Gewerbe soll mehr beachtet werden

Bürgerliche Einwohnerräte wollen dem Gewerbe eine höhere Priorität geben und die Gewerbe- und Dienstleistungsflächen vergrössern.

Geisswies Das Bauentwicklungsgebiet liegt im Osten von Wettingen.Foto: Mü
Geisswies Das Bauentwicklungsgebiet liegt im Osten von Wettingen.Foto: Mü

Im August letzten Jahres veröffentlichte der Gemeinderat neue Leitsätze und Leitziele. Im Gegensatz zu den bisherigen Leitzielen aus dem Jahr 2001 fanden das Gewerbe und die Wirtschaft darin keinen Platz mehr. «Eine Sportstadt, Gartenstadt und Generationenstadt wie Wettingen es sein will, braucht eine gesunde Wirtschaft», schreiben die drei Einwohnerräte Daniel Notter (SVP), Christian Pauli (FDP) und Roland Michel (CVP) in ihrem Postulat, das sie im September 2015 einreichten. Darin ersuchen sie den Gemeinderat, «alle nötigen Schritte einzuleiten, um dem Gewerbe und den Arbeitsplätzen in Wettingen eine höhere Priorität zu geben». Insbesondere soll möglichst das einheimische Gewerbe bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen berücksichtigt werden.

In die gleiche Richtung zielt ein zweites Postulat von Notter und Jürg Baumann (SVP): Sie wollen den Gemeinderat beauftragen, Schritte einzuleiten, um den Anteil der Gewerbe- und Dienstleistungsflächen zu erhöhen. Konkret könnten sie sich die Schaffung eines Gewerbeparks Wettingen Ost vorstellen. Sie zeigen auf, dass die Aktiensteuereinnahmen in Wettingen viel tiefer sind als in vergleichbaren Gemeinden: Baden generiert pro Einwohner acht- mal mehr, Spreitenbach knapp fünfmal mehr. Auch der kantonale Durchschnitt liegt rund zwei Drittel über dem Wettinger Wert von 173 Franken pro Einwohner.

Die fehlende Gewerbefläche hätte dazu geführt, so die Peti-tionäre, dass in der Vergangen-heit namhafte Traditionsunternehmen Wettingen verlassen hätten. In der Tat: Schon Paulis Vater war mit seiner Werkstatt vor 20 Jahren weggezogen, weil es für seinen Betrieb zu eng wurde. Die Wettinger Unternehmer Bilgerig, Neuhaus und Peterhans fanden bei der Furttalkreuzung auf Würenloser Boden ihnen besser entsprechende Bedingungen. Dieses Jahr steht der Umzug der Fleischmann Holzbau aus dem Dorf ins Würenloser Bahnhofquartier an.

Der Gemeinderat nimmt an der heutigen Einwohnerratssitzung Stellung zu den Petitionen, will sie überweisen und gleichzeitig abschreiben lassen. Er weist in seiner schriftlichen Stellungnahme darauf hin, dass er konstant an der Umsetzung der geforderten Massnahmen sei. Er sei bestrebt, bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen einheimische Unternehmen zu berücksichtigen. Er weist aber auch auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen hin und auf die Verpflichtung, mit den Steuergeldern haushälterisch umzugehen.

Dass der Gemeinderat dem Wirtschaftsstandort Wettingen eine sehr hohe Priorität zumisst, dokumentiert er mit zahlreichen Massnahmen, die das einheimische Gewerbe unterstützen sollen: Kontaktpflege, überregionale Anlässe, Medien- und Marketingarbeit. Durch ein positives Image, einen attraktiven Arbeits-, Wohn- und Bildungsort profitiere auch das einheimische Gewerbe, ist der Gemeinderat überzeugt.

Bezüglich Schaffung von zusätzlicher Gewerbefläche verweist der Gemeinderat auf die Problematik langer Planungshorizonte. Ausserdem sei sein Handlungsspielraum in bestehenden Wohn- und Gewerbezonen eingeschränkt. Hier werden vor allem Wohnungen gebaut, weil deren Rendite über derjenigen von Gewerbebauten liegt. Die Bedürfnisse des Gewerbes will der Gemeinderat aber möglichst gut berücksichtigen. Er verweist auf die angelaufenen Planungen Landstrasse, Bahnhofgebiet, Wannerareal und Wettingen Ost. Im Gebiet alte Otelfingerstrasse soll Gewerbegebiet ausgeschieden werden können. Der Fokus, so der Gemeinderat, werde auf die Entwicklung des Gestaltungsplanes in der «Oberen Geisswies» gelegt. Dabei wurde ein maximaler Wohnanteil von 15 Prozent bestimmt. Bis Mitte 2017 soll er rechtskräftig vorliegen. Die Weiterentwicklung des Arbeitsschwerpunkts «Obere Geisswies» sei auch im Rahmen der Gesamtrevision der Nutzungsplanung «Siedlung» vorgesehen. Gemäss Bau- und Nutzungsordnung bildet die Spezialzone «Geisswies» das zukünftige Bauentwicklungsgebiet.

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