Trotz Parteien: «Wir haben immer unabhängig entschieden»

Nach zehn Jahren gibt Thomas Sigrist das Präsidium der Wettinger Schulpflege ab. Mit ihrer Abschaffung hat dies nichts zu tun.

Ende September tritt Thomas Sigrist als Schulpfleger von Wettingen zurück. Er möchte wieder mehr Zeit für sich haben, begründet er den Entscheid.Rahel Bühler
Ende September tritt Thomas Sigrist als Schulpfleger von Wettingen zurück. Er möchte wieder mehr Zeit für sich haben, begründet er den Entscheid.Rahel Bühler

Thomas Sigrist hatte den 27. September rot in der Agenda eingetragen: Es ist der Tag, an dem das Aargauer Stimmvolk entschied, die Schulpflege im Kanton abzuschaffen. Der Souverän nahm die Änderung des Schulgesetzes mit 56,5 Prozent an, die Änderung der Verfassung gar mit 57,4 Prozent. Damit ist klar: Der 53-Jährige gibt sein Amt Ende September ab. Die Schulpflegen gibt es zwar noch bis Ende 2021, Sigrist geht vorher.

Mit der Abstimmung über das Gremium habe sein Entscheid nichts zu tun, sagt er beim Interview im Wettinger Rathaus. «Ich möchte wieder mehr Zeit für mich haben», begründet er. Zudem werde er in seinem Job mehr Aufgaben übernehmen.

Sigrist ist seit 2002 in der Wettinger Schulpflege. Seine schulpflichtigen Kinder waren damals der Anreiz, dort einzusteigen. «So konnte ich das System Schule von nahem kennenlernen», sagt er. Einen pä-dagogischen Hintergrund habe er keinen.

2010 wurde er als dienstjüngster Schulpfleger Präsident

2002 kümmerten sich die neun Schulpfleger um die Belange des ihnen zugeteilten Schulkreises. «Ich besuchte Klassen, führte Gespräche mit Lehrpersonen, kam mit baulichen, finanziellen und pädagogischen Dingen in Kontakt», so der Wettinger. Ab 2006 gab es noch sieben Schulpfleger. Jeder hatte sein Ressort. Bis 2010 kümmerte sich Sigrist um die Infrastruktur. Als damals dienstjüngstes Mitglied übernahm er das Präsidium. «Schulpflegepräsident der grössten Schule im Aargau zu werden, hat mich gereizt», sagt er. Er habe das Amt nur angetreten, weil er es mit seinem Job bei der Post vereinbaren konnte. Er habe sein Pensum dort reduziert.

Bis 2014 habe der Aufwand etwa 20 Prozent pro Woche umfasst. Mit der Schulsystemänderung, der Aargau wechselte von fünf Primarklassen auf sechs, habe er zugenommen. Zudem «stampfte man damals das Schulhaus Zehntenhof für die Mittelstufe aus dem Boden». Auch der Schülerzuwachs habe zum Mehraufwand beigetragen. Jetzt sei das Amt eine 15- bis 25-Prozent-Stelle, sagt der Vater zweier erwachsener Kinder. Den Eltern masst der scheidende Schulpflegepräsident heute eine interessierte Rolle an.

Sein Aufgabenspektrum habe sich geändert, seit 2014 der erste Geschäftsleiter der Schule seine Stelle angetreten hat. «Neu bestimmte die Schulpflege die Strategie der Schule nicht mehr allein, sondern mit ihm. Er ist näher an der Schule dran.» Sigrist ist nach wie vor unter anderem für das Planen der Strategie für die gesamte Schule zuständig und ist Ansprechperson für Eltern, Schulleitung und Politik. Für die Schule arbeite er in der Freizeit und immer dann, wenn es der Job gerade zulässt. Seit 2017 umfasst die Schulpflege noch fünf Mitglieder. Damit sei das Arbeitspensum erneut gestiegen.

Aufgaben, die er nicht gerne gemacht hat, habe es keine gegeben. «In der Gruppe etwas bewirken, in Gesprächen verschiedene Ansichten diskutieren. Das hat mir Spass gemacht.»

In Wettingen gibt es nun eine Übergangslösung bis Ende 2021

Die Wettinger Schulpflege tritt derzeit alle drei Wochen zusammen. Sie umfasst fünf Mitglieder: Désirée Mollet und Judith Gähler gehören der FDP an. Marcel Aebi und Nicole Meier sind Teil der CVP. Sigrist ist parteilos. «Trotz den Parteizugehörigkeiten: Wir haben immer parteipolitisch unabhängige Entscheidungen getroffen», sagt er. Das Kindswohl stünde an oberster Stelle.

Sigrist war für die Beibehaltung der Schulpflegen: «Die Schulpflege schafft den Rahmen, dass die Schule gut funktioniert», sagt er. Und: «Für die Eltern ist die Zusammenarbeit mit der Schule einfacher, wenn eine Schulpflege existiert.» Er weiss aber auch: «Die Schule geht weiter.» Mit der Abschaffung der Schulpflege gibt es in Wettingen nun eine Übergangslösung: Da Marcel Aebi ebenfalls zurücktritt, führen die verbleibenden drei Schulpflegerinnen das Gremium bis zu seiner Auflösung.

Und Sigrist? Der hat jetzt wieder mehr Zeit zum Skifahren, Biken und für die Familie.

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