Wettingen vor grossen Ausgaben – Budget 2026 knapp im Lot

Ein ausserordentlicher Immobiliengewinn ermöglicht Wettingen ein ausgeglichenes Budget. Langfristig aber rechnet die Gemeinde mit steigender Verschuldung und höheren Steuern.
Wettingen steht vor grossen Investitionen, doch das Stimmvolk will keine Steuererhöhungen – dies machte es an gleich drei Abstimmungen in den vergangenen fünf Jahren deutlich klar – so rechnet die Gemeinde beim Budget 2026 mit einem Steuerfuss von 95 Prozent. Dennoch ist es dem Gemeinderat gelungen, ein ausgeglichenes Budget vorzulegen – keine einfache Aufgabe angesichts der angespannten Ausgangslage: Die Rechnung 2024 schloss im Minus, und auch für dieses Jahr wird ein Defizit erwartet. «Wir gehen aktuell von einem Verlust von rund 1,5 Millionen Franken aus, das entspricht etwa drei Steuerprozenten», erklärte der abtretende Finanzvorsteher Markus Maibach (SP) an der Medienkonferenz. Hauptursachen seien schwächere Steuereinnahmen sowie steigende Kosten in der Pflegefinanzierung.
Gewinn aus Liegenschaften
Die Zielsetzung für das Budget 2026 ist klar: Das Haushaltgleichgewicht muss eingehalten werden, ansonsten droht eine Steuerfussanpassung durch den Kanton. «Wir haben strenge und stringente Budgetvorgaben für die einzelnen Abteilungen gemacht», sagte Maibach. So konzentriere man sich beispielsweise beim Personalaufwand nur auf das Dringendste: Es gibt keine Lohnerhöhungen, dafür eine leistungsbezogene Prämie von 0,5 Prozent – ein Signal angesichts des Fachkräftemangels.
Wesentlich zum positiven Ergebnis trägt jedoch ein ausserordentlicher Gewinn bei: Die Gemeinde erwarb 2024 zwölf Reihenhäuser an der Kraftwerkstrasse vom Elektrizitätswerk der Stadt Zürich. Während der Kauf die Rechnung 2024 belastete, bringt er im kommenden Jahr einen Aufwertungsgewinn von 1,45 Millionen Franken. «Dieser einmalige Effekt verschafft uns eine Atempause bei Steuerfussanpassungen – ein glücklicher Umstand», so Maibach. Zudem sei es denkbar, dass bei der genauen Prüfung der Positionen noch weitere kleinere Aufwertungsgewinne dazukommen. Ebenfalls nicht budgetiert ist der geplante Aktientransfer mit der RVBW, «ein solcher Verkauf könnte uns einen Kapitalgewinn hereinspülen», so Maibach. «Summa summarum haben wir also realistisch budgetiert.»
Ambitionierte Projekte stehen an
Trotzdem stehen Wettingen gewichtige Projekte bevor: Hochwasserschutz, die Schullandschaft Margeläcker, die Sanierung des Rathauses sowie die Sportstätten Kreuzzelg und Altenburg. Ohne Anpassung am Steuerfuss sei all dies kaum zu bewältigen, betonte Maibach: «Es ist naiv zu glauben, dass wir so weiterfahren können.» Deshalb sieht der Aufgaben- und Finanzplan 2025–2034 für 2027 eine Erhöhung des Steuerfusses auf 100 Prozent vor, eine weitere im Jahr 2029 auf 103 Prozent. Ob dies umgesetzt wird, entscheidet der neu zusammengesetzte Gemeinderat gemeinsam mit dem Einwohnerrat.
Beat Rölli, der neue Leiter Finanzen, ging etwas mehr ins Detail: Bis 2029 rechnet die Gemeinde mit Nettoinvestitionen von rund 121 Millionen Franken, die Verschuldung steigt damit auf 175,6 Millionen – rund 7374 Franken pro Einwohner. Bis 2034 könnte sie gar 325 Millionen erreichen. Die Schuldenbremse erlaubt jedoch nur 6000 Franken pro Kopf. «Würden wir diese Grenze strikt einhalten, müssten gewisse Investitionen gestrichen werden», sagte Rölli. Entscheidend sei jedoch nicht allein die Höhe der Schulden, sondern deren Tragbarkeit. Solange der Kapitaldienstanteil unter 15 Prozent bleibe – was laut Planung bis 2034 der Fall ist –, seien die Kredite verkraftbar.
Hoffnungsträgerin BNO
Letztlich trifft Maibach ein nüchternes Fazit: «Wir müssen das strukturelle Defizit ausgleichen – wir haben es proaktiv versucht, das haben wir nicht geschafft, jetzt müssen wir es reaktiv angehen.» Doch es besteht Hoffnung, dass die Steuereinnahmen in den kommenden Jahren wieder steigen werden: «Die Attraktivität der Gemeinde führt dazu, dass gute Steuerzahlende kommen», und verweist auf die anstehenden Bauprojekte am Bahnhof und an der Schartenstrasse. Und trotzdem: «Doch die Menschen, die zuziehen, erwarten auch eine leistungsfähige Infrastruktur.»
Und der abtretende Ammann Roland Kuster (Mitte) verwies dabei auf die überarbeitete Bau- und Nutzungsordnung (BNO), die aller Voraussicht nach im Dezember dem Einwohnerrat vorgelegt werden kann. Sie könne Wettingen eine moderne Entwicklung ermöglichen, Quartiere aufwerten und Investoren und Grundeigentümern Sicherheit bieten. «Wir hoffen, dass wir damit endlich umsetzen können, was wir seit Jahren vorbereitet haben.»