Gekürzte Betreuungszeiten

Ab dem neuen Schuljahr verkürzen sich die Betreuungsgszeiten im Kindergarten um 25 Minuten. Eine Gruppe Eltern aus dem Kindergarten Rosenau wehrt sich dagegen.

Kindergärtler müssen auf dem Weg Strassen überqueren. (Bild: Barbara Scherer / Archiv)
Kindergärtler müssen auf dem Weg Strassen überqueren. (Bild: Barbara Scherer / Archiv)

«Wir sind mit den Kürzungen der Blockzeiten nicht einverstanden», sagt Shira Lüthi im Namen von 21 Müttern und Vätern des Kindergartens Rosenau 2. Die Kürzung soll in allen Wettinger Kindergärten aufs Schuljahr 2021/2022 umgesetzt werden. Neu müssen Kindergärtler den Kindergarten spätestens um 11.45 Uhr verlassen – 15 Minuten früher als bisher. Zudem können sie nicht mehr bereits um 8 Uhr eintrudeln, sondern erst um 8.10 Uhr. «Das ist ein Problem, insbesondere für Eltern, die in Zürich arbeiten oder studieren und dadurch die gute Zugverbindung um 8.20 Uhr verpassen», sagt Lüthi.

Der Grund der verkürzten Empfangs- und Verabschiedungszeiten liegt gemäss Gemeinderat Sandro Sozzi (CVP) in einer neuen Vorgabe des Kantons. Gemäss dieser dürfen maximal zwei Lektionen pro Woche für Betreuungsaufgaben eingesetzt werden. Heute wird an den Kindergärten gemäss dieser Rechnung mehr Zeit dafür aufgewendet. Nach der letztjährigen Kürzung auf Primarstufe werden nun auch die Zeiten im Kindergarten gekürzt.

Gemeinden müssten die Mehrkosten übernehmen

Möchte die Gemeinde diese Empfangs- und Verabschiedungszeiten beibehalten, müsste sie selbst für die Kosten aufkommen. «Pro Jahr würde das die Gemeinde rund 80000 Franken kosten», sagt Sozzi, der dem Ressort Bildung und Soziales vorsteht. Angesichts der aktuell angespannten Finanzlage in Wettingen will der Gemeinderat dieses Betreuungsangebot nicht finanzieren. «Zumal die Gemeinde bereits ein gutes Tagesstruktur-Angebot hat, das von der Gemeinde subventioniert wird.»

Seit August 2013 führt die Kidéal AG im Auftrag der Gemeinde an sieben Standorten einen Mittagstisch. Im Langäcker und Altenburg können Eltern ihr Kind auch vor Schul- oder Kindergartenbeginn von 7 bis 8 Uhr betreuen lassen, an fünf Standorten wird auch nachmittags bis 18 Uhr Betreuung angeboten. Seit einem Jahr gibt es für Kindergärtler, die am Mittwochmorgen frei haben, ein separates Betreuungsangebot.

Blockzeiten als Pflicht

«Aus Sicht der Gemeinde bieten wir mit der lückenlosen Betreuung von 7 bis 18 Uhr ein Superangebot an», so Sozzi. Damit werde die Initiative, die der Souverän am 17. Juni 2012 gutgeheissen hat und zur Einführung der Tagesstrukturen führte, auch nach der 15-minütigen Kürzung noch erfüllt, so Sozzi.

Das sieht Shira Lüthi anders. Für sie ist die Einhaltung der Blockzeiten von 8 bis 11.50 Uhr Pflicht. Die Gemeinde habe sich nach Überweisung der Initiative von Gesetzes wegen dazu verpflichtet. «Wir erwarten, dass die jetzige Dauer der Blockzeiten bleibt.» Sollte die Gemeinde bei ihrer Sichtweise bleiben und die 15-minütige Kürzung vornehmen, würde sich die Gruppierung aus dem Kindergarten Rosenau weitere Schritte überlegen, so die Informatikerin.

Schulweg mit Strassenquerung

«Gerade die jüngeren Kindergärtler haben oftmals Abschiedsprobleme und müssen auf dem Weg begleitet werden», so Lüthi. Nicht alle Berufstätigen hätten Verwandte und Bekannte in der Nähe, die beim Begleiten unterstützen können. Der spätere Empfangsbeginn im Kindergarten habe zur Folge, dass auch Eltern später am Arbeitsplatz ankommen. Gerade für Eltern, die selbst an einer Schule arbeiten oder Anschlüsse an ein öffentliches Verkehrsmittel verpassen, seien diese Minuten entscheidend.

Für die zweifache Mutter ist auch die Situation des Mittagstischs unbefriedigend. Auf dem Weg vom Kindergarten Rosenau bis zur Bezirksschule, wo der Mittagstisch für diese Kinder durchgeführt wird, müssen die Kinder die Bahnhofstrasse passieren. «Von einem vierjährigen Kind kann man nicht erwarten, dass es alleine eine stark befahrene Strasse überquert.» Aus diesem Grund sei das Mittagstischangebot für einige Eltern unbefriedigend. «Ich weiss von einem Grossvater, der deswegen extra von Spreitenbach nach Wettingen kommt, um sein Grosskind auf dem Weg in den Mittagstisch zu begleiten.»

Nähe zu Zürich als Standortvorteil

«Viele Eltern ziehen nach Wettingen, weil es so nah bei Zürich ist, wo sie berufstätig sind», sagt Lüthi. Für sie sei es ein Muss, dass die Tagesstrukturen im Wohnort entsprechend funktionieren. Dem widerspricht auch Sozzi nicht. Allerdings sieht er das Grundangebot als erfüllt und weiss auch um die politischen Diskussionen, die die Mehrausgaben zur Folge hätten. Ein im 2019 eingereichtes, noch nicht beantwortetes Postulat verlangt, dass Eltern mit steuerbarem Einkommen ab 100000 Franken keine Subventionen erhalten, wenn ihre Kinder Angebote der Tagesstruktur nutzen.

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