Die Optimistin, die in Krisen Chancen sucht

Trotz mehrerer Schicksalsschläge ist Denise Zum­steg Optimistin geblieben. Dank ihrer Stärke, in Krisen auch Chancen zu sehen.

Denise Zumsteg hat einige Schicksalsschläge weggesteckt. Melanie Bär

«Ich bin ein bisschen erkältet», sagt Denise Zumsteg bei der Begrüssung entschuldigend und erklärt: «Auf der Baustelle gestern war es kalt.» Es ist kein Missverständnis, die 49-Jährige hat tatsächlich Baustelle gesagt. Mit ihrem dritten Standbein, dem «teamXund», bringt die Fitnessbetreiberin nämlich Sport in die Unternehmen.

Mit ihrem Team besucht sie Mitarbeitende in den Betrieben, animiert vor Ort zum Sportmachen und vermittelt Wissen zum Thema Gesundheit und Ernährung. «So kann ich meine Berufung, Gesundheit in die Welt zu tragen, auch ausserhalb des Fitnessstudios ausleben.» Dabei spricht sie auch Menschen an, die nicht in einen Sportkurs oder in die Ernährungsberatung kommen würden. Die Resonanz ist gross.

«Als Ernährungsberaterin braucht es extrem viel Aufwand, die Kundschaft für Veränderungen zu begeistern. Bei einigen Bauarbeitern ist das ganz anders.» Beim gemeinsamen Zubereiten einer gesunden Zwischenmahlzeit sprach sie mit ihnen über Essensgewohnheiten. «Als ich das nächste Mal kam, sagt mir ein Mann stolz, dass er statt Gipfeli jetzt Vollkornbrot und Frischkäse zum Zmorgen esse. So etwas passiert in der Ernährungsberatung eher selten», sagt Denise Zumsteg und strahlt. Deshalb sei die Arbeit mit dem «teamXund» so erfüllend, sagt sie und fügt an: «Was willst du noch mehr?»

Krise als Chance genutzt

Der Grund, weshalb Denise Zum-steg dieses dritte Standbein überhaupt aufbaute, waren allerdings mehrere schwere Schicksalsschläge. Bei einem Kletterunfall zertrümmerte sie sich Anfang 2017 den Fuss, wusste nicht, ob sie je wieder Sport unterrichten kann. Sie liess sich umschulen, entschied sich für ein Betriebswirtschaftsstudium. «Eigentlich interessierte mich das am Anfang gar nicht so sehr, weil ich lieber mit Menschen arbeite», sagt Denise Zumsteg rückblickend und fügt an, dass ihr Mann sie vorausschauend dazu ermutigt habe.

Ein Glück, wie sich später herausstellte. Ihr Mann Chris, mit dem sie vor 22 Jahren das Fitnessstudio Physioflex in Wettingen übernahm und sieben Jahre später zusätzlich das Vitalhaus eröffnete, erledigte im Hintergrund alles Administrative, während sie als Fitness- und Ernährungscoach an der Front stand. 2016 wurde bei ihm ein Lymphon im Kopf gefunden. Nach diversen Chemotherapien und gesundheitlichen Einschränkungen war er nicht nur arbeitsunfähig, sondern brauchte rundum Pflege und zog in ein Pflegheim. Denise Zumsteg musste die beiden Geschäfte alleine führen und war froh um das Wissen aus dem Betriebswirtschaftsstudium.

Mutter, Stieftochter und Mann gestorben

Das war nicht der einzige Schicksalsschlag, den Denise Zumsteg zu verkraften hatte. Im 2012 hatte sie bereits ihre Mutter an Krebs verloren, ihre Stieftochter verunfallte 2017. Als sie im April 2020 ihre beiden Geschäfte, das Fitnessstudio Physioflex und das Vitalhaus wegen Corona schliessen musste, hatte sie Existenzängste. Im Interview mit der Limmatwelle sagte sie damals: «Es ist zwar ‹nur› das Geschäft, aber es ist halt eben auch mein Lebenswerk, mein Baby. Und plötzlich fragst du dich, ob das in Zukunft noch aufgeht.» Doch es kam noch schlimmer: Ende 2020 schied ihr Mann durch Exit aus dem Leben.

Bald vier Jahre ist das nun her. Rückblickend sagt sie, dass sie damals nur noch funktioniert habe. Sie versuchte, ihrem Stiefsohn und seiner Mutter eine Stütze zu sein. «Ich lernte, damit umzugehen und die aufkommenden Emotionen zuzulassen. Zuzulassen, wenn Tränen und Trauer kamen.» Einerseits habe das Erlebte eine brutale Realität gezeigt. Andererseits konnte sie ihre grundsätzliche positive Lebenseinstellung bewahren und ihre Ressourcen nutzen. «Ich ging beispielsweise joggen und versuchte trotz all dem Elend um mich herum, auch das Schöne zu sehen und dankbar dafür zu sein.» Optimismus liege in ihrer Natur. «Klar war ich aufgrund der Umstände damals auch oft traurig und bin es auch heute manchmal noch. Dann lasse ich die Trauer zu, bis sie wieder verschwindet.» Unbegründete Gefühlsschwankungen kenne sie nicht. Sie denke grundsätzlich positiv und sei meistens gut gelaunt. Sie ist ihrem verstorbenen Mann dankbar, der sie nicht nur fürs Betriebswirtschaftsstudium ermutigt hat, sondern auch, wieder einen Partner zu suchen und auch nach seinem Tod positiv weiterzuleben. «Er wusste, dass ich nicht alleine leben möchte.»

Mental und körperlich fit

Vieles hat sich zum Guten gewendet. Sie hat einen neuen Partner; ein alter Freund, mit dem sie und ihr verstorbener Mann schon früher zusammengearbeitet haben und der sie auch jetzt unterstützt. Auch im «teamXund». Die Geschäftsidee für dieses dritte Standbein hat Denise Zumsteg im Rahmen ihrer Abschlussarbeit entwickelt. Für das Studium mussten sie einen Betrieb gründen, fiktiv oder real. «Für mich war klar, es soll etwas sein, das ich wirklich umsetzen kann.» An Ideen mangelt es der Geschäftsfrau nie. Die Schwierigkeit sei eher, aus all den Ideen, diejenige zu finden, die sich erfolgreich umzusetzen lässt. Es scheint, als hätte sie die richtige Wahl getroffen: Seit dem Start im 2022 besucht sie und ihr Team regelmässig rund 20 Betriebe, gibt vor Ort Yogastunden oder rennt morgens um sechs mit Buschauffeuren, Bauarbeitern oder Geschäftsleitern draussen über Hindernisse und trainiert so Kondition mit ihnen. Denn Denise Zumsteg ist nicht nur mental stark, sondern bleibt so auch körperlich fit. Eine kurze Erkältung nimmt sie dafür gerne in Kauf.

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