Sprache ist das Wichtigste
Seit Ende Januar gibt es in Wettingen den Verein Treffpunkt. Innert weniger Tage waren seine Deutschkurse für Asylsuchende ausgebucht.
Immer wieder hatte Anouk Holthuizen, Redaktorin bei der Zeitung Reformiert, in ihren bisherigen Tätigkeiten mit Asylsuchenden zu tun. «Die Perspektivlosigkeit vieler Asylsuchender hat mich betroffen gemacht», sagt sie. In ihrem Wohnort fragte sie nach, was sie am meisten brauchen. Die Antwort: Deutschkurse und Kontakte!
Anfang Jahr ergreift sie die Initiative, macht eine Mail an Freunde, und schon zum ersten Treffen kommen 40 interessierte Helfer. Unter ihnen ein gutes Dutzend professionelle Lehrer und Laien, die Deutsch unterrichten wollen. Sie machen einen Workshop, man gründet den Verein, die katholische Kirche stellt im Forum St. Anton grosszügig Räume zur Verfügung und nach den Sportferien geht es los: An zwei Vormittagen werden für Asylsuchende und Flüchtlinge aus Wettingen und der näheren Umgebung niederschwellige Deutschkurse angeboten. «Wir sind alle voller Euphorie und Ideen», schildert Holthuizen die Stimmung unter den Freiwilligen.
Nach einer Woche waren die Kurse bereits ausgebucht. Sie sind für die Teilnehmer – bis auf das Lehrbuch für 10 Franken – gratis. Zur- zeit sind 36 Personen eingeschrieben, hauptsächlich junge Männer aus Eritrea, Syrien und Afghanistan. Vom Analphabeten bis zum Physiker. Manche müssen zuerst die lateinische Schrift lernen. Inzwischen hat der Verein bei der Bibliothek eine Mitgliedschaft errichtet, über die jeder Kursteilnehmer Medien ausleihen kann, ohne sich selbst eine Karte erwerben zu müssen. «Viele», so Holthuizen, «interessieren sich für Sprachbücher; einer hat ein Fitnessbuch ausgeliehen.»
Die freiwilligen Helferinnen und Helfer jeden Alters leisten einen Beitrag, Flüchtlingen und Asylsuchenden die Bewältigung des Alltags zu erleichtern. «Wir haben ausgerechnet», so Holthuizen, «dass wir momentan pro Monat rund 500 Stunden Freiwilligenarbeit leisten.»
Und es werden mehr: Der Verein hat sich nämlich auch zum Ziel gesetzt, Begegnungsmöglichkeiten anzubieten. Und die erlernten Deutschkenntnisse sollen angewendet werden. Ab 11. April ist jeden Montag von 17 bis 21 Uhr das Kafi Fluck – von der Jugendarbeit Wettingen für eine symbolische Benützungsgebühr von 50 Franken pro Monat zur Verfügung gestellt – offen. Die Villa mit grossem Garten bei der Kanti Baden soll ein Ort der Begegnung sein. Asylsuchende können hier ihr Deutsch praktizieren und Kontakte zu Einheimischen knüpfen: Plaudern, spielen, essen, musizieren, grillieren, aber auch informieren, zuhören, beraten. «Wir wünschen uns, dass sich Menschen jeden Alters und jeder Nation begegnen und vor allem auch Einheimische vorbeischauen», so Holthuizen.
Die Ideen gehen dem Verein nicht aus. Bereits «im Angebot» steht Fussball für alle, jeden Freitag von 12.45 bis 15 Uhr auf dem Sportplatz Scharten. Man denkt aber auch an Velokurse (Verkehrsregeln und Flicken) oder an Schwimmkurse, da viele Asylsuchende nicht schwimmen können. Alles wird mit Spenden finanziert.