«Der Bevölkerung ist Dämpfung der Schulden nicht so wichtig»

Vizeammann Markus Maibach (SP) nimmt Stellung zur Budgetabstimmung und sagt, welche Auswirkungen sie auf die Schulraumplanung hat.

Vizeammann Markus Maibach ist Vorsteher Ressort Finanzen. ihk

Das Budget 2025 mit der Steuerfusserhöhung von 95 auf 98 Prozent wurde im November mit 68 Stimmen Unterschied abgelehnt – wie schon zweimal zuvor innert fünf Jahren, als man den Steuerfuss erhöhen wollte. Am Sonntag wurde das Budget bei gleichbleibendem Steuerfuss nun deutlich angenommen mit 424 Nein- und 3529 Ja-Stimmen. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?Markus Maibach, Vizeammann, Ressort Finanzen: Ich bin froh, dass Wettingen wieder ein Budget hat, und werte es als Vertrauensbeweis.

Hätte es nicht beim ersten Mal angenommen werden müssen, um von einem Vertrauensbeweis zu sprechen? Ich verstehe es so, dass man Vertrauen ins Budget hat, die Ausgabenseite also unbestritten ist. Bei der Abstimmung ohne Steuerfusserhöhung wurde das Budget ja deutlich angenommen, genauso wie vor zwei Jahren.

Doch wie Sie sagen, ohne Steuerfusserhöhung ... Mit der Steuerfusserhöhung wollten wir proaktiv sein und künftige Kosten vorfinanzieren. Der Gemeinderat wollte jährlich 1,65 Millionen Franken für das Oberstufenzentrum zurücklegen und so den Schuldenzuwachs um 11,5 Millionen Franken verringern. Die Abstimmung zeigte, dass der Bevölkerung die Dämpfung der Schulden nicht so wichtig ist und sie im Moment keine proaktive, sondern eher eine reaktive Finanzpolitik will. Die Schuldenkurve wird jedoch nicht einfach abflachen, sondern steigen.

Ist somit eine Steuerfusserhöhung nicht vom Tisch? Wir werden zum jetzigen Zeitpunkt keine Steuerfusserhöhung mehr vorschlagen, um etwas Künftiges vorzufinanzieren. Aber wenn es um den Projektierungskredit für die Schullandschaft Margeläcker geht, wird sich die künftige Generation mit der Finanzierungsfrage wieder befassen müssen. Denn wenn die Einnahmen nicht reichen, um ein ausgeglichenes Budget zu erstellen, wird eine Steuerfusserhöhung in Zukunft nötig sein. Es gibt bekanntlich unterschiedliche Ansichten dazu, ob es schlimm ist oder nicht, Schulden zu haben.

Hat es Auswirkungen auf die Schulraumerweiterung auf der Zirkuswiese, dass der Steuerfuss nicht erhöht wird? Nein, das Projekt wird genau so wie geplant fortgesetzt. Die Ergebnisse des Studienwettbewerbs werden diesen Sommer der Öffentlichkeit präsentiert.

Was ändert sich denn nun? Ohne Vorfinanzierung gibt es keine Schuldenglättung. Bei einer Vorfinanzierung wäre der Gemeinderat verpflichtet gewesen, ein ausgeglichenes Budget zu präsentieren. Dazu sind wir nun rechtlich nicht verpflichtet. Doch wir werden weiterhin haushälterisch mit dem Geld umgehen, denn es ist knapp, das ist klar. In den vergangenen Jahren haben die Rechnungen positiv abgeschlossen. Das ändert sich nun, die Rechnung 2024 wird ein Defizit zeigen.

Können Sie schon etwas dazu sagen? Wir haben bereits kommuniziert, dass die Steuereinnahmen 1,5 Millionen Franken unter Budget liegen. Da liegt es nahe, dass es ein happiges Defizit geben wird. Im 2022 und 2023 haben wir zu pessimistisch prognostiziert und statt Defizite Gewinne erzielt. Im Rechnungsjahr 2024 war die Prognose hingegen zu optimistisch. Allerdings ist eine genaue Prognose der Steuereinnahmen schwierig. Kleine Schwankungen haben bereits grosse finanzielle Auswirkungen. Ein Prozent mehr oder weniger bei den nichtbeeinflussbaren Grössen kann schnell mal einen Millionenbetrag auslösen. Um das rechtlich vorgegebene mittelfristige Haushaltgleichgewicht zu erreichen, braucht es zur Kompensation eines Defizits zukünftig wiederum Überschüsse. Nur knapp 20 Prozent der Ausgaben können wir explizit beeinflussen, der Spielraum ist klein.

Einige Anlässe mussten aufgrund des fehlenden Budgets abgesagt werden. Die Sportlerehrung wird im Mai im kleinen Rahmen nachgeholt, wie? Im Gegensatz zur Kinderfasnacht, die zeitlich nicht verschiebbar war, können wir die Sportlerehrung im kleinen Rahmen nachholen. Wir wollen Wettingen nicht Sportstadt nennen und den Sportlerinnen und Sportlern keine Anerkennung geben. Bevor das Budget gutgeheissen wurde, war es jedoch rechtlich nicht möglich, solche Anlässe durchzuführen. Es ging nie darum, das auf dem Rücken der Bevölkerung auszutragen.

Mit einem politischen Vorstoss wollten einige Einwohnerräte erreichen, dass über Budget und Steuerfuss künftig nicht mehr automatisch abgestimmt wird, sondern nur, wenn mindestens 5 Prozent der Stimmberechtigten ein fakultatives Referendum ergreifen. An der Einwohnerratssitzung wurde die Motion mangels Rückendeckung wieder zurückgezogen. Der Gemeinderat hatte sich vorgängig bereit erklärt, die Motion entgegenzunehmen. Wieso? Nach dem Demokratieverständnis des Gemeinderats kommt eine objektivere Debatte zustanden, wenn ein Referendum ergriffen werden muss, als wenn man nur den Stimmzettel ausfüllt. Es hat nichts mit Entmündigung oder einer demokratiefeindlichen Haltung zu tun. Eine Referendumsdiskussion ist eine explizite Diskussion. Da die Motion zurückgezogen wurde, ist das Thema nun aber vom Tisch.

Ein Leserbriefschreiber monierte dass «ein Teil der Wettinger Politik in einer Blase lebe». Was sagen Sie dazu? Das ist Politik. Es gibt überall Unterstützung und Widerstände. Es ist Aufgabe des Gemeinderats, mit diesen Herausforderungen umzugehen.

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