Wenn Enten auf Strassen unterwegs sind: Für ihren Schutz ist niemand zuständig

Wer ist für den Schutz von Stockenten verantwortlich, wenn diese auf ihrem Weg an die Limmat stark befahrene Strassen überqueren müssen? Die Frage lässt sich nicht abschliessend beantworten.

Am vergangenen Sonntag musste die Regionalpolizei in Wettingen ausrücken, um eine Entenmutter mit ihren Jungen an die Limmat zu begleiten. zVg
Am vergangenen Sonntag musste die Regionalpolizei in Wettingen ausrücken, um eine Entenmutter mit ihren Jungen an die Limmat zu begleiten. zVg

Der Wettinger Leonardo Curcuruto macht sich Sorgen um Stockenten: «Beim grossen Verkehrsaufkommen ist die Chance gross, dass die Enten auf ihrem Weg an die Limmat überfahren werden», sagt er gegenüber der Limmatwelle. Er hat sein Anliegen auch in einem Facebook-Post auf der Seite «Du bisch vo Wettige wenn...» publik gemacht. 

Konkret geht es um diesen Fall: Im Weiher des Friedhofs Brunnenwiese brüten jedes Jahr im Frühling Stockenten ihre Jungen aus. So auch dieses Jahr. Am vergangenen Sonntag hat Curcuruto bei einem Spaziergang eine Entenmutter und acht Jungtiere entdeckt. Nach einigen Tagen würden sie sich auf den Weg an die Limmat machen. «Wahrscheinlich, weil die Enten rund um den Weiher zu wenig Futter haben», begründet der 48-Jährige. Der Weg an die Limmat führe via Bifang- und Landstrasse über den Tägipark an die Limmat. «Das ist gefährlich für die Enten.» In den vergangenen Jahren haben laut Curcuruto Privatpersonen die Enten auf ihrem Weg zum Fluss begleitet. So auch am vergangenen Sonntagnachmittag, als sich die Entenmutter mit ihren Küken auf den Weg an die Limmat machte. Mehrere Helfer, darunter auch Curcuruto, begleiteten die Tiere. Dabei ist es laut dem Wettinger zu turbulenten Szenen gekommen: «Als die Ente die Bahngleise hinter dem Tägi­park überqueren wollte, senkten sich die Schranken.» Die von Drittpersonen gerufene Regionalpolizei Wettingen-Limmattal konnte per Telefon den Zug anhalten lassen. 

Trotzdem: Curcuruto wünscht sich mehr Schutz: «Indem wir sie schützen, können wir den Wildtieren etwas zurückgeben.» Der Medizintechniker hat laut eigenen Angaben auch schon mit dem Wildhüter und der Regionalpolizei Kontakt gehabt. Es fühle sich aber niemand für dieses Thema verantwortlich. 

Weil Wildtiere herrenlos sind, sei niemand für sie verantwortlich

Die Frage nach dem Schutz von Wildtieren lässt sich nicht abschliessend beantworten, wie Erwin Osterwalder, Fachbereichsleiter Jagd der Sektion Jagd und Fischerei vom Kanton Aargau, auf Anfrage erklärt:  «Wildtiere sind herrenlos. Sie gehören niemandem.» Daher sei auch niemand verantwortlich. «Wenn eine Stockente auf eine starkbefahrene Strasse zuläuft, ist jeder Autofahrer selbst dafür verantwortlich, dass er das Tier nicht überfährt», so Osterwalder weiter. Sehe aber ein Passant, dass eine Ente mit ihren Jungen eine stark frequentierte Strasse überqueren will, dies aber wegen des Verkehrs nicht schafft, soll er sich an die Polizei oder den zuständigen Jagdaufseher wenden. Beide würden aber erst aktiv, wenn ein konkreter Fall vorliege. «Prophylaktisch eine Strasse sperren, damit sie eine Ente vielleicht einmal überqueren kann, kann man nicht», so Osterwalder. 

Jedes Jagdgebiet hat einen eigenen Jagdaufseher. Arno Heinz ist der zuständige Jagdaufseher für das Gebiet Wettingen-Ennetbaden. Er pflichtet Osterwalder bei: «In einer solchen Situation kann entweder die Polizei oder der Jagdaufseher helfen.» Gehe der Anruf bei der Polizei ein, leite es diese weiter an ihn. Dann komme entweder er oder die Polizei an den Ort. «Entweder begleite ich die Tiere an die Limmat oder eine Gruppe fängt sie ein und trägt sie zum Fluss.» Geht es aber darum, eine Strasse zu sperren, müsse man hingegen die Polizei einschalten: «Nur die Polizei hat die Berechtigung dafür.» Auch er sagt: «Wir werden erst tätig, wenn uns jemand darauf aufmerksam macht. Vorher können wir nichts tun.» Zudem sollen sich auch die Autofahrer achten. So wie bei Rehen und anderen Wildtieren auch. 2019 habe er mehrmals Enten vom Wettinger Dorfkern an die Limmat begleitet oder getragen. Enten auf dem Friedhofsweiher in Wettingen seien kein Einzelfall: Enten und Vögel würden gerne auf Balkonen, Flachdächern oder in Gärten nisten. Ist kein Gewässer in der Nähe, machen sie sich auf die Suche nach einem. Ein anderes Beispiel ist etwa der Franzosenweiher in Spreitenbach: Dort nisten derzeit Stockenten. Die Jungen sind geschlüpft. 

Polizei benachrichtigen ist laut Kommandant nicht falsch

«Es kam in den vergangenen Jahren gelegentlich vor, dass uns solche Szenarien gemeldet wurden», sagt Roland Jenni, Kommandant der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal, auf Anfrage. Mit «solchen Szenarien» meint er Enten an Strassenrändern. Wenn jemand in einer solchen Situation die Polizei benachrichtigt, mache er es nicht falsch, so der Kommandant weiter. «Unsere Patrouillen werden dann aufgeboten, schauen den Fall an und entscheiden, wie er gelöst werden kann.» Dann würde die Repol die Enten zum Beispiel über die Strasse begleiten. «Einfangen tun wir sie nicht. Dafür sind wir nicht ausgerüstet.» In der Regel reiche es, wenn man sie ein Stück aus den gefährlichen Verkehrszonen begleite. «Wenn nötig, müssen wir punktuell kurz den Strassenverkehr anhalten», sagt Jenni. Grundsätzlich sei die Jagdaufsicht für Wildtierrettungen zuständig. Aber das Ganze sei schon auch eine Verbundaufgabe der verschiedenen Stellen. 

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