Grünes Licht für die Asylunterkunft auf der Zirkuswiese

Der Standort der geplanten Asylunterkunft sorgte an der achten Einwohnerratssitzung in Wettingen für Diskussionen.Philippe Neidhart
Der Standort der geplanten Asylunterkunft sorgte an der achten Einwohnerratssitzung in Wettingen für Diskussionen.Philippe Neidhart

Atomstrom, Asylunterkunft und öffentliche Toiletten – 14 Traktanden standen an der achten Einwohnerratssitzung des Jahres auf dem Programm.

Bereits im Vorfeld war klar, dass das Kreditbegehren von 3520000 Franken zum Neubau eines Provisoriums für Asylsuchende für Diskussionen sorgen würde. Aargauer Gemeinden sind verpflichtet, Geflüchtete aufzunehmen – in Wettingen sind dies 224 Personen. Für jeden fehlenden Platz stellt der Kanton eine Ersatzabgabe über 90 Franken pro Person und Tag in Rechnung. Ende März 2026 wird die kantonale Asylunterkunft im ehemaligen Alterszentrum St. Bernhard abgebrochen – damit verliert die Gemeinde einen Grossteil seiner anrechenbaren Plätze. Der Antrag des Gemeinderates sieht nun vor, einen temporären Bau für rund 100 bis 120 Personen auf der Zirkuswiese zu erstellen, um die Aufnahmepflicht schnellstmöglich zu erfüllen. Zwei Drittel der Wiese sollen weiterhin für eine anderweitige Nutzung zur Verfügung stehen. Die Familienunterkunft würde durch den Kanton für fünf Jahre gemietet und betrieben, was der Gemeinde Einnahmen von rund 1656000 Franken einbrächte. Zu gegebener Zeit sei geplant, die Anlage auf die Untere Geisswies zu verlegen, dafür bedarf es jedoch der Revision der Allgemeinen Nutzungsplanung (ANUP).

Asylheim ja, doch wohin?

Zwar sprachen sich alle Fraktionen im Grundsatz für den Kredit aus, allerdings herrschte im Rat Uneinigkeit darüber, wo die Containeranlage aufgebaut werden soll. «Die ANUP ist auf der Zielgeraden und könnte im zweiten oder dritten Quartal 2026 vom Regierungsrat bewilligt werden», so Jürg Baumann von der SVP. Deshalb forderten sie in einem Antrag, bei einer Annahme des Kredits gleichzeitig mit der Projektierung auf der Unteren Geisswies zu starten. Diese Zweigleisigkeit sei zwar nicht gratis, aber kostengünstiger als eine Verschiebung, an welcher sich der Kanton kaum beteiligen würde: «Es zeigt einmal mehr, dass Projekte nicht lösungsorientiert ausgearbeitet werden und Kosten nur eine untergeordnete Rolle spielen.» Auch die GLP übte Kritik am Gemeinderat: «Unsere Fraktion ist nicht glücklich über das de facto alternativlose Last-Minute-Kreditbegehren», so Marco Keller. Mit der Unteren Geisswies hätte man einen breit akzeptierten Standort. «Zwar ist die ANUP noch nicht rechtskräftig, doch hier hätte es sicher Verhandlungsspielraum mit dem Kanton gegeben.» Zumindest eine Prüfung, ob direkt auf der Geisswies gebaut werden könne, forderte auch Marie-Christine Andres Schürch (Mitte): «Wir wünschen uns, dass der Gemeinderat für dieses Szenario die nötigen Vorbereitungen rechtzeitig trifft.»

Riskante Spekulationen

Lukas Rechsteiner (EVP) sprach sich für das Provisorium auf der Zirkuswiese aus und darüber zu spekulieren, ob die ANUP rechtzeitig angenommen werde, hielt er für riskant: «Machen wir jetzt etwas Gutes und setzen nicht auf einen Kompromiss, der vielleicht misslingt.» Genau so argumentierte auch Leo Scherrer (WettiGrüen): «Natürlich kann man optimistisch sein und glauben, die ANUP sei bis im Sommer rechtskräftig, es kann aber auch zu Komplikationen kommen.» Falls sich dennoch eine Gelegenheit ergeben sollte, werde der Gemeinderat vernünftig genug sein, das Projekt auf der Unteren Geisswies zu realisieren. Dem stimmte der zuständige Gemeinderat Martin Egloff (FDP) zu: «Wenn der Regierungsrat rechtzeitig entscheidet, dann reagieren wir selbstverständlich.» Das Plenum folgte schliesslich dem Gemeinderat und stimmte dem Kredit zu, der Antrag der SVP zur parallelen Planung wurde abgelehnt.

Öffentliche WCs und Stromwahl

Ein Postulat von der frisch gewählten Einwohnerrats-Vizepräsidentin Ursi Depentor und Sophie Bürgler (beide Mitte) betreffend Errichtung von öffentlichen WC-Anlagen bei der Grillstelle Mooshaldenstrasse und beim Fährli Lee sorgte ebenfalls für Diskussionsstoff. Für Martin Bürlimann von der SVP zeige ein solches Postulat exemplarisch die Gründe für eine steigende Verschuldung: «Der Nutzen steigt nur für eine kleine Gruppe, die Kosten werden auf die Steuerzahler verteilt.» Zudem seien die bestehenden öffentlichen WCs in einem desolaten Zustand. Dies müsse zuerst verbessert werden, bevor man neue Anlagen baue. Anders sah dies Margrit Wahrstätter (EVP): «Wettingen ist ein familienfreundlicher Ort und bezeichnet sich als Sportstadt – da sollte ein solches Projekt möglich sein.» Gemeinderätin Kirsten Ernst (SP) wies am Ende der Debatte darauf hin, dass zuerst beim Kanton in Erfahrung gebracht werden müsse, ob ein solcher Bau überhaupt möglich sei – danach komme ein allfälliger Kredit nochmals vor den Einwohnerrat. Letztlich wurde das Postulat mit 27 Ja- zu 15 Nein-Stimmen entgegengenommen.

Ebenfalls zur Debatte stand das Postulat von Peter Lütolf betreffend Einführung eines kernbasierten Stromwahlprodukts in der Grundversorgung der Energie Wettingen AG. Der SVP-Politiker begründete dies mit der Wahlfreiheit: «Das ist das Grundprinzip einer mündigen Bevölkerung. Es geht um Anstand und Respekt und die Möglichkeit, andere Meinungen auszuhalten.» Dem stimmte auch Damien Campino im Namen der FDP-Fraktion zu. «Es ist eine Prinzipienfrage – jeder Haushalt sollte die freie Wahl haben.» Nichts abgewinnen konnte dem Postulat hingegen Hannes Streif (GLP) und unterstrich dies mit markigen Worten: «Wahlfreiheit in Ehren, aber diese Idee kommt direkt aus der Schwefelgruft.» Atomenergie bringe erhebliche Sicherheitsrisiken und sei weder ökologisch noch zukunftsfähig. Die Mehrheit folgte dem Gemeinderat und lehnte das Postulat ab.

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