Die Wespen hielten den Kammerjäger auf Trab
Der Wettinger Schädlingsbekämpfer Manfred Stadler und seine beiden Brüder rückten diesen Sommer doppelt so oft aus wie sonst. Grund dafür waren zahlreiche Wespennester in Gärten und Häusern der Region.

Mit den allmählich sinkenden Temperaturen kehrt wieder Normalbetrieb in der Wettinger Schädlingsbekämpfungsfirma «Fox GmbH – die Kammerjäger» ein. Bis vor Kurzem konnten sich Manfred Stadler und seine Brüder Ralph und Kurt jedoch vor Aufträgen kaum retten. «Von Juli bis jetzt im September rückten wir täglich wegen sechs bis sieben Wespennestern aus», sagt Manfred Stadler. Das sei doppelt bis dreimal so viel wie gewöhnlich. «Wir konnten nicht einmal alle Aufträge annehmen und mussten die Kunden an andere Berufskollegen verweisen», erzählt der 51-Jährige.
Grund für das massive Aufkommen der Insekten sei der milde, kurze Winter gewesen. «Es wurde sehr früh warm, wodurch das Nahrungsangebot für die Wespen bereits zeitig verfügbar war», sagt Stadler. Zudem hätten viele Wespenköniginnen den Winter überlebt. Die Plage und Notlage der Leute hätten sich jedoch leider einige Betrüger zunutze gemacht, sagt er. «Teilweise werden Kunden über den Tisch gezogen. Bis zu 1000 Franken werden für die Entfernung eines Wespennests verlangt. Das ist viel zu viel. Der normale Preis dafür liegt bei 190 bis 250 Franken.» Kunden müssten sich nach der Lizenz erkundigen, rät Stadler. «Alle geprüften Schädlingsbekämpfer, wie wir, sind im Verband Schweizerischer Schädlingsbekämpfer verzeichnet.»
Sie entfernen nicht jedes Wespennest
Auch wenn die drei Brüder die Lizenz zum Töten haben, geht es ihnen grundsätzlich nicht darum, allen Schädlingen den Garaus zu machen. Nicht jedes Wespennest stelle zum Beispiel ein Problem dar, so Stadler. «Zu unserer Arbeit gehört auch ganz viel Aufklärung. Wir unterscheiden zwischen Schädlingen, Lästlingen sowie Nützlingen und machen den Kunden klar, dass Wespen nützlich sind. Sie jagen zum Beispiel Mücken, die für den Menschen ebenso lästig sind. Es ist wichtig, die Gesamtsituation zu betrachten.» Manchmal helfe es auch schon, eine alternative Nahrungsquelle ein paar Meter entfernt vom Sitzplatz aufzustellen. «Wenn die Tiere sich unter den Ziegeln im Dach oder irgendwo im Garten ein Nest gebaut haben, entfernen wir das nicht», sagt Stadler. Nur wenn die Bewohner durch die Nützlinge beeinträchtigt seien, sich etwa nicht mehr auf dem Balkon aufhalten könnten, oder wenn jemand an einer Allergie leide, dann würden sie eingreifen. Als oberstes Gebot gilt dabei: entfernen statt bekämpfen. «Unser primäres Ziel ist es, das Nest mit dem ganzen Volk umzusiedeln. Nur wenn wir gar nicht ans Nest rankommen, weil es etwa in die Zwischenisolation der Hausfassade gebaut ist, setzen wir auf die chemische Bekämpfung», erklärt Stadler. Dabei setzen er und seine Brüder auf ein flüssiges, gasförmiges oder staubartiges Insektizid. «Dadurch sterben die Wespen leider.»
Der Profi rät Privaten ab, selbst Hand anzulegen. «Das geht meistens schief. Ich habe schon von ein paar Kunden gehört, dass sie beim Versuch, die Tiere loszuwerden, beinahe ihr Haus angezündet haben.» Manchmal helfe auch nur etwas Geduld. «Wespennester sind einjährig. Das heisst, ab Ende Oktober hat man sowieso wieder Ruhe», sagt er.
Bettwanzen reisen im Koffer ins Schlafzimmer
In der kalten Jahreszeit widmen sich die Stadler-Brüder anderen Schädlingen. So zum Beispiel der Bettwanze. «Die Blutsauger bringt man oft aus den Ferien mit dem Koffer heim. Sie leben rund ums Bett herum und ernähren sich von menschlichem Blut», sagt Stadler. Bekämpft werden die Insekten mit Wärme. «Wir heizen den Raum mit einem Ofen bis auf 65 Grad auf. Ab 45 Grad dehydrieren die Bettwanzen und sterben.» Privatleute melden sich bei den Schädlingsbekämpfern vielfach, wenn das Problem bereits existiert. Anders ist es bei Firmen, Gastronomie- und Hotelbetrieben. «Dort setzt man auf Prävention», sagt Stadler. Man arbeite zum Beispiel mit Pheromon-Monitoren. «Wir legen Klebbänder mit einem Lockstoff aus und kontrollieren nach ein paar Wochen, ob und welche Insekten sich darauf befinden.» Dann könne man gezielt Massnahmen ergreifen.
Der 51-Jährige ist bereits seit 28 Jahren als Schädlingsbekämpfer im Einsatz. «Während der Immobilienkrise in den 1990er-Jahren ging ein wichtiger Kunde meines damaligen Geschäfts Konkurs. Er schuldete mir viel Geld», erzählt der gelernte Bauspengler. Stadler wurde in dieser unsicheren Zeit über einen Kollegen auf den Beruf des Schädlingsbekämpfers aufmerksam und sattelte um.
Ein guter Entscheid: «Mir gefällt meine Arbeit. Es ist ein vielfältiger Beruf, bei dem man viel rumkommt», sagt Stadler. Zudem mag er im Gegensatz zu vielen anderen die Insekten. «Es sind einfach faszinierende und spannende Tiere.»