Bestellungen rund um die Uhr
300 bis 400 Besucher feierten am Samstag das 75-Jahr-Jubiläum der Papeterie Christen. Geschäftsführer Peter Christen ist hocherfreut.

Haben Sie mit so vielen Besuchern gerechnet? Peter Christen, Geschäftsleiter: Wir haben mit vielen Besuchern gerechnet. Dass wir aber so überrannt werden, war einfach sensationell. Ich glaube, es war beste Werbung für unser Geschäft. Allen Kunden herzlichen Dank.
Sie führen das Geschäft seit bald 50 Jahren in dritter Generation. Wird bald die vierte Generation übernehmen? Nein, die vierte Generation hat andere Pläne. Für den Papeteriebereich führe ich deshalb Gespräche mit möglichen Nachfolgern. Den Philateliebereich möchte ich hingegen noch ein paar Jahre selber weiterführen. Solange ich Lust habe und gesund bleibe ...
Während man sich im Geschäft bei der Gründung vor 75 Jahren auf Papierwaren, Zigarren und Zigaretten spezialisierte, werden heute 40 000 Artikel – vom Bilderrahmen über Schreibgeräte bis hin zu Papeteriewaren – angeboten. Wieso hat man das Sortiment immer wieder geändert und ausgebaut? Am Anfang war das Geschäft ein kioskähnlicher kleiner Laden, der sich entwickelt hat. Nach dem Krieg bot sich die Gelegenheit, das Lager einer Tessiner Papierfabrik zu übernehmen, die mit dem Vertrieb in der Deutschschweiz Probleme hatte. Das Packpapier aus dieser Zeit war der Anfang der Verpackungsmaterialien, von denen wir heute ein grosses Sortiment führen.
Kann man als klassische Papeterie mit der heutigen Konkurrenz wie Warenhäuser und Onlineshop überhaupt noch überleben? Ja, es kann sich lohnen, wenn man es gut macht und zusätzlich Eigenprodukte anbietet. Klassisch sind beispielsweise Papeterien mit Buchbinderei oder Buchdruckerei. Warenhäuser führen unsere Produkte zwar auch, jedoch nicht in dieser Sortimentbreite. Und in ländlichen Gegenden können kleine Papeterien ebenfalls bestehen, weil sie ihr Angebot auf die entsprechenden Kundenwünsche und Kundenbedürfnisse anpassen. Das funktioniert in Stadtnähe weniger.
In Wettingen kommt hinzu, dass an der Landstrasse immer mehr Fachgeschäfte verschwinden. Bekommen Sie das zu spüren? Ja, das wirkt sich negativ aus. Es sollte in der Umgebung auch andere gute Läden haben. Ein Geschäft stützt das andere. Davon ist jedoch nicht nur Wettingen betroffen, sondern auch Baden und andere grössere Gemeinden.
Sie selber bieten zum Laden auch einen Onlineverkauf an. Konkurrenzieren Sie so nicht das Fachgeschäft? Nein, man muss heute beides anbieten. Ein Teil unserer Gesellschaft will rund um die Uhr kaufen können. Wir erhalten Bestellungen, die mitten in der Nacht abgeschickt worden sind.
Hat der klassische Laden denn heute überhaupt noch eine Zukunft? Ja, wenn er mehr bietet als einfach nur Papeteriewaren. Seit 20 Jahren bieten wir beispielsweise den Bereich Philatelie an und sind im Moment der einzige Schweizer Produzent. Wir erhalten zwar Konkurrenz aus Deutschland, die ist jedoch qualitativ nicht ebenbürtig. Daneben importieren wir Spezialitäten aus dem Ausland, beispielsweise Lederartikel, Schreibgeräte, Anhänger-Etiketten für die Industrie, Umreifungsmaschinen usw.
Wenn Sie auf die knapp 50 Jahre zurückblicken: Würden Sie nochmals in die Branche einsteigen? Ja, aber ich würde einiges anders machen, frecher, und ich sehe neben dem Laden hundert andere berufliche Möglichkeiten.