Der Kunstschatz eines Sanitärs
Im Gluri-Suter-Huus werden Kunstwerke aus dem Legat von Karl und TheresiaRicklin gezeigt.
«Das ist eine aussergewöhnliche Schenkung», sagt Galerieleiter Rudolf Velhagen. Einzigartig für Wettingen. Sie bereichere die bestehende Kunstsammlung der Gemeinde mit bisher 930 Werken. Vizeammann Antoinette Eckert spricht von einem «Gedächtnis», das die Gemeinde empfangen durfte: «Hinter jedem Bild steckt eine Geschichte.» Die Kunstsammlung von Karl und Theresia Ricklin umfasst 56 Bilder und vereint Schlüsselbilder von Künstlern wie Max Gubler, Ilse Weber, Adolf Weber, Werner und Ruth Wälchli sowie Skulpturen von Walter Huser, Eduard Spörri und Cesco Peter.
Ricklins führten von 1979 bis 1995 das noch heute existierende, 1931 von Karls Vater gegründete Sanitärunternehmen an der Seminarstrasse. Sie hatten keine Nachkommen, wohl aber rund ein Dutzend Göttikinder. Und sie gehörten, wie Eckert berichtet, zum Freundeskreis von Eduard Spörri, wo man oft und lange bei Schinken und Kartoffelsalat zusammensass: «Hier wurden sie zur bildenden Kunst hingezogen, hier entwickelte sich ihre Verbundenheit, ja Liebe dazu.» Hier an der Bifangstrasse, wo auch Walter Huser sein Atelier hatte, wo das Gluri-Suter-Huus und Cesco Peters Atelier stehen und die deshalb heute auch als Wettinger Kulturmeile gilt, hier an der Bifangstrasse lernten Ricklins aber auch andere Künstler kennen.
Karl Ricklin gilt als facettenreicher Mann. In Wettingen war er eine bekannte Person, im Militär Adjutant. Schweizerische Werte bedeuteten ihm viel. Er war aktives Mitglied in der Feuerwehr und engagierte sich in Kommissionen. 10 Jahre war er Mitglied der Kunstkommission (der heutigen Kulturkommission). Eckert berichtet aber auch von seiner anderen Seite: Ein Bonvivant sei er gewesen, sei zehn Mal im Jahr nach Paris gereist, wo er jeden Winkel kannte und selbst überall gekannt und gern gesehen war: «Er muss sich gefühlt haben wie Gott in Frankreich.» Und ausserdem habe er als leidenschaftlicher Koch selbst Kochbücher geschrieben. Ricklins Geradlinigkeit, Bodenständigkeit und Grosszügigkeit spiegelt sich in der Kunstsammlung: «Wenn ihm etwas gefallen hat, hat er es gekauft», sagt Eckert.
Erstmals werden jetzt 23 Werke aus der Sammlung Ricklin öffentlich gezeigt. Velhagen hat sie so gehängt und gestellt, dass die Bezüge unter den Künstlern und die Vorlieben der Sammler aufgezeigt werden: «In dieser Werkauswahl sind alle Aspekte der Sammlung vorhanden.» Es seien Bilder des Expressionismus, des Spätimpressionismus und auch kubistische Momente seien vorhanden. Und humorvolle, wie in Cesco Peters Bronzefigur «Wandersmann mit Stab». Aber kein einziges abstraktes Bild ist dabei: «Das spiegelt Spörris Vorstellung», erklärt Velhagen. Der Wettinger Bezug sei eine Stärke der Sammlung. Und: «Sie ist wie aus einem Guss.» Es gebe keinen Absacker: «Über jedes einzelne Werk sind wir happy.»
Als Hauptwerk der Sammlung bezeichnet Velhagen das Ölbild «Stuhl mit Blumen» von Ilse Weber (1908–1984): «Es ist heiter, hat eine eigene Bildwelt, ein Traumbild – dieser Stuhl würde in Realität wohl kippen – von einem Kolorit auf höchstem Niveau.» Zudem war es eine Ausstellung dieser ersten Wettinger Künstlerin von Weltruhm (sie lebte und arbeitete zwischenzeitlich in Amerika), mit der die Galerie Gluri-Suter-Huus 1972 eröffnet worden war.
Das Ehepaar Ricklin hat die Kunstwerke nicht nur gesammelt, es hat mit ihnen gelebt: «Als ich zum ersten Mal in ihrem Haus war, staunte ich», erzählt Kultursekretär Hansueli Trüb, «in allen Räumen hingen die Wände voller Bilder!» Das Legat kam in zwei Etappen zur Gemeinde: Nach dem Tod von Karl Ricklin (2009) die ersten 12 Werke. «Theresia Ricklin deutete damals schon an, dass der Rest auch noch komme», erinnert sich Trüb. 2014, im Jahr nach Theresia Ricklins Tod, war die Sammlung bei der Gemeinde wieder beisammen. «Ein solches Legat der Gemeinde zu vermachen, ist Ricklins natürlich nicht über Nacht in den Sinn gekommen», sagt Eckert. Dafür seien über lange Zeit viele gute Kontakte nötig gewesen.
Die Werke aus dem Legat Ricklin sind bis 24. April und vom 29. Mai bis 26. Juni 2016 im Erdgeschoss der Galerie Gluri-Suter-Huus, Bifangstrasse 1, Wettingen, ausgestellt.
Öffnungszeiten: Mittwoch–Samstag, 15–18 Uhr, Sonntag, 11–17 Uhr.