Biker wollen Singlet rails abseits der breiten Waldstrasse
Mountainbiker wollen die Bike-Infrastruktur im Gebiet der Lägern verbessern – nicht zur Freude von allen. Bis es offizielle Singletrails gibt, dürfte es dauern.
Die Freizeitnutzung im Wald ist im Aargauischen Waldgesetz geregelt. Gemäss Paragraf 13 ist das Fahren abseits von Waldstrassen und Waldwegen eine «nachteilige Nutzung», sprich nicht erlaubt. «Als Waldweg gilt, wenn der Weg etwa zwei Meter breit und eingekiest ist, Ausnahmen müssen bewilligt werden», sagt Maurus Landolt von der Abteilung Wald beim Kanton Aargau. Doch im Wald werden auch schmale Wanderwege und Ähnliches zum Biken genutzt. «Gemäss dieser Definition wären viele Biker auf unerlaubten Wegen unterwegs», sagt der Wettinger Robin Bauer und Markus Roth doppelt nach: «Denn wir fahren lieber auf Singeltrails und nur ungerne auf Kies- und Teerstrassen.»
Gemäss Simone Bachmann, Leiterin Kreisforstamt 2, gibt es im Limmatwelle-Gebiet nur einen Weg, der abgesehen von Waldstrassen legal mit dem Velo befahren werden darf. «Dieser führt von Neuenhof im Gebiet Rüsler in Richtung Fislisbach.»
Gemeinderat hat Interesse an offiziellen Wegen für Biker
Das wollen Bauer und Roth ändern. Die Hobbybiker arbeiten ehrenamtlich im Vorstand des Vereins Lägern Biketrails mit, der vor knapp vier Jahren gegründet wurde und rund 400 Mitglieder hat. Ihr Ziel: die Bike-Infrastruktur in der Region rund um die Lägern und den Altberg verbessern. Damit wollen sie auch verhindern, dass die Biker mangels Alternativen Wanderwege befahren oder eigene Wege suchen und so der Natur schaden.
Das wäre auch im Sinne des Wettinger Gemeindeammanns Roland Kuster. Gemäss dem vorher zitierten Aargauischen Waldgesetz liegt es in der Kompetenz des Gemeinderats, Bewilligungen zum Befahren einzelner Strecken auszusprechen. «Uns käme es auch gelegen, wenn wir einen Weg definieren könnten und so eine Lenkung hätten», sagt Kuster und fügt an, dass so auch der illegalen Nutzung von Wegen Einhalt geboten würde. Für ihn ist klar, dass zurzeit nur das Befahren von Waldstrassen rechtens ist.
Uneinigkeit über Rechtslage
Anders sieht es der Vereinspräsident von «Lägern Biketrails», Markus Roth: «Die Rechtslage ist nicht klar.» Er stützte sich dabei auf ein Urteil vor etwa zweieinhalb Jahren. Zwei Biker waren angezeigt worden, weil sie auf Singletrails am Zürcher Uetliberg fuhren. In zweiter Instanz entschied das Bezirksgericht Affoltern am Albis, dass alle Wege ohne Fahrverbote befahren werden dürfen. Dabei beriefen sie sich aufs Strassenverkehrsgesetz, das für die ganze Schweiz gilt – nicht nur im Kanton Zürich.
«Es soll klar sein, wo wir fahren dürfen und wo nicht», sagte er und wünschte sich ein offizielles Trailnetz. «Denn solange es keine offiziell ausgewiesenen Biketrails gibt, darf auch keine pflegerische oder bauliche Arbeit an Trails erfolgen», sagte er. Sein Verein wäre jedoch bereit, beim Unterhalt einen Beitrag zu leisten.
Konzept für Lenkung liegt vor
Nicht nur das, der Verein hat bereits ein Konzept zur Lenkung der Biker ohne Verbot erstellt. Dieses stellte er im Sommer am runden Tisch vor, zu dem sich rund 20 Biker, Jäger, Förster, Naturschützer, Vertreter des Kantons und Politiker im Wettinger Rathaus trafen. Von Ennetbaden über Wettingen entlang der Lägern bis ins zürcherische Buchs soll ein möglichst langer und durchgängiger Biketrail entstehen – mit zusätzlichen Abfahrtsmöglichkeiten in verschiedene Richtungen, unter anderem nach Ehrendingen, Dielsdorf und Otelfingen. «Die im Konzept eingezeichneten Linien sind weder parzellenscharf noch verbindlich», sagte Roth. Sie würden in erster Linie dazu dienen, den grundsätzlichen Bedarf und die Vision für das Gebiet aufzuzeigen. Wo ein Biketrail letztlich tatsächlich realisiert werden kann, muss durch ein entsprechendes Gremium mit Unterstützung eines Fachplaners erarbeitet werden. «Die Umsetzung wird verschiedene Hürden und Abstimmungsprozesse mit sich bringen, da in diesem Verfahren alle Interessengruppen einbezogen werden müssen», ist sich Roth bewusst.
Unterstützung erhält der Verein von den Wettinger Ortsparteien Mitte und EVP. Sie haben im Mai 2023 ein Postulat eingereicht. Darin forderten sie den Wettinger Gemeinderat auf, den Verein bei der Erstellung und Ausschilderung von bevorzugten Bikerouten und Biketrails am Lägernhang zu unterstützen.
«Däni-Trail» im Furttal gebaut
Es wäre nicht der erste offizielle Veloweg, der mit Hilfe des Vereins Lägern Biketrails entsteht. Vor drei Jahren wurde der «Däni-Trail» gebaut, der vom Altberg ins Furttal führt. Auch der dortige Gemeinderat wollte damit das Biken kanalisieren und dafür sorgen, dass es weniger Konflikte zwischen Wanderern, Waldbesitzern und Bikern gibt. Der Trail verläuft entlang dem alten Wanderweg, der von der Waldschenke auf 629 Metern über Meer fast 200 Meter schnurgerade nach Dänikon hinunterführt. Schon zuvor wurde der alte Wanderweg von Bikern als inoffizieller Trail genutzt. «Weil es jetzt ein offizieller Trail ist, können wir ihn nun unterhalten», so Roth.
Bis auch der Lägern-Trail realisiert ist, dürfte es allerdings noch dauern. Am runden Tisch in Wettingen zeigte sich nämlich, dass die Bedürfnisse der Waldnutzer unterschiedlich sind. Während einige am liebsten gar keine Biker ausserhalb der zwei Meter breiten Kieswege im Wald hätten und extra Wege für Biker als eine Störung für Natur, Tier und Wanderer empfinden, gab sich der ehemalige Wettinger Förster Philipp Vock, der ebenfalls Jäger ist, pragmatisch: «Seit Corona wird fast jedes Wegli als Durchfahrt genutzt, deshalb braucht es dringend eine Lenkung.»
Auch sein Nachfolger, der Revierförster Moritz Fischer, unterstützt den Wunsch nach markierten Bikerouten: «So erhält eine weitere Sportart ein legales Angebot im Wald.» Er stört sich ebenfalls am «Wildwuchs», wenn Biker ausserhalb der Wegmarkierung fahren. «Sie sind schneller unterwegs als Wanderer. Bei Arbeiten wie dem Baumfällen sind unerwartete Passanten ein Arbeitsrisiko für uns.»
So geht es weiter
Kuster geht nicht davon aus, dass die Umsetzung des gewünschten Biketrails schnell geht: «Ich schätze frühestens im Jahre 2027. Einsprachen und Vergleichsverhandlungen noch nicht berücksichtigt.» Trotzdem zeigte er sich zumindest erfreut, dass die Teilnehmenden am Ende doch noch eine gemeinsame Zielsetzung fanden: «Man möchte den weiteren Prozess nun ergebnisoffen an die Hand nehmen. Noch sind, wegen der überkommunalen Betroffenheit, die Vertreter des Kantons im Lead.»
«Alle Beteiligten müssen aufeinander zugehen, eine gemeinsame Lösung bringt Vorteile für alle», ist Maurus Landolt überzeugt und betont, dass die Gemeinde Bewilligungsinstanz bleibt. «Der Kanton wird aber bei der Koordination unterstützen. Die im Rathaus Anwesenden werden vermutlich in regionalen Sitzungen die Möglichkeit haben, gemeinsam nach der besten Lösung zu suchen.» Für die Biker heisst es also vorerst Geduld üben. «Wir sind auf die Gunst der Behörden angewiesen», sagt Roth.








