«Wir forschen weiter»
150 Jahre alt ist die christkatholische Kirche in der Schweiz. Mitglieder der Kirchgemeinde Baden- Brugg-Wettingen diskutierten im Kloster über Zukunftschancen und Herausforderungen.
«Wo siehst du die christkatholische Kirche in 25 Jahren?», war eine der Fragen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Samstag gestellt wurde. Die Antworten reichten von «Fusion mit der römisch-katholischen Kirche» zu «dass es immer noch eine Minderheit ist, für die es sich lohnt, sich zu engagieren», bis hin zu «spielt eigentlich keine Rolle. Wichtig ist, ob wir Menschen den Glauben weitergeben.»
Zuvor hatte Jörg Stolz, Professor für Religionssoziologie an der Universität Lausanne, einige Studien präsentiert. Anderthalb Jahre hat er geforscht, um herauszufinden, was der Grund der Kohorten-Säkularisierung ist, also warum die Religiosität der Gesellschaft über Generationen hinweg stetig abnimmt. «Es sieht aus wie eine Cremeschnitte», beschreibt er die Veränderung: Die Religiosität, die beispielsweise anhand der Kirchenbesuche gemessen wird, bleibt bei jeder Generation unverändert. Heisst: Die Altersgruppen werden per se im Laufe ihres Lebens nicht mehr oder weniger religiös, aber sie nehmen bei jeder Generation ab. Stolz und sein Team wollten herausfinden, woran das liegt. Sie untersuchten, ob es Unterschiede gibt, wenn Eltern wohlhabend, konservativ, geschieden, gebildet sind. Oder ob die Beziehung zu den Eltern, der Wohnort oder die Freizeitorientierung einen Einfluss haben. «Nichts von alldem, ausschlaggebend ist der allgemeine Landeseffekt», sagt Stolz und fügt an: «Man könnte auch sagen, dass wir nicht herausgefunden haben, woran es liegt, wir forschen weiter.» Sein Fazit: Der Schrumpfprozess schreitet in der christkatholischen Kirche ähnlich voran wie in anderen christlichen Kirchen – ist aber tendenziell schwieriger als bei konservativen Kirchen.
Kirche, die lebt
Ohne Antworten verliessen die Teilnehmenden die Tagung trotzdem nicht. Andreas Krebs, Professor für Alt-Katholische und Ökumenische Theologie an der Universität Bonn, gab einige Ideen, wie man als Kirche lebt «und nicht einfach überlebt». «Eine Kirche, die an der Welt teilhat», lautet sein Rezept. Also Menschen, die sich für andere Menschen interessieren, Seelsorge machen und wertschätzen, was ist. «Eine kleine Kirche hat den Vorteil, dass sie familiär ist.»
Das sahen auch einige Anwesende so, die betonten, dass es ihnen wichtig sei, selbst bestimmen zu können und auf die Bedürfnisse der Gesellschaft zu reagieren.
Offenheit war auch in der Messe am Sonntag ein Thema, die von Frank Bangerter geleitet wurde. «Wir sind eine offene katholische Kirche, die Traditionen ins Heute übersetzt», sagte der im März 2024 neugewählte Bischof und bewies dies gleich vor Ort: Weil die Klosterkirche saniert wird, hielt er in der Westschöpfe eine Tischmesse ab. «Es hat mich manchmal gejuckt, aufzustehen», gestand er im Anschluss lachend.