Abschied vom «Winkelried»

Johanna und Josef Willi schliessen das Restaurant Winkelried für immer. Am Montag verabschiedeten sich an der Ustrinkete zahlreiche Gäste.

Josef Willi rührt den Kochlöffel in der Pfanne. Er bereitet ein letztes Mal Hörnli und Ghackets in der Küche des Restaurants Winkelried in Wettingen zu. Der 78-jährige Chefkoch und Wirt und seine Frau Johanna schliessen das 1899 eröffnete «Winkelried» an der Landstrasse für immer. 44 Jahre lang führten sie das Gasthaus, zu dem auch ein Saal, eine Kegelbahn und zehn Hotelzimmer gehören. «Ich fühle mich noch fit und hätte gerne weitergemacht. Das ist meine Stube», sagt Johanna Willi und blickt vom Ausschanktresen runter auf die Gäste. Doch ihr Mann sei ihm Frühling gesundheitlich angeschlagen gewesen und habe beschlossen, dass es Zeit sei, aufzuhören, erzählt die 73-Jährige.

Um sich von Stammgästen und Freunden zu verabschieden, veranstaltete das Wirtepaar am Montag eine Ustrinkete. Der Einladung folgten viele Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter. So griff etwa Beat Huber dem Koch unter die Arme. Er wohnt mit seiner Frau Ida seit elf Jahren in der Wirtewohnung über der Gaststätte. «Um 11 Uhr morgens bin ich schnell runter in die Beiz gekommen, um mir vor dem Mittagessen einen Apéro zu gönnen. Das werde ich vermissen», sagte Huber. Bereits als Bub kannte er das «Winkelried». «Mein Vater war Mitglied beim Wettinger Männerchor Liederkranz. Der Verein probte im Saal des Restaurants und mein Vater nahm mich oft mit.» Huber verliert nicht nur sein Stammlokal, sondern auch sein Zuhause. Bald müssen er und seine Frau die Wohnung verlassen. «Wir sind immer noch verzweifelt auf der Suche nach einer neuen Bleibe.» Ende Oktober werden Strom und Wasser abgestellt. Das Haus ist baufällig. Die Willis investierten nicht mehr und verkauften das «Winkelried» vor wenigen Jahren an eine Immobilienfirma, der auch die Parzelle mit dem ehemaligen Kino Elite nebenan und die angrenzende Liegenschaft an der Landstrasse 44 gehören. Es soll eine Wohnüberbauung entstehen.

Sie feierten hier Weihnachten

Auch Santos Da Costa kam vorbei, um sich bei seinen früheren Arbeitgebern zu verabschieden. «Ich habe zwölf Jahre lang für die Willis gearbeitet und kenne sie seit 34 Jahren», sagte der gebürtige Portugiese aus Wettingen. Am letzten Abend im Einsatz waren auch der langjährige Kellner Branko Acimovic und Esther Willi, die Tochter des Wirtepaars. «Mein Bruder Urs und ich sind hier aufgewachsen», so die 46-Jährige. Bereits vor den Anlässen habe jeweils eine gute Stimmung geherrscht. Wie heute hätten stets viele Freunde mitgeholfen. «Das ‹Winkelried› war ein Begegnungsort, auch für Randständige», erzählte sie. «Es ist schade, dass es zu Ende geht. Wir haben hier immer Weihnachten gefeiert», sagte Leonie Roppel, die Enkelin des Wirtepaars.

In Erinnerungen schwelgten auch Mirjana und Dragan Banovic aus Neuenhof. Sie trainierten mit dem Kegelklub Soko 40 Jahre lang auf der Kegelbahn und trugen im «Winkelried» Meisterschaften aus. «Unsere Vereinspokale waren all die Jahre hier ausgestellt. Jetzt muss ich sie nach Hause nehmen», so Dragan Banovic. Die Ustrinkete begleitete die Jazzband Bride Pipers. «Wir verlieren unser Probelokal. Hier konnten wir sogar unsere Instrumente lagern. Einen neuen Ort zu finden, wird schwierig», sagte Bassist Heinz Hänni. Dank des Auftritts der Band kam trotz Wehmut Stimmung auf und so genossen die Leute ein letztes Mal die Gastfreundschaft der Willis im legendären «Winkelried».

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