Rechnungsdefizit bewegt stark
Die Jahresrechnung 2024 genehmigte der Einwohnerrat klar. Martin Frey, Leiter Finanzen, wurde mit lang anhaltendem Applaus für seine Arbeit gewürdigt.

Es war ein Abend des Abschieds und des Neuanfangs im Einwohnerrat Wettingen am Donnerstagabend vor einer Woche. Mit Martin Frey geht der Leiter Finanzen nach 41,5 Jahren in Pension. Ebenso Vizeammann Markus Maibach (SP), der auf eine erneute Kandidatur im Gemeinderat verzichtet und deshalb seine letzte Jahresrechnung präsentieren konnte: «Es ist ein historischer Moment, Martin Frey und ich gehen. Nach fast acht Jahren mit Überschüssen haben wir ein riesiges Defizit. Ich bin froh, dass das Verständnis durch die Finanzkommission für die finanzielle Lage da ist. Wir haben vertiefte Analysen gemacht.»
An das Votum von Einwohnerrat Orun Palit (GLP) gerichtet, der an diesem Abend nicht da war und sein Votum vorlesen liess, meinte Maibach: «Es genügt nicht, einfach die Nachbargemeinden anzuschauen. Nicht vergessen: Wir haben das Budget vor zwei Jahren gemacht. Wir sind unterschiedlich unterwegs bei Einkommens- und Vermögenssteuer als andere Gemeinden.» Die Analyse: Zwischen 3 und 5,5 Millionen könne man fast alles budgetieren. Da sei eine verlässliche Zahl nicht möglich. Und weiter erklärte der Vizeammann: «Bei den Unternehmensteuern haben wir eine Unsicherheit, das ist ein Fakt. Wir hatten Jahre, da das Personalbudget bei weitem nicht ausgeschöpft wurde. Wir konnten Leute nicht rekrutieren. Jetzt konnten wir die Rekrutierung aufnehmen.» Für das Budget 2026 meinte er: «Wir kommen sicher nicht mehr mit einer Steuerfusserhöhung. Wenn wir mit Defizit budgetieren, ist der neue Gemeinderat noch stärker unter Druck.»
«Das ist ein Alarmsignal»
Im Namen der Mitte-Fraktion bedauerte Beat Brändli das Minus. «Es ist mehr als doppelt so viel, als man befürchtet hat. Die richtige Reaktion: Wenn man weniger einnimmt, soll man weniger ausgeben.» Auch von Seiten der FDP gab es Kritik: «Ausgerechnet bei der Ablehnung der Vorfinanzierung wurde offenbar mutig budgetiert. Für die FDP-Fraktion ist die Rechnung ein Alarmsignal. Wettingen muss seine strukturellen Probleme lösen und doch eine Steuererhöhung ins Auge fassen», sagte Judith Gähler. Der Einwohnerrat genehmigte die Rechnung klar. Auch dem Rechenschaftsbericht stimmte der Rat zu.
Ebenso Zustimmung fand der Kredit von 434600 Franken für den Innenausbau des Kindergartens Klosterbrühl. Alle Parteien waren von der Notwendigkeit des Kindergartens in der Überbauung Klosterbrühl überzeugt. Die SVP stellte einen Kürzungsantrag von 34600 Franken, da es bei den Kosten für Beleuchtung und Innenausbau sehr viel Luft gebe. Eine Mehrheit übernahm den gemeinderätlichen Antrag und genehmigte den Kredit.
Strassenkredit klar unterschritten
Befinden musste der Einwohnerrat auch über die Kreditabrechnung 1,402 Mio. Franken für die Werkleitungs- und Strassenoberbausanierung der Etzel-, Eiger-, Bernina-, Lägern- und Säntisstrasse. Der Kredit wurde um 434694.50 Franken unterschritten. Eveline Isler (Mitte) sagte dazu: «Im Volksmund war vom Millionenkreisel die Rede, doch es wurden Werkleitungen saniert. Mit den Sanierungsmassnahmen wurde die Strasse sicherer.» Fiko-Präsident Adrian Knaup (SP) meinte: «Wir haben es nicht mit einem Luxuskreisel zu tun. Wir dürfen getrost Aussagen korrigieren.»
In der Interpellation von Marco Bonadei (SP/WG) und Judith Gähler (FDP) ging es um die Deutschförderung vor dem Kindergarten. Die Frage war, ob Wettingen eine flächendeckende Sprachstanderhebung eineinhalb Jahre vor dem Kindergarteneintritt 2026 durchführt.
Der Gemeinderat anerkenne den dringenden Bedarf für frühe Deutschförderung. Das Geschäft hat er mit einem grossen «Aber» entgegengenommen. Das Projekt könne frühestens ab Ende 2026 starten, weil Wettingen zu wenig Platz für die Durchführung habe.
Peter Lütolf (SVP) zeigte sich mit der Antwort auf seine Interpellation für ein Stromprodukt durch Kernenergie unzufrieden. «Der Gemeinderat hätte die Frage beantworten sollen und nicht die Energie Wettingen AG.» Aus den Antworten ist zu lesen, dass es 2020 und 2021 das Wahlprodukt «Graustrom» gab, das aus 100 Prozent Kernenergie bestand. 2021 wählten es 192 Kunden mit insgesamt 2,2 Gigawattstunden Absatz. Das waren rund 3 Prozent des Gesamtenergieabsatzes der EW AG.