Der grüne Gemeinderatskandidat ist der mit den Aussenseiterchancen

Mit Christoph Güdel kandidiert ein Grüner für den Neuenhofer Gemeinderat. Auch privat steht er hinter dem Motto der Partei: Er kann nicht Auto fahren und fliegt selten.

Christoph Güdel an seinem Lieblingsort in Neuenhof: der Webermühle. Rahel Bühler
Christoph Güdel an seinem Lieblingsort in Neuenhof: der Webermühle. Rahel Bühler

Eine einfache Google-Suche genügt und der interessierte Wähler, die recherchierende Journalistin finden detaillierte Informationen über den grünen Gemeinderatskandidaten Christoph Güdel: Er ist Sekundarlehrer, kocht und liest gerne, hat einen Lebenspartner. Wer steckt hinter dem Mann, der im ersten Wahlgang 210 Stimmen geholt hat?

Als Interviewort hat Güdel seine Wohnung in der Webermühle vorgeschlagen. «Sie ist der Grund, warum ich nach Neuenhof gezogen bin», sagt er zu Beginn des Interviews im Esszimmer. Auf dem massiven Holztisch die aktuelle Ausgabe des «Tages-Anzeigers». Im Hintergrund klassische Musik. An der Wand ein Poster einer Wüste. Aufgewachsen ist der 34-Jährige in Oberrohrdorf. Nach dem Germanistikstudium liess er sich an der Pädagogischen Hochschule zum Lehrer ausbilden. Als er begann, Deutsch, Französisch und Englisch in Zürich Seebach zu unterrichten, habe er nach einer Wohnung mit Charakter gesucht. Durch eine Ausstellung in Baden ist er auf die Webermühle gestossen. «Ich finde es traumhaft schön hier», sagt er und verweist auf die Limmat oder die imposante weisse Webermühle-Fassade. Güdel wohnt seit fünf Jahren in der Gemeinde. Er wertet das nicht als  Nachteil: «Es ist keine nötige Qualifikation für einen Gemeinderat, dass er in Neuenhof laufen oder lesen gelernt hat», findet er. «Ich bin in der Region Baden zu Hause. Da gehört Neuenhof dazu.»

«Gegenpol zu den anderen Gemeinderäten»

Von den verbleibenden vier Kandidaten im zweiten Wahlgang hat er die wenigsten Stimmen geholt. «Ich habe nur Aussenseiterchancen. Das ist mir bewusst.» Ihm gehe es darum, den Wählern und Wählerinnen ein Auswahl an Kandidaten zu geben. Güdel will die Dinge, die er anfängt, zu Ende bringen. Das ist der Grund, warum er erneut kandidiert. Wenn es einen linken Kandidaten gegeben hätte, der im ersten Wahlgang besser abgeschnitten hätte, hätte er sich zurückgezogen. Er beschreibt sich selbst als engagierten, ehrlichen, pragmatischen Menschen, der überlegt, bevor er etwas sagt. Güdel macht auch im Interview mehrmals Pausen, bevor er Fragen beantwortet. 

Die SP-Ortspartei unterstützt ihn mit einer Wahlempfehlung. Güdel sagt, er vertrete jene Neuenhofer und Neuenhoferinnen, die sich eine links-grüne Stimme im Gemeinderat wünschen. «Als Gegenpol zu den anderen.» Der grüne Hintergrund sei sein Alleinstellungsmerkmal unter den Kandidaten: «Politik besteht nicht nur aus wirtschaftlichen Zielen. Man muss auch Umweltthemen in den Vordergrund rücken.» Dieses Argument wird er im Verlauf des Interviews wiederholen. Würde er gewählt, würde er sich etwa bei Umbauprojekten für Solaranlagen einsetzen. 
Eine Parteizugehörigkeit findet er wichtig: Damit der Wähler wisse, wo der Politiker einzuordnen sei. «Bei Parteilosen weiss man nie so recht, wo sie stehen. Ausser, man kennt sie privat.» Güdel ist seit seinem 18. Geburtstag Mitglied der Grünen Bezirk Baden. «Für mich war schon lange klar: Ich möchte als Politiker mitmischen und Meinungen vertreten», sagt er rückblickend. Das habe ich schon von klein auf fasziniert. «Ich habe mich immer mehr für den Politikteil der Zeitung als für den Sportteil interessiert.» Er finde das Metier spannend, weil man durch die Politik eine Gesellschaft mitgestalten könne. Nachteile einer Parteimitgliedschaft sieht er keine: «Bei den Grünen kann ich auch einmal eine Meinung vertreten, die nicht komplett der Parteilinie entspricht.» 
Güdel nimmt sich die grüne Denkweise auch privat zu Herzen: Nachhaltigkeit sei ihm wichtig. «Man muss an die Zukunft denken», sagt er. Er kann nicht Auto fahren und fliegt äussert selten. Zur Arbeit geht er mit dem Zug. Würde Güdel in den Neuenhofer Gemeinderat gewählt, würde er seien Vollzeitjob auf 80 Prozent reduzieren. «Ich will ein seriöser Milizpolitiker sein.» Nebst Politik interessiert er sich für Kultur. Er mag Theater und Hörspiele.

«Ich blicke der Wahl sportlich entgegen»

Fährt man durch Neuenhof oder blättert durch die Lokalzeitungen, fällt auf: Güdel ist wenig präsent. Auch dessen sei er sich bewusst. «Mein Bezug zum Dorf ist das Dorffest. Ich habe noch keines ausgelassen», sagt er. Um seine Bekanntheit zu erhöhen, hat er zwei Standaktionen vor dem ersten Wahlgang durchgeführt und dabei Punsch ausgeschenkt. Er zieht sein Handy und zeigt Fotos. Der erste Event fand vor dem Gemeindehaus, der zweite in der Webermühle statt. «Ich hatte viele interessante Gespräche.» Themen seien etwa die Webermühle oder die Limmattalbahn gewesen. 
Der Wahl am 29. März sieht er gelassen entgegen. Klar, er würde sich auf die neue Herausforderung freuen und sich gerne aus der Komfortzone herausbegeben. Mit einer Niederlage hätte er aber auch kein Problem. «Ich sehe das sportlich.»

Auf seine Website angesprochen, meint er: «Wir sind im Informationszeitalter. Man googelt die Leute heute.»

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