«Politik betrifft uns alle»

Aus einer einfachen Idee wurde ein echtes Gemeinschaftsprojekt: Acht Jugendliche haben sich zusammengetan, um der jungen Generation in Wettingen mit dem Jugendparlament (JuPa) eine politische Stimme zu verleihen. Initiantin Megan Schröder im Interview.
Megan Schröder, gab es einen bestimmten Moment in deinem Leben, der dein Interesse an Politik geweckt hat? Bei mir hat das schon sehr früh angefangen. Während der Flüchtlingskrise 2015 kamen Kinder in unsere Klasse, die kein Deutsch sprechen konnten. Das hat viele Fragen aufgeworfen: Wo kommen sie her, was haben sie erlebt? Auch Themen wie Klimaerwärmung und soziale Ungerechtigkeit haben mein Interesse für Politik geweckt.
Du warst auch Teilnehmerin der nationalen Jugendsession in Bern … Ja, ich besuche das Freifach Politik an der Kantonsschule Wettingen, und dort wurde uns die Teilnahme empfohlen. Es ist für alle Jugendlichen in der Schweiz offen und kostenlos – ich kann es wirklich empfehlen. Man trifft auf viele engagierte junge Menschen und diskutiert wichtige nationale Themen. Dort habe ich auch Leute kennengelernt, die in Jugendparlamenten aktiv sind, das war sehr inspirierend. Da dachte ich mir: So was braucht es auch in Wettingen.
Wie bist du dann vorgegangen? Ganz einfach – ich habe der Gemeinde eine E-Mail geschrieben und gefragt, ob es so etwas hier schon gibt. Ich stiess sofort auf offene Ohren, und bald kam es zu einem ersten Treffen. Dann habe ich mit Freunden darüber gesprochen, und einige wollten gleich mitmachen. Und es gab auch Leute, die einfach auf mich zugekommen sind und Interesse an der Idee bekundeten.
Wie haben Familie und Freundeskreis auf dein Engagement reagiert? Meine Familie freut sich sehr. Ich habe schon oft gesagt, dass ich Lust hätte, etwas in diese Richtung zu machen – sie hat es also nicht überrascht. Und dass sich Freunde gemeldet haben, um mitzumachen, macht mich besonders glücklich.
Wie viele seid ihr im Kernteam? Momentan sind wir acht Leute – eine gute Grösse, um den Überblick zu behalten.
Wie lange habt ihr euch auf die Gründung vorbereitet? Unsere erste Sitzung war an einem Sonntag im Mai. Wir wussten damals noch gar nicht genau, was wir tun sollten. Also haben wir angefangen, Statuten zu schreiben und Ideen zu sammeln. Seither treffen wir uns mindestens einmal im Monat, um das weitere Vorgehen zu planen. Für uns alle ist das Neuland.
Unterstützt euch die Gemeinde dabei? Ja, sehr. Die Fachstelle Gesellschaft der Gemeinde Wettingen hilft uns vor allem bei organisatorischen Fragen, etwa bei der Planung von Terminen oder bei administrativen Abläufen.
Was war bisher die grösste Herausforderung? Definitiv die Zusammenarbeit. Das klingt jetzt vielleicht doof, ist es aber nicht. Wir gehen alle noch in die Schule, haben Hobbys – da gemeinsame Zeit zu finden, ist nicht immer leicht. Wir investieren viele Wochenenden. Aber das zeigt auch, dass wir es wirklich wollen. Lokalpolitikerinnen und Lokalpolitiker, die noch einen Job nebenbei haben, können wahrscheinlich ein Lied davon singen. Doch man macht es ja für die Gemeinschaft.
Wie geht ihr mit unterschiedlichen politischen Meinungen um? Momentan spielt das noch keine grosse Rolle, weil wir uns auf den Aufbau konzentrieren. Ausserdem ist das Jugendparlament an sich politisch neutral. Aber natürlich wird es in Zukunft unterschiedliche Meinungen geben – genau dafür ist das JuPa da: um Diskussionen zu ermöglichen.
Welche Themen sind dir dabei besonders wichtig? Ich denke, wir können bei Themen mitreden, die Jugendliche direkt betreffen – etwa beider Gestaltung von Anlässen. Zum Beispiel bei der Mündigkeitsfeier: Was macht Jugendlichen wirklich Spass? Da spürte ich seitens der Gemeinde viel Bereitschaft, sich inspirieren zu lassen.
Eure Mission ist es, die politische Bildung und Partizipation junger Menschen zu fördern. Erlebst du Politikverdrossenheit unter Jugendlichen? Kommt darauf an, wo man hinschaut. Viele Jugendliche machen sich Sorgen über globale Themen wie den Klimawandel. Aber Lokalpolitik geht oft unter – man liest auch wenig darüber. Genau da wollen wir ansetzen. Zum Beispiel anhand von kleinen Events wie Podiumsdiskussionen mit Lokalpolitikerinnen und -politikern über Themen, die Jugendliche betreffen.
Und trotzdem gibt es Leute, die sagen, «Politik ist nichts für mich» … Da würde ich widersprechen. Politik betrifft uns alle. Und wie sich Wettingen entwickelt, ist gerade auch für zukünftige Generationen wichtig. Da wir Jugendlichen noch nicht abstimmen dürfen, können wir uns über das Jugendparlament trotzdem einbringen.
Richten wir unseren Blick noch in die Zukunft. Wo siehst du das Jugendparlament Wettingen in einem Jahr? Ich hoffe, dass wir bis dann unsere erste Jugendsession durchgeführt haben – einen Anlass, bei dem Jugendliche ihre Anliegen einbringen und diskutieren können. Und vielleicht haben wir auch schon erste Projekte umgesetzt – ich fände es eine coole Idee, beim Clean-up-Day einen Event zu organisieren.
Was wünschst du dir von der Gemeinde und der Bevölkerung? Offenheit und Freude an unserem Projekt – und dass sich viele motivierte junge Menschen melden, die Lust haben, mitzumachen und ihre Stimme einzubringen.
Infobox Jugendparlament
Ein Jugendparlament (JuPa) ist ein Verein von und für Jugendliche zwischen 13 und 25 Jahren. Es bietet jungen Menschen die Möglichkeit, eigene Ideen einzubringen, Projekte zu realisieren und die Politik in ihrer Gemeinde aktiv mitzugestalten. Ziel ist es, die Stimme der Jugend zu stärken, politische Bildung zu fördern und den Austausch zwischen Jugendlichen und Behörden zu vertiefen.
In der Schweiz existieren derzeit rund 80 Jugendparlamente mit über 1500 Mitgliedern. Das Jugendparlament Wettingen wird finanziell von der Gemeinde unterstützt und möchte sich als engagierte Plattform für junge Menschen etablieren. Gründungsfeier: 6. November, 19 Uhr, Rathaussaal Wettingen. (phn)


