Der Logistiker mit den Falken
Tagsüber arbeitet Kari Meier als Sachbearbeiter Logistik bei der Schweizerischen Post. In der Freizeit widmet er sich seinen beiden Falken Maika und Kimi. Der Familienvater wohnt in Wettingen und konnte Frau und Söhne nur bedingt mit dem «Falken-Fieber» anstecken. Meier kann darüber nur schmunzeln.

Liebevoll nimmt Kari Meier zunächst Maika, die jüngere der beiden eigentlich in Osteuropa, Zentralasien sowie in Nordafrika heimischen Sakerfalken, auf den Arm. «Sie ist noch ein bisschen scheu», meint der Falkner fast entschuldigend. Doch Maika macht sich bereits über ein Stück Taube her, das ihr offeriert wurde. «Taubenfleisch hat einen grossen Nährwert.»
Gerade jetzt benötigen Meiers Schützlinge viel Energie, denn sie befinden sich in einer Umstyling-phase. Im Fachjargon wird dieser Gefiederwechsel als Mauser bezeichnet. Vom Vorgang sichtlich fasziniert, meint er: «Die Mauser verläuft bei Falken zentrifugal. Die Federn werden symmetrisch von innen nach aussen gewechselt.» Nach rund fünf Monaten ist das Gefieder erneuert.
Maika und Kimi sollen nur das Beste vom Besten fressen und in Ruhe ihr Gefieder wechseln. «Aus diesem Grund lasse ich sie im Sommer jeweils während zweier Monate nicht fliegen.» Kein Training mit simulierter Jagd also – dies behagt den Vögeln offenbar. Wie alle Beutegreifer verspüren auch Falken keinen Drang zur Bewegung. «Falken fliegen nur, wenn sie hungrig sind – und nicht etwa um die schöne Aussicht zu geniessen», so Meier.
Schliesslich nimmt er das zutraulichere Männchen auf den ledernen Handschuh. «Wir arbeiten bereits zwei Jahre zusammen.» Auch Kimi kriegt ein Häppchen Fleisch, pickt jedoch – offenbar noch immer satt – sehr wählerisch darauf herum.
Falken sind Wildvögel. Sie sind scheu und haben von Natur aus kein Bedürfnis auf die Gesellschaft von Menschen. Deshalb sei es wichtig, so Meier, regelmässig mit den Vögeln zu arbeiten. Auch jetzt, während der Sommerpause nimmt Meier seine Falken täglich aus der Voliere, damit die enge Bindung erhalten bleibt.
Maika sitzt derweil wieder auf ihrem Sockel und rupft einen Taubenflügel. «Das ist gut für den Schnabel und hält sie beschäftigt.» Und sie neide Kimi sein Fleisch nicht. «Greifvögel sind von Natur aus sehr futterneidisch.»
Wie kam Meier zum Falknern? Angefangen habe alles etwas kleiner. «Diese erste Voliere habe ich für eine Schar Wellensittiche gebaut», erinnert sich der heute 53-Jährige, der schon als kleiner Bub von Vögeln fasziniert war. Über Jahre züchtete er Wellensittiche. «Doch irgendwann fehlte mir, mit den Vögeln zu arbeiten.»
Inspiriert von einem befreundeten Falkner wandte er sich den Greifvögeln zu. Doch dies ging nur über einen Umweg: Meier wurde Jäger. Nur wer im Besitz eines Jagdpatents ist, wird zur Falkner-Ausbildung zugelassen. Zudem sind Kurse für den Erwerb der Wildtierhaltebewilligung notwendig.
Bis vor einem Jahr war Meier noch der einzige Falkner im Kanton Aargau. Jetzt freut er sich über eine erste Falknerin und eine weitere Frau, die derzeit in Ausbildung ist.
Gelegentlich zeigen Maika und Kimi ihr Können vor Publikum. «Die Falken werden spielerisch dazu animiert, Beute zu jagen. Das Training entspricht ihrem natürlichen Verhalten.»
Meier wird von verschiedenen Vereinen eingeladen oder zeigt seine Falken beim Ferienpass Schulkindern aus der Region. In solchen Momenten nimmt er die Rolle des Naturbotschafters ein: «Ich will den Leuten einen Blick in die Natur ermöglichen. Falken und Raubtiere allgemein sind enorm wichtig für ein gesundes Artengleichgewicht.» Umso mehr bedauert Meier die illegale Vergiftung von wilden Falken durch gewisse Kreise von Taubenzüchtern.