«Mir geht es darum, hinzuschauen»

Sonja Zanini will Eltern zum Nachdenken anregen, wie sie mit ihren Kindern kommunizieren. Sie referiert anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums der Elternrunde Baden-Wettingen.

Sonja Zanini ist diplomierte Erwachsenenbildnerin HF und Supervisorin/Coach BSO.Foto: zVg
Sonja Zanini ist diplomierte Erwachsenenbildnerin HF und Supervisorin/Coach BSO.Foto: zVg

Was ist Ihre Botschaft am Referat? Mir ist es wichtig, die Zuhörer zu ermutigen, ihren eigenen Weg zu finden. Es gibt viele Erziehungsratgeber und -kurse, die sich teilweise sogar widersprechen und es nicht einfach machen, den eigenen Weg zu finden.

Sie haben selber jahrelang Erziehungskurse gegeben. Gaben Sie nicht auch allgemeingültige Tipps? Wichtiger ist mir, dass die Teilnehmer über sich selber nachdenken und so herausfinden, was sie mit ihrer Erziehung erreichen wollen.

Warum legen Sie besonderen Wert auf die Kommunikation mit den Kindern? Sonja Zanini: Weil mir auffällt, dass den Kindern gar nicht zugehört wird und ihre Bedürfnisse deswegen nicht ernst genommen werden können.

Können Sie ein konkretes Beispiel nennen? Als meine Kinder noch klein waren, haben sie von einem Buben Spielsachen ausgeliehen. Er wollte es an einem bestimmten Nachmittag zurückhaben und teilte uns das mit. Als seine Mutter das hörte, sagte sie, es sei nicht so wichtig und wir sollen uns ruhig Zeit lassen mit dem Zurückbringen. Sie überging damit den Wunsch ihres Sohnes und merkte nicht, dass es ihm wichtig war, es an diesem Nachmittag zurückzu- haben. Sie fragte auch nicht nach, warum ihr Sohn es denn sofort zurückhaben wolle. Sie hat damit seine Bedürfnisse, also ihn, nicht ernst genommen. Ein anderes Beispiel ist die Übernahme von Tätigkeiten, die ein Kind selber machen kann, soll und will. Es geht schneller, dem Kind die Schuhe selber anzuziehen oder zu binden. Dabei sagt es vielleicht, dass es das selber könne und tun wolle.

Soll man denn als Eltern immer tun, was die Kinder wollen? Nein, das meine ich damit nicht. Die Eltern sind die Chefs, tragen die Verantwortung und entscheiden damit auch. Mir geht es darum, hinzuschauen. Nicht nur beim Kind, sondern auch bei sich selber. Warum nervt mich das Verhalten des Kindes? Was will ich ändern? Was ist mir in der Erziehung wichtig? Was will ich vermitteln? Wenn ich das herausgefunden habe, setze ich mich mit dem Kind hin und suche nach einer Lösung. Manchmal kann ich dabei dem Kind entgegenkommen, manchmal nicht.

Warum ist das so wichtig? Weil sich dann weder Kinder noch Eltern als Feinde ansehen. Es geht darum, die Kinder mit ins Boot zu holen. Sie wollen ihren Eltern nämlich nicht zuleide werken, sondern lehnen sich dann auf, wenn ihre eigenen Bedürfnisse grösser sind als das Bedürfnis, den Eltern zu gefallen.

Was, wenn die Fronten bereits verhärtet sind? Sprechen Sie mit dem Kind darüber. Stellen Sie ihm Ihre Sichtweise dar, fragen Sie vielleicht sogar, was es in Ihrer Situation tun würde.

Möglich, dass dann der Konflikt für kurze Zeit vom Tisch ist. Aber gewisse Sachen laufen immer wieder schief. Doch dann besteht eine Abmachung dazu, die mit dem Kind getroffen wurde, und die soll dann auch durchgesetzt werden. In diesem Fall diskutiere ich nicht mehr mit den Kindern, sondern setze die Konsequenz der Abmachung durch.

Was beispielsweise bei Jugendlichen zum Machtkampf führen kann...Jugendliche setzen sich nicht mehr auf den Schoss der Mutter oder des Vaters, brauchen aber dennoch Aufmerksamkeit. Ich nenne das Reibungswärme. Sie reiben sich, gehen an die Grenzen, um diese Aufmerksamkeit zu bekommen. Wenn man nicht reagiert, gehen sie immer weiter. Deshalb ist es wichtig, dass Eltern Grenzen setzen und diese eingehalten werden.

Sie haben vorhin gesagt, Eltern sollen sich Gedanken darüber machen, was das Ziel in ihrer Erziehung sei. Wie definieren Sie Ihr Ziel? Meine Kinder zu selbstständigen Persönlichkeiten werden zu lassen, die im Leben bestehen können. Ich bin mir bewusst geworden, dass es ganz viele verschiedene Arten gibt, das Leben zu bestehen. Meine Kinder haben eine andere Ansicht davon als ich. Es gehört auch zum Erziehen, zu akzeptieren, dass die Kinder nicht immer so ticken, wie ich es gerne hätte. Ich akzeptiere ihre Persönlichkeit, sehe aber bei meinen mittlerweile jungen Erwachsenen Kindern, dass sie ganz viele von den Werten, die mir wichtig sind und ich vermitteln wollte, mitgenommen haben. Deshalb ist es mir so wichtig, dass sich junge Eltern Gedanken darüber machen, was sie erreichen wollen, welche Werte sie vermitteln wollen. Das ist für jeden individuell, deshalb ist die Erziehung individuell und deshalb gibt es keine allgemein- gültigen Erziehungstipps.

Welche Werte sind es bei Ihnen? Ihnen Liebe und Zuwendung geben, Interesse zeigen, sich Zeit für sie nehmen, sie als eigenständige Menschen sehen. Ich will ihnen auch vorleben, Achtung und Respekt vor anderen zu haben. Für mich persönlich war es auch wichtig, einen klar strukturierten Tagesablauf mit den Kindern zu haben, klare Grenzen zu setzen und konsequent zu sein.

Jubiläumsreferat zum 50-Jahr-Jubiläum der Elternrunde Baden Wettingen: «Wege durch die Erziehung» mit Kinderbetreuung und Apéro. Eintritt frei. Infos und Anmeldung: www.wleternrunde.ch. Aula Schulhaus Margeläcker, Samstag, 8. Juni, 10–11.30 Uhr.

Infos zur Referentin unter www. sonja-zanini.ch.

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