Vorstoss im Grossen Rat betreffend gebundene Ausgaben

Grossrat Tim Voser (FDP) hat im Oktober gemeinsam mit Fraktionskollegin Denise Strasser einen Vorstoss mit dem Titel «Finanzielle Fesseln lösen – Wachstum der gebundenen Ausgaben stoppen» im Kantonsparlament eingereicht. Der Regierungsrat soll prüfen, wie das zunehmende Wachstum der vom Kanton verursachten gebundenen Ausgaben der Gemeinden eingedämmt und der finanzielle Handlungsspielraum der Gemeinden gestärkt werden könne. Insbesondere solle aufgezeigt werden, wie die finanziellen Lasten bei den gesetzlich vorgeschriebenen Aufgaben gerechter zwischen Kanton und Gemeinden verteilt werden können. Ausserdem sollten Massnahmen deklariert werden, welche die Gemeindeautonomie im finanziellen Bereich insgesamt stärken könnten.

Was bedeutet für Sie eine gerechtere Verteilung der Kosten vom Kanton an die Gemeinden? Beispielsweise «nur» 60 %? Tim Voser: Das muss die Prüfung des Regierungsrates aufzeigen. Klar ist aber: Viele Gemeinden spüren bereits eine kleine Reduktion der vom Kanton verursachten gebundenen Ausgaben sehr deutlich. Jede Entlastung hilft. Deshalb braucht es eine ernsthafte Prüfung, wie die Kosten fairer verteilt werden können und welche Aufgaben der Kanton den Gemeinden überhaupt zwingend vorschreiben muss.

Können Sie Beispiele von gebundenen Ausgaben nennen, die vermehrt vom Kanton übernommen werden sollten? Bei der Pflegefinanzierung beispielsweise oder bei der Übernahme der Krankenkassen-Verlustscheine. Diese Kosten setzen die Gemeinden primär unter Druck.

Sie sehen als Präsident der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde Neuenhof genauer in die Finanzen. Hat Sie diese Tatsache dazu bewogen, diesen Vorstoss einzureichen? Der Vorstoss ist keine Lex Neuenhof. Aber in meiner Arbeit in der Fiko sehe ich sehr deutlich, wie klein der finanzielle Handlungsspielraum vieler Gemeinden geworden ist. Neuenhof ist ein Beispiel dafür – aber bei Weitem nicht das einzige. Viele Gemeinden können gerade noch ihre Pflichtleistungen erfüllen. Von echter finanzieller Autonomie kann vielerorts nicht mehr die Rede sein. Das zeigt, dass hier ein strukturelles Problem vorliegt.

Wie gross sehen Sie die Chance, dass der Regierungsrat mit einer echten Lösung antworten kann? Wenn der Grosse Rat den Vorstoss überweist, muss der Regierungsrat Lösungen prüfen. Und ich bin überzeugt, dass er das auch kann: Der Kanton verfügt über erhebliche finanzielle Reserven. Wenn er nicht nur die eigene Kasse im Blick hat, sondern auch das Wohl der Gemeinden, dann sind echte Lösungsansätze möglich.

Grundsätzlich sind gebundene Ausgaben eine Belastung, auch für den Kanton. Sehen Sie ganz allgemein eine Lösung, solche Ausgaben zu senken? Gebundene Ausgaben sind letztlich ein Symptom dafür, dass wir dem Staat, auf allen Ebenen, immer mehr Aufgaben übertragen. Wenn wir diese Entwicklung ernsthaft bremsen wollen, müssen wir uns fragen, ob der Staat wirklich für immer mehr Bedürfnisse verantwortlich sein soll oder ob wir ihn wieder stärker auf seine Kernaufgaben konzentrieren lassen. Nur so lassen sich gebundene Ausgaben langfristig begrenzen.

Auf welche konkreten Staatsaufgaben könnte man Ihrer Meinung nach verzichten und wer soll sich stattdessen darum kümmern? Ein Beispiel ist die familienergänzende Kinderbetreuung. Heute sind alle Gemeinden verpflichtet, ein Angebot für Kinder bis zum Abschluss der Primarschule sicherzustellen. Ob dieser flächendeckende Zwang für jede Gemeinde wirklich notwendig ist, darf bezweifelt werden. Hier sollte man den Gemeinden wieder mehr Entscheidungsspielraum geben. Heutzutage besteht meist ein ausreichendes Angebot, auch ohne kantonalen Zwang.

Grundsätzlich gibt es zahlreiche Bereiche, in denen man entschlacken und Kosten senken könnte. In der Sozialhilfe stellt sich etwa die Frage, ob sie tatsächlich nur von Personen bezogen wird, die unverschuldet in Not geraten sind. Im Baurecht führen immer komplexere Regulierungen dazu, dass Gesuche aufwendiger werden und die Bauabteilungen immer mehr Personal benötigen. Ähnliches zeigt sich in den Schulen: Die integrative Schule, von der Gemeinden nicht abweichen dürfen, verursacht enorme Kosten und nimmt den Gemeinden jeglichen Spielraum.

All diese Politikfelder könnten vereinfacht werden. Das würde nicht nur die Verwaltung entlasten, sondern vor allem den Gemeinden wieder mehr finanziellen Handlungsspielraum geben. Denn je mehr Leistungen der Staat erbringt, desto weniger flexibel bleibt er finanziell.(bär/ihk)

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