Nach Sparvorschlägen der CVP: Fraktionen zeigen (kein) Verständnis

Die CVP-Fraktion des Wettinger Einwohnerrats schlägt Massnahmen für das Budget 2021 vor. Unter anderem die Privatisierung des Gluri-Suter-Huus.

Im Februar hat das Wettinger Stimmvolk das Budget 2020 bachab geschickt. Im April hat der Regierungsrat darüber entschieden. Nun geht im Einwohnerrat bereits die Diskussion um das Budget 2021 los. Dolores Kotrle/Leserfoto
Im Februar hat das Wettinger Stimmvolk das Budget 2020 bachab geschickt. Im April hat der Regierungsrat darüber entschieden. Nun geht im Einwohnerrat bereits die Diskussion um das Budget 2021 los. Dolores Kotrle/Leserfoto

Kleinere Beiträge an Tagesstrukturen, Kooperationen mit anderen Gemeinden im Bereich der Musikschule oder der Gemeindebibliothek, Privatisierung des Gluri-Suter-Huus. Das sind drei der Vorschläge, die die CVP-Fraktion des Wettinger Einwohnerrats in einem Bericht zusammengefasst hat. «Wir machen dies im Wissen, dass es keine populären Vorschläge sind», sagt Fraktionspräsident Christian Wassmer. «Aber irgendwo müssen wir anfangen.» Konkret sieht der Vorschlag neun Punkte vor. Nebst den bereits genannten sind dies: die Hinterfragung der freiwilligen Leistungen. Also jener Leistungen, die durch das Gesetz nicht die Gemeinde regeln muss, so Wassmer. Zudem soll die Gemeinde keine weiteren Stellen schaffen. Die CVP erwartet zudem «Augenmass» bei weiteren Lohnerhöhungen für die Gemeindeangestellten. Sie schlägt zudem vor, anstelle von Strassensanierungen Häuser zu unterhalten. Auch soll der Hochwasserschutz zurückgestellt werden.

Jetzt sei der richtige Zeitpunkt für diese Vorschläge, so Wassmer. «Jetzt beginnt auf der Gemeinde die Planung für das Budget 2021.» Eine Wiederholung vom Budget 2020 wolle die CVP verhindern. Der Einwohnerrat lehnte die erste Version des Budgets 2020 im Oktober 2019 ab, genehmigte die zweite Fassung im Dezember 2019. Im Februar lehnte das Volk das Budget jedoch mit 75 Prozent ab. Es wollte keine Steuererhöhung von 95 auf 100 Prozent. Der Regierungsrat entschied schliesslich im April zugunsten des Volkes. Somit bleibt der Steuerfuss wie gehabt. 

Der Wettinger Gemeinderat gibt keinen Kommentar ab

Der Gemeinderat habe die Vorschläge zur Kenntnis genommen, werde sie aber nicht kommentieren, sagt Gemeindeschreiber Urs Blickenstorfer. «Der Gemeinderat hat mit dem Erarbeiten  des Budgets 2021 angefangen. Er hat den Auftrag, dem Parlament ein Budget vorzulegen. Dies unter Würdigung des Regierungsratsbeschlusses und der politischen Vorstösse, die es zum Thema bereits gibt.» 
Als einzige Fraktion lehnt die Fraktion SP/WettiGrüen die Vorschläge der CVP vollständig ab: «Ein kompletter Schuldenabbau nützt der nächsten Generation nichts, wenn am Ende dadurch keine attraktive Infrastruktur mehr vorhanden ist», schreibt Co-Fraktionspräsidentin Mia Gujer. Für die Fraktion sei auch eine Steuerfuss­erhöhung noch nicht vom Tisch: «Nur durch eine sinnvolle Steuerfusserhöhung kann der Schuldenabbau vorangetrieben und ein weiterer Leistungsabbau verhindert werden.»

Die Fraktion EVP/Forum5430 zeigt sich mit den Vorschlägen zu den Tagesstrukturen, der Musikschule, den Kooperationen und dem Hochwasserschutz teilweise einverstanden, wie Fraktionspräsidentin Fränzi Widmer schreibt. Strassensanierungen zugunsten von Liegenschaftsunterhalt drosseln will sie nicht: «Nötige Sanierungen müssen vorgenommen werden, egal ob im Strassen- oder Gebäudeunterhalt.»
Die GLP wiederum sei etwas befremdet über die Sparvorschläge der CVP. «Schliesslich hat die GLP sowie mehrheitlich auch die SVP in den letzten Jahren immer wieder Kürzungsanträge und Rückweisungsanträge zu gewissen Budgetposten vorgeschlagen», schreibt Fraktionspräsidentin Ruth Scheier. Als Beispiele nennt sie Rückweisungsanträge zum Minikreisel oder zum 975-Jahr-Fest. Im Einwohnerrat seien diese allerdings nicht durchgekommen, weil unter anderem die CVP sie abgelehnt hätte. Zudem sei die GLP der Meinung, die Gemeinderatsparteien sollen ihre Gemeinderäte dazu auffordern, «konsensfähige, signifikante Sparvorschläge mit der Verwaltung zu bringen». Denn Sparen sei eine Exekutivaufgabe. 

Die FDP-Fraktion hat sich ebenfalls in einer ausserordentlichen Fraktionssitzung getroffen, wie Präsidentin Judith Gähler schreibt. Dabei habe man sich Gedanken über die Wettinger Finanzen gemacht. Die Vorschläge der CVP erachtet die FDP als «solide Diskussionsgrundlage», die ihren Gedankengängen nahekämen. Die FDP-Fraktion sieht zudem weiteres Sparpotenzial im Personalwesen: Sie schlägt vor, auf weitere Stellen oder gesetzlich nicht geforderte Aufgaben zu verzichten. 

Die Diskussion um das Budget 2021 scheint lanciert zu sein

SVP-Fraktionspräsidentin Michaela Huser zeigt sich erfreut über die Vorschläge der CVP. Sie weist auf die leistungsorientierte Verwaltungsanalyse (Lova II) von 2016 hin: «Viele der dazumal eruierten Handlungsfelder werden nun in der Stellungnahme der CVP-Fraktion wieder angesprochen.» Das gebe Hoffnung, dass die Sparbemühungen der SVP-Fraktion der vergangenen Jahre doch noch fruchten.
Seit Anfang Jahr redet die Interessengemeinschaft Attraktives Wettingen in der Budgetdiskussion mit. In der aktuellsten Debatte schreibt Vorstandsmitglied Thomas Bodmer: «Die Gemeinderatsparteien sollen ihre eigenen Gemeinderäte überzeugen, endlich signifikante Sparvorschläge zu präsentieren.» Für diese Vorschläge diene die Lova II als Grundlage. Die Stellungnahme ähnelt jener von SVP und GLP. Mögliche Erklärung dafür: Zwei der vier IG-Mitglieder, Orun Palit und Martin Fricker, sind Mitglieder der GLP- beziehungsweise der SVP-Fraktion des Wettinger Einwohnerrats. Die Meinung der IG sei aber keineswegs jene der SVP, meint Huser dazu.

Christian Wassmer sagt, die CVP-Fraktion wolle mit ihren Vorschlägen die Diskussion lancieren. Das scheint ihr gelungen zu sein. 

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