Der EM-Titel dient ihm als Motivation
Der Wettinger Noel Ott gewann mit dem Nationalteam den EM-Titel im Beachsoccer auf Sardinien. Er wurde überdies zum besten Spieler des Turniers ernannt. Ein Motivationsschub für die kommende Weltmeisterschaft.

«Im ersten Moment realisierten wir gar nicht, dass wir gewonnen hatten. Es ist immer noch ein unglaubliches Gefühl, wenn ich daran denke, was wir erreicht haben. Wir werden diesen Moment nie vergessen», sagt Noel Ott. Er spricht über seinen neusten Triumph mit der Nationalmannschaft am Euro Beachsoccer League Superfinal in Cagliari auf Sardinien Mitte September. Die Schweiz schlug Portugal und holte sich damit zum zweiten Mal den EM-Pokal. Gleichzeitig wurde Ott zum besten Spieler des Turniers ernannt.
«Bester Spieler Europas zu sein, ist eine schöne Auszeichnung. Das macht mich stolz. Aber als Mannschaft den Sieg zu holen ist noch mal eine Stufe schöner», findet der 28-jährige Wettinger. Den ersten Platz an der EM in Italien zählt Ott zu den zwei grössten Erfolgen des Nationalteams. Beim anderen Erfolgsresultat handelt es sich um den dritten Platz an der Weltmeisterschaft in Moskau 2021. «Das gute Abschneiden an der WM in Russland bedeutet uns sehr viel. Auch weil wir so viel Medienpräsenz erhalten haben, da das Turnier im Schweizer Fernsehen übertragen wurde.»
Gute Infrastruktur und kurze Distanzen helfen beim Training
An der Weltspitze des Strandfussballs tummeln sich Nationen, die am Meer liegen. Italien, Spanien, Portugal oder Brasilien sind besonders stark. Dass die Schweiz zur Weltspitze gehört, erklärt sich Ott so: «Wir haben zwar keine echten Strände, dafür aber eine sehr gute Infrastruktur.» Er meint damit etwa die Trainingsstandorte im Schachen in Aarau oder in Basel neben dem St.-Jakob-Park. «Dort können wir in der Hauptsaison vier bis fünf Mal pro Woche trainieren. Der Vorteil ist, dass wir nicht so grosse Distanzen haben wie in anderen europäischen Ländern.» Daher sei es möglich, das ganze Jahr miteinander zu trainieren und nicht nur ein paar Wochen vor den Wettkämpfen. «Deshalb kennen wir uns sehr gut und sind ein eingespieltes Team», sagt Ott.
Zum Beachsoccer fand der Wettinger vor über zehn Jahren in einem schwierigen Moment. «Ich musste mich damals damit abfinden, dass mein Traum, Fussballprofi zu werden, nicht in Erfüllung geht.» Ott spielt seit Kindesbeinen Fussball. Er startete beim FC Wettingen und wechselte später zu GC. Dort schaffte er es mit Talent und viel Disziplin bis in die U-18-Mannschaft. «Der nächste Schritt wäre der Eintritt in die erste Mannschaft gewesen mit einem Profivertrag. Doch es muss so viel zusammenpassen, dass es klappt. Die Luft dort oben war extrem dünn», erinnert sich Ott. Eine Kollegin seiner Mutter spielte beim Beach Soccer Club Havana Shots Aargau und lud ihn zur Ablenkung ein, im Herrenteam zu spielen. «Es war sozusagen meine zweite Chance im Fussball. Dass dieser Weg so erfolgreich sein würde, damit hätte ich natürlich nie gerechnet», sagt Ott.
Der Strandfussball ist eine Abwandlung des Rasenfussballs. Es gibt jedoch mehr Unterschiede als die Unterlage. «Beachsoccer ist viel schneller und es gibt viel mehr Abschüsse aufs Goal. Was auch dazu führt, dass pro Spiel 10 bis 15 Tore erzielt werden», erklärt Ott. Für ihn macht das den Reiz an dieser Sportart aus. «Es passiert mehr und ist für die Zuschauer attraktiver und spektakulärer.» Die Spielzeit mit 36 Minuten sei zudem nur einen Drittel so lang wie bei einem herkömmlichen Fussballmatch. Weil überdies das Feld kleiner ist, kommen nur fünf gegen fünf Spieler zum Einsatz.
Schade findet Ott, dass es dem Beachsoccer an Popularität fehlt. «Es ist im Vergleich zum Fussball viel weniger bekannt. Wenn Mbappé, Ronaldo oder Messi spielen, will jeder zuschauen. Wenn ein Noel Ott spielt, ist das schön, doch nur wenige interessieren sich dafür, weil viele den Sport gar nicht kennen.» Dass das Beachsoccer im Schatten des Fussballs steht, stört Ott nicht. «Auch wir Beachsoccer-Spieler lieben Rasenfussball und wollen, dass dieser noch grösser wird. Doch es wäre auch schön, wenn wir wachsen könnten.» Als Spieler sei man aber machtlos, an diesen Strukturen und der Beliebtheit gross etwas zu ändern. «Es ist abhängig von den Verbänden und Sponsoren, die uns pushen könnten.»
Er findet eine Entschädigung für die Spieler als angebracht
Ott denkt dabei zum Beispiel an eine Entlöhnung. «Mit mehr Geld könnte man den Strandfussball professionalisieren. Als Profis könnten wir noch intensiver trainieren. Das geht aktuell nicht. Die Reisen und die Verpflegung an Wettkämpfen werden uns gezahlt. Doch wir verdienen nichts als Beachsoccer-Spieler. Deswegen arbeiten wir alle 100 Prozent», sagt der gelernte Kaufmann, der als HR-Fachmann für das Personalwesen in einer Firma in Oftringen tätig ist. Ott geht es bei der Professionalisierung des Beachsoccers nicht um Millionenverträge. «Wir spielen aus Spass und Leidenschaft. Doch eine Entschädigung für den zeitlichen Aufwand wäre angebracht. Es wäre ein erster Schritt in die richtige Richtung.»
Nichtsdestotrotz trübten diese Umstände den Kampfgeist der Nationalmannschaft 2022 nicht. «Wir hatten bisher ein sehr erfolgreiches Jahr. Wir haben uns nächstes Jahr für die World Beach Games Bali im August und für die European Games in Krakau im Juni qualifiziert. Auf Ott und das Nationalteam wartet 2023 zudem die Weltmeisterschaft. «Wo sie genau stattfinden wird, wissen wir noch nicht. Doch eines ist klar, wir müssen uns noch an zwei Turnieren beweisen, damit wir um die Medaille spielen können.» Das Ziel nach der Bronzemedaille letztes Jahr steht fest: «Wir wollen dabei sein und mehr erreichen als den dritten Platz», meint Ott zuversichtlich. Man freue sich auf das nächste Jahr und werde sich fleissig darauf vorbereiten. Ott sagt: «Kraft und Motivation schöpfen wir aus unseren bisherigen Siegen.»