Das Kloster Wettingen soll bald zu «Museum Aargau» gehören
Der Wettinger Gemeindeammann und Grossrat Markus Dieth hat einen Auftrag eingereicht, der zum Ziel hat, das Wettinger Kloster bei «Museum Aargau» aufzunehmen. Im Interview mit dem Ammann, dem Direktor von «Museum Aargau» sowie dem Leiter der Immobilien Aargau hat die «Limmatwelle» nachgefragt, wie sie sich die Zukunft des Klosters vorstellen.

Markus Dieth, Sie haben den Regierungsrat eingeladen, die Möglichkeit der Eingliederung des Klosters Wettingen ins «Museum Aargau» zu prüfen. Was passiert nun gerade beim Kanton?Markus Dieth, Gemeindeammann Wettingen: Der Regierungsrat hat mein Postulat Ende September entgegengenommen. Er hat «Museum Aargau» beauftragt, die für einen definitiven Entscheid notwendigen Abklärungen und Vorarbeiten vorzunehmen. Die Abklärungen sind zurzeit im Gang, und frühestens im Jahr 2014 kann bei einem positiven Entscheid das Konzept umgesetzt werden.
Also sind Sie jetzt am Ball, Herr Pauli? Thomas Pauli, Direktor «Museum Aargau»: Ja, wir klären ab, wie das Kloster Wettingen bei uns eingebunden und welche inhaltlichen Schwerpunkte gesetzt werden könnten. Das ausgereifte Konzept wird voraussichtlich Ende nächsten Jahres dem Regierungsrat vorgelegt, und er entscheidet, ob es in seinem Sinn ist oder nicht.
François Chapuis, Leiter Immobilien Kanton Aargau: Die wichtigste Frage wird wohl die nach der Trägerschaft sein. Das Kloster steht in Wettingen und die Gemeinde ist stark mit ihm verbunden. Ich sehe es als grosse Chance, dass das Kloster mit seiner ganzen Klosterhalbinsel durch die geschichtliche Aufarbeitung künftig nicht mehr nur als Schule wahrgenommen wird.
Dieth: Für uns ist aber auch die Kantonsschule ein absolut wichtiges Aushängeschild. Wir wollen den Schulbetrieb nicht stören und auch keinen Chilbibetrieb. Das Kloster ist ein Ort der Ruhe, es soll als Zivilisationsoase dienen. Es gilt, die verschiedenen Interessen abzuklären und auch die umliegenden Gebäulichkeiten sowie das gesamte Areal und die Klosterhalbinsel einzubinden.
Inwiefern kann die Gemeinde noch mitreden, schliesslich gehört das Kloster dem Kanton und wird mit der Einbindung von Museum Aargau einen weiteren externen Partner aktivieren? Dieth: Das Kloster steht auf Wettinger Boden und fällt somit in die Planungshoheit der Gemeinde. Wir verlieren unsere Einflussnahme also nicht, sondern bekommen einen starken Partner, der uns hilft, das Kloster noch besser zu positionieren. Aber es ist richtig: Das Kloster gehört dem Kanton und die Mitarbeiter von «Museum Aargau» sind Fachleute in Sachen Kultur. Mir ist es wichtig, dass zwischen der Kantonsschule, dem Kanton und uns als Gemeinde gut kommuniziert wird und dass wir gemeinsam in einem Boot sitzen und rudern.
Chapuis: Der Kanton als Eigentümer des Gebäudes war schon bisher stark involviert. Zusammen mit der Gemeinde erarbeiten wir einen Masterplan und es hat sich gezeigt, dass wir – um das Potenzial ausschöpfen zu können – einen grossen Partner brauchen, der sich um die inhaltliche Vermarktung kümmert. In unser Aufgabengebiet fallen die baulichen Massnahmen. Die Sanierungen der Strasse oder des Abthauses sind dringend notwendig. Je nachdem, um welche Gebäude es sich handelt, ist auch die Denkmalpflege involviert.
Pauli: Durch den Auftrag des Regierungsrats können wir aktiv werden, die involvierten Leute an einen Tisch holen und das Konzept erarbeiten. Parallel wird die Organisation aufgebaut und die Frage abgeklärt, ob es später eine Stiftung als Trägerschaft braucht. Für uns ist das Wettinger Kloster ein Kulturgut, das zu unseren anderen Projekten mit nationaler Bedeutung passt. Wir wollen das Wettinger Kloster bei uns integrieren und seine Geschichte und Schönheiten zugänglicher machen. Und es passt hervorragend zum Museum Aargau, das historische Schauplätze für das Publikum erlebbar machen will, wie bereits in den Schlössern, im Kloster Königsfelden und im Legionärspfad.
Was wollen Sie konkret machen? Pauli: Das Kloster hat nicht nur eine religiöse Bedeutung, sondern war und ist ein Ort, der vom Thema Bildung geprägt ist. Bildung war schon bei den Zisterziensern wichtig. Später wurden in dieser Örtlichkeit Lehrer ausgebildet, und heute wird darin eine Kantonsschule geführt. Vor diesem Hintergrund ist der Ort dazu prädestiniert, das wichtige Thema Bildungsgeschichte aufzugreifen.
Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen, ohne den Schulbetrieb zu stören? Pauli: Wir haben inKönigsfelden eine ähnliche Situation, wo Archäologie und Spital zusammenkommen. Anfangs führte das zu Ängsten und Verwerfungen. Mittlerweile geht das perfekt aneinander vorbei: Wir sprechen miteinander, nehmen Rücksicht und führen auch gemeinsame Projekte durch. Vieles wird am Wochenende, vor allem am Sonntag, stattfinden, wenn kein Schulbetrieb herrscht.
Chapuis: Bauliche Massnahmen können ebenfalls dazu beitragen, Menschenströme zu entflechten. Der Eingang des Kreuzgangs ist beispielsweise ein Nadelöhr. Doch die tausend Schüler, die während der Woche hier ein- und ausgehen, haben mehr damit zu kämpfen als die Besucher des Klosters.
Wie soll ein Museumsbetrieb funktionieren, wo die Räumlichkeiten doch kaum für den Schulbetrieb ausreichen? Chapuis: Es stimmt, wir brauchen mehr Schulraum. Am dringendsten braucht es Raum für den Sportunterricht. Deshalb müssen wir eine Turnhalle bauen. Es läuft ein Wettbewerb und es ist angedacht, zusätzlich zur bestehenden Halle eine unterirdische zu bauen. Doch da die Klosterbesucher nicht während der Schulzeit, sondern am Wochenende kommen, geht das aneinander vorbei. Für beide ist die Erneuerung der Wegführung und der Strasse vorteilhaft. Auch der Zugang zum Abthaus muss aus baulicher Sicht überdacht werden. Mit der Umsetzung des Masterplans wird überlegt, wo allenfalls Lücken – beispielsweise am ehemaligen Standort des Höng-gerhauses, das im Jahr 1883 wegen Baufälligkeit abgerissen wurde – geschlossen werden können und was mit den baufälligen Liegenschaften an der Klosterstrasse 20 und der Sporthalle im Westflügel konkret gemacht wird. Für beide Gebäude bestehen Nutzungsszenarien der Kantonsschule.
Pauli: Wir haben nicht vor, ein Museum einzurichten. Es braucht sicher einen Ankunftspunkt im Sinne eines Besucherzentrums, woBesucher in Empfang genommen und beraten werden, und wo sie eine Starthilfe in die Geschichte des Ortes bekommen. Anschliessend kann das Kloster selbstständig, vielleicht mit einem Audioguide oder in einer Führung erkundet werden.
Wo könnte das sein? Chapuis: Wir haben verschiedene Ideen – eine wäre das Abthaus. Es darf auch nicht vergessen werden, dass das Kloster immer noch als Kirche dient, in der Gottesdienste, Taufen und Hochzeiten gefeiert werden.
Was ist Ihre Vision, die Ihnen zum Kloster Wettingen vorschwebt? Pauli: Ein wichtiges Fernziel ist das 800-Jahr-Jubiläum im Jahr 2027. Was es genau sein wird, ist noch offen. Es ist sicher ein Jubiläum, das es zu nutzen gilt für die Erforschung der Klostergeschichte und die kulturtouristische Positionierung.