Die Platzreservationerfolgt auf der Kreidetafel

Im 70. Jahr seines Bestehens blickt der Tennisclub Wettingen (TCW) mehr voraus als zurück – und ist Austragungsort der Aargauer Tennismeisterschaften.

Voller Ideen TCW-Präsident André Graf (l.) und Vorstandsmitglied Jürgen Maier auf der Tennisanlage an der Winkelriedstrasse beim Fussballstadion Altenburg.Foto: Mü
Voller Ideen TCW-Präsident André Graf (l.) und Vorstandsmitglied Jürgen Maier auf der Tennisanlage an der Winkelriedstrasse beim Fussballstadion Altenburg.Foto: Mü

Die Fotoalben, die Präsident André Graf und Vorstandsmitglied Jürgen Maier beim Gesprächstermin bei sich haben, reichen zurück bis in die Gründerjahre, als 1946 mit dem ersten Tennisplatz an der Fliederstrasse alles begann. Sie werden nur flüchtig durchgeblättert. Die Aufmerksamkeit gilt der Gegenwart, der TCW hat Perspektiven: sportlich und infrastrukturell, aber auch, was das Vereinsleben betrifft.

Heute betreibt der Club beim Fussballstadion Altenburg eine grosse Anlage mit acht Sandplätzen; auf einem Gelände, das der Gemeinde gehört, «dort, wo früher eine Müllhalde, später eine Rollschuhbahn war», wie Maier weiss. Der Club zählt – konstant – 250 Aktive und 200 Junioren: «Das ist schweizweit wohl der höchste Junioren-Anteil, insbesondere im Verhältnis zu den Aktiven», glaubt Graf und führt diesen Umstand auf die gute Arbeit der Juniorenabteilung sowie auf die guten Trainer zurück. «Als Stan Wawrinka letztes Jahr die French Open gewonnen hatte, bekamen wir täglich eine Anfrage», erinnert er sich. In diesem Potenzial sieht Maier eine sportliche Perspektive: «Aus der Juniorenabteilung könnten einige gute Spieler hervorgehen; es gibt ein paar Talente, die versuchen, an die Spitze zu kommen.»

So, wie es in der Vergangenheit des TCW schon einige sportliche Erfolge gab: Jürg Schaffner in den 70er-Jahren etwa, Urs Helfer in den 80er- und Marko Budic in den 90er-Jahren. Reto Staubli aus Niederrohrdorf, ehemals in den Top Ten der Schweiz und regelmässig als Begleiter und Freund mit Roger Federer auf der ATP-Tour, spielte Interclub für den TCW. Die Jungsenioren-Mannschaft wurde in den 90er-Jahren Schweizer Meister. Bei den Damen sind Sandra Hopfner und Susanne Widrig-Eichenberger x-fache Schweizer Champions.

Bis die Junioren 18-jährig sind, haben sie ein geregeltes Training: «Dann kommen sie aus dieser Regelmässigkeit hinaus und müssen sich selbst organisieren», sagt Graf. Andere Interessen kommen hinzu. In diesem kritischen Alter gelte es, die Jugendlichen im Club halten zu können. «Wir versuchen es», so Graf, «mit der Plattform ‹Jungaktive› für 18- bis 26-Jährige.» Im Winter sind für sie sonntagabends fix Plätze reserviert. Die Jungaktiven sollen eigene Aktivitäten entwickeln und im Club Aufgaben übernehmen.

In diesem gesellschaftlichen Bereich sieht der in den vergangenen zwei Jahren aufgefrischte Vorstand eine weitere Perspektive. Dies, obwohl Graf nicht erwartet, dass Tennis nochmals den Stellenwert von früher erreichen wird, als es für die Mitgliedschaft noch Wartelisten gab, als man am Sonntag nach dem Kirchgang den Tag auf dem Tennisplatz fortsetzte und als man an Tennis-Events noch Krawatte trug. Aber das Clubleben neben dem Platz soll wieder an Bedeutung gewinnen. Die Mitglieder sollen den Club nicht nur fürs Spiel nutzen, sondern vermehrt wieder als Begegnungsort. «Einen Anfang haben wir gemacht mit regelmässigen Clubabenden am Freitag», sagt Maier, der im Vorstand für Events und Projekte zuständig ist. Jeweils eine Interclubmannschaft übernimmt an dieser geselligen Zusammenkunft die Gastgeberrolle. Die Sache scheint ins Rollen zu kommen: «Während anfänglich kaum ein halbes Dutzend Personen hier war, standen letztmals nicht mehr genügend Stühle bereit», berichtet Graf.

Dieser Schwung geht auch einher mit einer Veränderung beim Clubrestaurant: Während sich in den vergangenen 20 Jahren die Geranten mit kurzer Regelmässigkeit abgelöst hatten, setzt man jetzt wieder auf die Stärken in den eigenen Reihen. Marcel Merz hat nebst seiner Funktion als Platzwart auch die Bewirtschaftung übernommen. Dieses Konzept sieht vor, dass sich jedes Mitglied auch diesbezüglich vermehrt für den Betrieb verantwortlich fühlt: «Schon früher war die Wirtschaft clubintern organisiert», sagt Maier, «und es war nicht aussergewöhnlich, dass jemand eigeninitiativ den Grill einfeuerte.»

Der TCW möchte mehr sein, als nur ein Ort zum Tennisspielen, nämlich auch eine schöne Anlage, wo sich die die Mitglieder in ihrer Freizeit gerne aufhalten. Im Gegensatz zu den meisten Tennisclubs gibt es deshalb im Sommer auch kein Reservationssystem: «Die Leute müssen herkommen und sich vor Ort mit Kreide auf einer Tafel eintragen», erklärt Graf. Das bewirkt automatisch, dass nebst der Tennisstunde Zeit zum Verweilen entsteht.

Eine nächste Phase will der TCW auch bezüglich Infrastruktur einläuten und in den nächsten Jahren das Clubhaus von 1982 ersetzen. «Wir werden an diesem Standort bleiben», ist sich Graf sicher und spricht dabei die längerfristige Idee der Gemeinde an, die sportlichen Aktivitäten im Raum Tägerhard zu konzentrieren.

Doch vorerst wird einmal der70. Geburtstag gefeiert – mit Sport und Fest. Der TCW führt in der zweiten Juni-Hälfte die Aargau-er Tennismeisterschaften durch. Zentral gelegen und mit grosser Anlage war Wettingen schon mehrmals Austragungsort, letztmals 2010. «Dass ich gerade mal sieben Anfragen an Clubmitglieder machen musste, um sieben Zusagen fürs Organisationskomitee zu erhalten, spricht sicherlich für die gute Abstützung des Anlasses im Club», sagt Graf. Erwartet werden 200 Teilnehmer. Sollten es viel mehr sein, würden auch Spiele beim TC Baden auf der Allmend ausgetragen. Für den Fall, dass Regen den Spielplan durcheinanderbringt, sind vorsorglich Hallenplätze reserviert. Die Meisterschaften werden als offenes Turnier ausgetragen. Bisher topgesetzter Spieler ist Pedro Salas (N2/22). Neben dem Spielbetrieb und für die Zuschauer (die Nachbarn aus dem Wohnquartier sind speziell eingeladen) wird auch kulinarisch etwas geboten. Und die Fussballfans werden mit der Übertragung der EM-Spiele bedient.

Die 70-Jahre-Jubiläumsfeier findet zum Abschluss des Finaltags am 25. Juni statt. Motto: «70er-Jahre». Die Organisation liegt in den Händen der «Jungaktiven». Sie werden etwas auf die Beine stellen, das zwischen den jährlichen kleinen Sommernachtsfesten und dem 50-Jahr-Jubiläum liegt: «Damals spielte Pino Gasparini, Mitglied der Pepe-Lienhard-Band, auf und es gab ein Feuerwerk», erinnert sich Graf. So grossartig rauschend wird es vielleicht in fünf Jahren zum 75. Geburtstag dann wieder zu- und hergehen.

Aargauische Meisterschaften Aktive Outdoor 2016 vom 15.–26. Juni 2016. Aussensandplätze des TC Wettingen. Anmeldung bis Montag,6. Juni 2016, 20 Uhr, elektronischauf www.swisstennis.ch. Auslosung: Dienstag, 7. Juni 2016.

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