Die Spitexvereine sorgen für etwas Normalität im Coronaalltag

Die Coronakrise hat den Arbeitsalltag der lokalen Spitexvereine verändert. Sie kämpfen um Schutzmaterial und erleben Belastendes, aber auch viel Solidarität.

Die drei Spitexvereine Wettingen-Neuenhof, Würenlos und Killwangen-Spreitenbach müssen sich derzeit besonderen Herausforderungen stellen. Etwa dem Beschaffen von genügend Material.  Bruno Kissling/Archiv
Die drei Spitexvereine Wettingen-Neuenhof, Würenlos und Killwangen-Spreitenbach müssen sich derzeit besonderen Herausforderungen stellen. Etwa dem Beschaffen von genügend Material. Bruno Kissling/Archiv

«Kompetent umsorgt zuhause, auch in schwierigen Zeiten»: Der Leitspruch auf der Website der Spitex Wettingen-Neuenhof erhält in Zeiten der Coronakrise noch mehr Gehalt. Die Arbeit der Spitexvereine in der Region geht trotz Pandemie weiter. Die Mitarbeitenden geben Seniorinnen und Senioren in dieser Ausnahmesituation ein Stück Normalität. Doch der Arbeitsalltag der Spitex ist alles andere als normal.

«Wir mussten einen unglaublichen Aufwand betreiben, um Material zu beschaffen», sagt Andreas Kaufmann, Geschäftsleiter der Spitex Wettingen-Neuenhof. Schutzmasken, -anzüge und Desinfektionsmittel seien stark vergriffen gewesen. Um die Klienten und sich selbst zu schützen, tragen die 60 Mitarbeitenden Masken. Wenn ein Coronaverdacht bestehe, müsse zudem mit Schutzanzug und -brille gearbeitet werden. Ausserdem müssten Klienten dann ebenso eine Maske anziehen, bevor Spitexmitarbeiter das Zuhause betreten.

Das Büro wurde in ein Materiallager umfunktioniert

Mittlerweile hat der Verein wieder genug Material. Dies auch dank der grossen Solidarität aus Wettingen und Neuenhof. «Die Baufirma Hächler stellte uns ihre Schutzanzüge zur Verfügung, die Rathausapotheke unterstützt uns mit Desinfektionsmittel und die Gemeinde Neuenhof überliess uns ebenfalls einen Teil ihrer Schutzmaskenvorräte», erzählt Kaufmann. Er arbeitet derzeit im Home Office. «Nicht nur um Abstand zu wahren, sondern weil mein Büro in ein Materiallager umfunktioniert wurde.» Die Coronakrise bringe auch Versäumnisse zum Vorschein: «Aufgrund des jahrelangen Spardrucks wurden die Kosten auf ein Minimum runtergeschraubt. Das rächt sich in dieser Notlage.» Kaufmann hofft, dass nach der Krise diesbezüglich ein Umdenken stattfindet. «Es wird oft vergessen, dass die Spitex der verlängerte Arm der Spitäler ist. Wenn die Leute nicht mehr im Spital versorgt werden, übernehmen wir.» Das sei auch bei der Pflege von Coronapatienten der Fall. Bisher ist noch keiner der rund 350 Klienten der Spitex Wet­tingen-Neuenhof an Covid-19 erkrankt. «Falls es aber Fälle geben sollte, werden wir uns auf die notwendigsten und dringendsten Einsätze konzentrieren, um uns um diese Klienten kümmern zu können», sagt er.

Bei der Spitex Würenlos sieht es anders aus: 3 der 175 Klienten sind im Spital am Virus gestorben. «Eine weitere Person wurde positiv auf den Virus getestet und wird von uns zuhause gepflegt. Bei zwei weiteren Klienten vermuten wir, dass sie sich mit Covid-19 angesteckt haben», sagt Monika Ender, Geschäftsleiterin der Spitex Würenlos. Für die 22 Mitarbeitenden sei es sehr belastend zuzuschauen, wie gewisse Klienten trotz allen Vorsichtsmassnahmen erkranken und zum Teil auch sterben würden. «Es ist erschreckend, zu sehen, wie dieser Virus unsere Klienten umhaut und sie beinahe keine Chance dagegen haben.» Die Angestellten seien sich der Gefahr bei der Arbeit bewusst. «Sie haben aber keine Angst, sind mutig und gehen mit der Situation und den Schutzmassnahmen unkompliziert um», sagt Ender. Schwerer falle es den Angehörigen der Mitarbeitenden, die sehr besorgt seien.

Angehörige schicken Pralinés und Blumen als Dank

Die Materialbeschaffung verursacht bei der Spitex Würenlos ebenso Probleme: «Es ist ein Kampf, Schutzmaterial aufzutreiben», sagt Ender. Was auf dem Markt zu finden sei, sei überteuert, und auf die Lieferanten könne man sich nicht mehr verlassen. «Wir hatten so wenig Überschürzen, dass unser Präsident Nico Kunz vor drei Wochen einen Aufruf auf Facebook startete», erzählt Ender. Das habe geholfen. «Private und Firmen spendeten uns Material, darunter sogar ein Malereibetrieb aus dem Glarnerland.» Für diese Hilfe sei man sehr dankbar. Und auch die vielen positiven Rückmeldungen gäben Kraft, sagt Ender. «Angehörige unserer Klienten, die zum Teil bereits verstorben sind, schicken uns Pralinés und Blumen, um sich bei uns zu bedanken. Das zeigt, dass unsere Arbeit geschätzt wird.» 

Die Spitex Spreitenbach-Killwangen verzeichnet aktuell keine Ansteckungen bei ihren rund 100 Klienten. «Wir haben sehr früh reagiert und tragen von Arbeitsanfang bis -ende Mundschutz und Handschuhe. Diese Arbeitsweise ist nicht sehr angenehm, aber wir merken, dass die Klienten sowie die Mitarbeitenden sich so sicherer fühlen», sagt Martina Studerus Mayr, Geschäftsleiterin der Spitex Spreitenbach-Killwangen. Verändert habe sich zudem der Informationsbedarf der Klientinnen und Klienten. «Einige rufen bei uns im Büro an, weil sie Informationen bezüglich der aktuellen Lage wünschen, andere wollen einfach etwas plaudern.» Die Spitex Spreitenbach-Killwangen nehme sich für die Klienten gerne Zeit und kläre sie auf. «Auch geben wir Tipps zum Beispiel über Einkaufsmöglichkeiten von Freiwilligen in den Gemeinden», sagt Studerus Mayr. 

Genug Material hat das 29-köpfige Team bisher noch. «Neues zu beschaffen, ist in der momentanen Lage aber schwierig. Das Bestellen des Materials ist ein zeitaufwändiges Verfahren geworden», sagt Studerus Mayr. Sie freut sich über die Wertschätzung ihrer Klienten: «Die Solidarität in Spreitenbach und Killwangen ist enorm. So wurden wir über die Gemeinden vom Zivildienst angefragt, ob wir Hilfe zur Entlastung des Personals benötigen.» Auch Privatpersonen, die Kurzarbeit haben, würden ihre Hilfe anbieten, so Studerus Mayr. «Wir schätzen den Zusammenhalt in dieser aussergewöhnlichen Lage sehr.»

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