«Es war eine super Zeit»

Nach elf Jahren als Gemeinderätin hat Yvonne Feri Ende Jahr ihr Amt abgegeben. Aus der Politik zurückziehen will sie sich aber keinesfalls – im Gegenteil.

Yvonne Feri in ihrer Wohnung vor dem Gemälde «Gestrüpp» von Ursula Steinacher, das sie zum Abschied geschenkt bekam, «weil es mir so gut gefällt».Foto: bär
Yvonne Feri in ihrer Wohnung vor dem Gemälde «Gestrüpp» von Ursula Steinacher, das sie zum Abschied geschenkt bekam, «weil es mir so gut gefällt».Foto: bär

«Als ich kurz vor Weihnachten aus den Räumlichkeiten der Sozialen Dienste lief, wurde mir bewusst, dass dies der letzte Besuch als Gemeinderätin war. Da wurde ich schon auch wehmütig», sagt Yvonne Feri während des Interviews kurz vor Weihnachten.

Doch sie sei froh, dass damit die Doppelbelastung zu Ende sei, die die Ämter als Gemeinde- und Nationalrätin mit sich gebracht hatten. Immer wieder sei es zu Terminüberschneidungen gekommen, die sie nicht beeinflussen konnte. Obwohl sie versucht habe, beidem gerecht zu werden, sei sie deswegen immer wieder, auch öffentlich, kritisiert worden. «Als pflichtbewusste Person habe ich selber schon hohe Ansprüche an mich und es tat mir nicht gut, auch noch von aussen kritisiert zu werden, wenn ich bei einem Termin fehlen musste.»

Kritik bezüglich ihres Führungsstils in ihrem Ressort musste sie auch am Schluss ihrer 11-jährigen Karriere als Gemeinderätin einstecken. «Der Vorwurf, mein Ressort sei in einem desolaten Zustand, ist aus dem Zusammenhang gerissen und deshalb nicht einordbar. Wenn man kritisieren will, muss man auch schauen, wie die Behörden funktionieren. Die Personalführung liegt beim Gemeindeammann und Wettingen hat eine sehr schlanke Verwaltung», stellt Feri klar. Auch der Einwohnerrat sei für diese Strukturen mitverantwortlich. Im Rahmen der «Leistungsorientierten Verwaltungsanalyse» (Lova) sei ihr Ressort durchleuchtet worden. Kritische Punkte und Verbesserungspotenzial seien in einem daraus erstellten Bericht festgehalten worden. Feri kritisiert, dass das provisorische Protokoll der Einwohnerratssitzung mit diesem Ausschnitt verbreitet wurde. «Das ist ein Vertrauensmissbrauch und ich hätte mir einen angenehmeren Rücktritt gewünscht.»

Frustriert ist sie deswegen aber nicht. Auch nicht, dass sie den Sprung in den Regierungsrat nicht geschafft hat und der SVP-Politikerin mit 10000 Stimmen unterlag. Sie habe auch nie daran gedacht, der Politik deswegen den Rücken zu kehren – im Gegenteil. «Als Nationalrätin kann ich mich meinen Herzensanliegen widmen und die Themen Armut, Gleichstellung und Gesundheit in der Politik einbringen.»

Soziale Themen hatten bei der SP-Politikerin schon immer Priorität. Auch als Wettinger Gemeinderätin hat sie sich dafür eingesetzt und Projekte vorangetrieben wie beispielsweise den Krippenpool, Alkoholtestkäufe, die Umsetzung des Kindes- und Erwachsenenschutzrechts, die Fachstelle für Altersfragen und Freiwilligenarbeit und das betriebliche Gesundheitsmanagement. Feri präsidierte die Sozialkommission, Gesundheitskommission und diverse Stiftungen, strukturierte die sozialen Dienste neu und setzte die Volksinitiative einer «umfassenden Kinderbetreuung von Schulkindern» um und nahm Einsitz in der Arbeitsgruppe «Langzeitpflege» von «Baden Regio».

Was hat sie dazu bewogen, sich gerade für soziale Themen in Wettingen einzusetzen? «Wettingen soll eine Gemeinde für alle sein und allen, die Hilfe benötigen, die Hand reichen», begründet Feri. Nicht alles, was ihr am Herzen lag, konnte sie als Gemeinderätin jedoch umsetzen. Die Gründung einer überregionalen, gemeinnützigen Spitex AG lehnte das Stimmvolk in Killwangen und Spreitenbach ab. Auch eine unentgeltliche Erziehungsberatung gibt es in Wettingen zum Bedauern der Politikerin noch nicht.

Feri will sich künftig auf nationaler Ebene für solche Themen einsetzen. Neben dem Nationalratsamt ist sie Präsidentin der Stiftung «Kinderschutz Schweiz» und hat diverse kleinere Mandate inne. «Was ich künftig zusätzlich noch machen werde, wird sich in den nächsten Monaten zeigen», so Feri. Vorerst nahm sie sich über die Feiertage eine kurze Auszeit und ging nach Afrika, «um zu tanzen», so Feri. Nach einem intensiven Jahr und elf Jahren als Gemeinderätin sei ein Break nötig. «Es war eine super Zeit, ich habe viel gelernt. Nur wenn alle an einem Strick ziehen, können nachhaltige, soziale und finanzierbare Projekte umgesetzt werden.»

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