtstagen und Firmenanlässen auf. Zu seinem bekanntesten Gast gehörte der Schweizer Sänger Dodo. Mit dem Sänger Baschi durfte er im Rahmen eines Caterings schon Fussball spielen und sogar Andreas von Holst, den Gitarristen der Toten Hosen, interviewen.

Scholz ist überzeugt, dass veganes Essen kein Trend mehr ist, sondern gekommen ist, um zu bleiben. «Irgendwann werden wir alle unsere Ernährungskonzepte anpassen müssen», ist sich der 48-Jährige sicher. Dass er mehr Konkurrenz hat als zur Anfangszeit, stört ihn nicht. «Konkurrenz belebt das Geschäft. Klar würde ich keine Luftsprünge machen, wenn in der Spreitenbacher Industrie ein weiteres veganes Catering einziehen würde», sagt Scholz und lacht. Doch grundsätzlich habe es genug Platz für andere Anbieter. Er kann sich nämlich nicht über die Nachfrage beschweren. 2023 zählt bisher zu seinem erfolgreichsten Geschäftsjahr. «Ich habe so viele Anfragen, dass ich immer wieder welche ablehnen muss. Das ärgert mich, denn ich will ja alle beliefern können.»

Mehr als acht Jahre lang war «Ché Vegara» ein Ein-Mann-Betrieb. Dank der grossen Nachfrage wird Scholz seit einiger Zeit in seiner Spreitenbacher Gastroküche und bei Anlässen von einer Angestellten und einem Helfer auf Stundenlohn-Basis unterstützt.

Seinem Beruf als Sozialpädagoge ist er trotz des Erfolgs treu geblieben. Das 40-Prozent-Pensum half ihm vor allem durch die schwierige Pandemiezeit. Die grösste Stütze in all den Jahren war und ist seine Frau, die ihm stets den Rücken freihält. Scholz ist dankbar, dass er seine Leidenschaft schon so lange ausleben darf.

Er will etwas zurückgeben und veranstaltet am 29. September von 18.30 bis 23.30 Uhr einen Spendenanlass in seiner Catering-Küche. «Die Gäste erwartet für 30 Franken pro Person ein reichhaltiges Buffet à discretion. Der Erlös kommt vier wohltätigen Organisationen zugute, darunter einem Lebenshof für Tiere und einer veganen Suppenküche für ukrainische Soldaten.» Das Ziel des Caterers: 4000 Franken Spendengeld sammeln.

Er hofft, dass er auch in den kommenden zehn Jahren seine Botschaft von veganer Ernährung und gutem Essen mit «Ché Vegara» weitergeben kann. Auch wenn die Idee längst nicht mehr revolutionär ist, hält Scholz am Namen fest und sagt: «Mit meinen Kreationen und der Art der Präsentation versuche ich immer noch etwas rebellisch zu sein.»

Spendenanlass: Am 29. September, von 18.30 bis 23.30 Uhr, lädt «Ché Vegara» in seine Gastroküche an der Limmatstrasse 2 in Spreitenbach ein. Eine Anmeldung für das Buffet à discretion ist erforderlich unter che-vegara@bluewin.ch.

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