Stiller Macher im Hintergrund

Er liebt die Abwechslung zwischen Handwerk und Politik und bezeichnet sich als stillen Schaffer: Trotz einem Dämpfer stellt sich Markus Haas als Gemeinderat nochmals zur Wahl.

Markus Haas freut sich über die Ankunft des neuen Wahlkampfplakates.rsz
Markus Haas freut sich über die Ankunft des neuen Wahlkampfplakates.rsz

«Gehen wir doch in mein Besprechungszimmer», sagt Markus Haas (FDP) und lacht. Haas führt mit Peter AG, Bodenbelag- und Wohncenter, eine eigene Firma. Dies in dritter Generation und (leider) wohl in letzter, wie er orakelt. Er geht durch die verwinkelten Gänge seines Geschäfts und führt in einen ruhigen Raum mit zwei Sofas und Wandteppichen. Neben der Sitzgruppe steht ein altes Wahlplakat. «Die neuen sind eben angekommen», sagt Markus Haas. «Diese befinden sich aber noch im Auto.» In diesen Raum hier zieht sich Haas auch zurück, wenn er mal seine Ruhe braucht, in Ruhe etwas für sich tun möchte oder, als er Gemeinderat war, für diesen hier seine Arbeiten erledigte.

Beim Handwerken zur Ruhe kommen

Markus Haas ist viel und gern unterwegs bei Kunden. «Ich mag das. Ich bin ein bodenständiger Handwerker und ich liebe das Bodenverlegen, das Montieren der Vorhänge und der Beschattungen, die Beratungen. Die Büroarbeit gehört aber halt auch zum Geschäft – und zum Gemeinderat. Meine Söhne meinen zwar hin und wieder, ich rede wie ein Politiker und nicht wie ein Handwerker. Aber Politik gehört halt eben seit Jahren auch zu mir. Es ist genau diese Abwechslung zwischen Handwerk und Politik, die mich so fasziniert. Wenn bei den Sozialen Diensten mal wieder etwas geschehen ist oder mich jemand verärgert hat, kann ich beim Bodenherausreissen oder Hämmern wieder runterfahren und zur Ruhe kommen. Das ist toll», sagt Markus Haas.

Seine Arbeit habe ihm viel Menschenkenntnis beigebracht. Über Wohnungen anderer Menschen lerne man so einiges, sagt Haas, will aber nicht spezifizieren, «sonst haben die Leute dann Angst vor mir». Er lacht herzhaft. Aus unterschiedlichen Gesprächsthemen und Situationen lernt man viel. Man muss hinhören können und auch manchmal «zwischen den Sätzen» hören. «Es gefällt mir, bei den Leuten zu sein und auch an speziellen Orten.» Er erzählt, als Beispiel, von Kundschaft, die an erhöhter Lage wohnt, mit freier Sicht auf Stadt und Alpen, und er dann beim Bodenlegen noch diesen wunderbaren Sonnenuntergang bestaunen durfte – dann denke er einfach: «Wow, ist das schön.» Haas gerät richtiggehend ins Schwärmen. Einmal habe er von wohlhabenden Kunden nach einem Tag Arbeit den Schlüssel bekommen, um sich Zugang zum Haus verschaffen zu können. «Es ist toll, wenn einem Vertrauen entgegengebracht wird.»

Das Wettinger Volk allerdings hat ihm eben dieses Vertrauen im Herbst nicht nur nicht zugesprochen, sondern gar entzogen. An seiner Stelle hätte es der parteilose Andrea Bova in den Gemeinderat geschafft. «Im Geheimen habe ich damit gerechnet. Für meine Frau war es jedoch schwer, dies zu verkraften», sagt Haas über seine Wahlniederlage. «Sonst bin ich immer ein Optimist, aber da habe ich es gespürt. Die Ausgangslage mit der GLP, der SVP und Andrea Bova sei anders gewesen, sodass es für ihn rein rechnerisch kaum habe aufgehen können. Auch wenn er damit gerechnet habe, sei das für ihn eine Enttäuschung gewesen. «Eigentlich war für mich Ende Jahr fertig», sagt Haas.

Viel Zuspruch erhalten

Der grosse Zuspruch aus der Bevölkerung, von Kunden, auch aus vielen politischen Lagern hat ihn dann dazu bewogen, es noch einmal zu überdenken. Das passt, denn Haas’ politische Mission ist noch nicht zu Ende, wie er selber sagt. «Ich habe in den vergangenen Jahren im Ressort Gesundheit und Soziales sehr viel Aufbauarbeit geleistet», sagt Haas über seine Tätigkeit als Gemeinderat.

Bei seiner Ressortübernahme 2018 sei der Soziale Dienst arg ramponiert und der «Ruf» schlecht gewesen. Es brauchte dann eben schon einen so grossen Optimisten wie ihn, um den «Karren» aus dem Dreck zu ziehen. «Manchmal war dies sehr belastend und alles andere als angenehm», sagt Haas heute und verweist zum Beispiel auf die Geschichte mit den umstrittenen Rückforderungen von Sozialhilfegeldern aus Altersvorsorgegeldern. «Ich habe selbstverständlich Zahlen und Fälle. Ich darf und will darüber jedoch nichts sagen und kann mich leider öffentlich nicht verteidigen», sagt Haas über seine Schweigepflicht.

Überhaupt bezeichnet sich Haas nicht unbedingt als medienaffin. «Ich spreche selten mit Journalisten. Gefühlt drehen diese mir zu oft das Wort im Mund herum. Ich verkaufe mich nicht gern», sagt Haas. «Und mein Ressort war auch eines, welches sich nur schwer ‹verkaufen› liess. Ich bin ehrlich und in meiner Wortwahl halt bodenständig und gerade heraus. Da unterscheide ich mich von Berufspolitikern mit deren geschliffenen Wortwahl», hält Haas fest. «Diese Ehrlichkeit ist leider nicht immer förderlich in der Politik, aber das bin halt ich!»

Statt in der Öffentlichkeit zu stehen, sei er lieber ein stiller Macher, der im Hintergrund wirkt. «Das habe ich wohl mit Markus Bader gemeinsam», sagt Haas über seinen Kontrahenten. «Wir sind beide die Stillen.» Im Gegensatz zu Bader übernahm Markus Haas aber bereits während vier Jahren viel Verantwortung und musste teils schwierige Entscheide treffen. «Und der Sprung vom Einwohnerrat in den Gemeinderat ist riesig, das ist etwas ganz anderes.»

Und wenn es mit dem Gemeinderatsplatz nicht klappt und er – trotz breiter Unterstützung der meisten Parteien – nicht gewählt würde? «Mir wird nicht so schnell langweilig.» Haas muss wieder lachen, lacht überhaupt viel. Er führe immer noch ein Geschäft und das Amt als Gemeinderat sei für ihn ein Nebenamt. Eines, das allerdings auch viel Zeit beansprucht. «Aber das machte und mache ich sehr gerne.» Sonst lese er gerne, am liebsten die analytischen Thriller des norwegischen Schriftstellers Jo Nesbø. Oder dann schaue er auch mal gerne Serien wie Star Wars oder Star Trek. «Etwas, bei dem es klöpft und tätscht und ich nicht so viel überlegen muss. Auch das hilft mit beim Runterfahren, nicht nur das Bodenherausreissen», sagt Haas und setzt wieder sein ansteckendes Lachen auf.

Übrigens etwas Weiteres, was Bader und Haas – abgesehen vom Vornamen – gemeinsam haben: Auch Haas mag Modellbau, spezifisch seine Eisenbahn.

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