Pflegeeltern erzählen

Vor vier Jahren öffnete mir die erste Pflegefamilie ihre Türe, erzählte, was sie als Eltern auf Zeit erlebt. Zwölf weitere folgten. Aus den Porträts ist ein Buch entstanden. Am 18. Januar findet eine Lesung statt.

Pflegefamilien geben Einblick in ihren Alltag – Lesung in der Bibliothek. zVg
Pflegefamilien geben Einblick in ihren Alltag – Lesung in der Bibliothek. zVg

Wie sind sie wohl, die Familien, die einem fremden Kind ein Zuhause auf Zeit bieten? Was sind ihre Beweggründe? Und wie geht es den Kindern, die nicht bei den leiblichen Eltern aufwachsen, in zwei Welten leben? Das waren Fragen, die ich mir stellte, als ich vor vier Jahren im Zug sass und zur ersten Pflegefamilie fuhr. 
Es war Familie Meier*, die zweimal ein Neugeborenes aufgenommen hatte, das zuvor in ein Babyfenster gelegt worden war. Es war ein Montag, als Familynetwork bei Meiers anrief, anfragte, ob sie das Neugeborene aus der Babyklappe für eine befristete Zeit aufnehmen würden. Drei Tage später holte die Pflegemutter das Kind im Spital ab. «Es war ein emotionaler Moment», sagt sie und fügt an: «Als wir das Mädchen in den Armen hielten und uns vorstellten, dass es ausser uns und dem Beistand auf dieser Welt gar niemanden hatte, gab uns das zu denken.» Lisas leibliche Eltern meldeten sich nicht, sodass die Behörden einen Adoptivplatz für sie suchten. Auch wenn Familie Meier von Anfang an wusste, dass Lisa nur ein paar Monate bei ihnen verbringen würde, flossen beim Abschied Tränen. «Natürlich tat es weh, Lisa wieder ziehen zu lassen. Denn wir haben unser Herz an sie gehängt», sagt Mirjam Meier nachdenklich und fügt an: «Sie wird immer ein Platz in unseren Herzen haben.»

Zwischen der Freude und dem Abschiedsschmerz


Ich war überrascht von der Normalität, die in dieser und auch den anderen zwölf Familien herrschte, die ich besuchen durfte. Überrascht auch von den unterschiedlichen Lebensgeschichten der Kinder und der Pflegefamilien. Ich spürte den inneren Kampf jener Pflegeeltern, die loslassen mussten: hin- und hergerissen zwischen der Freude darüber, dass ihre Pflegetochter wieder zum leiblichen Vater, zur leiblichen Muter zurückdarf, und dem Trennungsschmerz. Während ich ihnen zuhörte und ihre Geschichten aufschrieb, bekam ich grosse Hochachtung vor diesen Frauen und Männern. Tagtäglich öffnen sie Tür und Herz, teilen Daheim und Zeit. 
Es war mir eine Ehre, ihre Geschichten aufzuschreiben, und ich freue mich über das entstandene Buch «Unser Herz ist ein dehnbarer Muskel». An der Lesung am 18. Januar in der Gemeindebibliothek Wettingen werde ich eine der im Buch porträtierten Pflegemütter interviewen und aus dem Buch lesen. Zudem beantwortet eine Fachperson von Familynetwork Fragen aus dem Publikum. Die Stiftung, die hinter dem Buch steht, hofft, so Interesse fürs Thema zu wecken. Nach wie vor gibt es zu wenig Familien, die Kindern einen Platz anbieten wollen.

Gemeindebibliothek Wettingen, Lesung aus dem Buch «Unser Herz ist ein dehnbarer Muskel», Mittwoch, 18. Januar, 19 Uhr, Eintritt frei, mit Apéro.

Weitere Artikel zu «Wettingen», die sie interessieren könnten

Verurteilt: Zwei ehemalige Polizisten der Repol Wettingen-Limmattal. zVg
Wettingen10.09.2025

Polizisten blitzen vor Bundesgericht ab

Zwei ehemalige Angehörige der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal legten Beschwerde gegen ihre Verurteilung wegen Amtsgeheimnisverletzung ein. Das höchste…

Luca Belci, Co-Präsident von Jungwacht Blauring Schweiz (Jubla).zVg
Wettingen10.09.2025

Lebensfreu(n)de ist mehr als ein Motto

Seit seiner Kindheit prägt die Jubla das Leben von Luca Belci. Heute steht der 31-jährige Wettinger als Co-Präsident an der Spitze des Verbands.

Ein heisser…

Los gehts: Am Samstag sind die Fahrer in den Kisten unterwegs. zVg
Wettingen10.09.2025

In schnellen Kisten den Berg runter

Die Jungwacht Blauring St. Sebastian Wettingen veranstaltet am Samstag, 13. September, ein Seifenkistenrennen. Was es alles an Organisation für den Anlass…