Es wird mehr kontrolliert
Nach massiver Kreditüberschreitung setzt die Bevölkerung an der Gemeindeversammlung ein Zeichen – und lehnt die Abrechnung ab.

IKS war das meistgenannte Wort an der Gemeindeversammlung in Neuenhof. Es ist die Abkürzung für internes Kontrollsystem. Am Montagabend drehte sich nämlich fast alles ums Geld und die Kontrolle der Finanzen. Neben der Rechnung 2024 befasste sich die Bevölkerung mit vier Kreditabrechnungen, vier Kreditanträgen und dem «Massnahmenplan Haushaltgleichgewicht». Wobei der an der Wintergmeind überwiesene Antrag für einen umfassenden Bericht eigentlich gar nicht vorlag. Doch der Reihe nach.
Die Rechnung 2024 mit unverändertem Steuerfuss von 112 % weist einen Ertragsüberschuss von 324 975 Franken aus und liegt somit 139 975 Franken über dem Budget. Dies jedoch nur, weil diverse Korrekturen aus dem Vorjahr vorgenommen wurden. Ohne diese Umbuchungen hätte ein Defizit von rund einer Million Franken bestanden. «Die Kosten galoppieren leider immer noch davon», bemerkte Tim Voser, Präsident der Finanzkommission (Fiko).
Kreditabrechnung abgelehnt
Zu reden gab aber nicht die Rechnung, sondern diverse Kreditabrechnungen, die teilweise massiv überschritten worden sind. Immer wieder betonte der Gemeinderat, dass er dies bedauere und wies auf Mängel im Controlling hin. Durch die Einführung der IKS solle sich das künftig ändern. Als «sehr unerfreulich» bezeichnete Gemeinderat Fred Hofer (FDP) beispielsweise die Kreditüberschreitungen bei der Schulinformatik (+ 39,85 Prozent) sowie bei Investitionen in die Gemeindeliegenschaft (+30,75 Prozent). Die Bevölkerung störte sich insbesondere daran, dass beispielsweise Geld in einen Garderobenumbau bei der Feuerwehr investiert wurde, obwohl dies in der Kreditvorlage nicht vorgesehen war und stattdessen der geplante Kommandoraum nicht realisiert wurde. «Was passiert, wenn wir die Kreditabrechnung ablehnen?», fragte ein Anwesender. Das habe keine Konsequenzen, so Hofer. Gemeindeammann Martin Uebelhart (Mitte) präzisierte, dass bei einer Ablehnung an der nächsten Gemeindeversammlung erneut abgestimmt würde und sich der Regierungsrat bei nochmaliger Ablehnung damit befassen muss. Es schien, als wollte die Bevölkerung ein Zeichen setzen: Sie lehnte die Kreditabrechnung «Gemeindeliegenschaften, Unterhalts- und Ersatzinvestitionen» mit 104 Nein- und 45 Ja-Stimmen ab.
Die Kreditanträge für die Erneuerung des EDV-Netzes, den Hochwasserschutz Dorfbach und die Sanierung Rüslerstrasse wurden angenommen. Immer wieder standen jedoch Einwohner auf und fragten, ob man mit der Kreditsprechung nicht warten solle, bis das IKS funktioniere. Schliesslich überwog das Argument der Dringlichkeit. Etwa bei der Rüslerstrasse sei der Winterdienst ohne Sanierung nicht mehr sicher.
Gemeinderat will im Gespräch bleiben
Zurückgewiesen wurde der Kredit von 200 000 Franken für ein kooperatives Planungsverfahren in der Webermühle. Die Gemeinde hat die Villa Ermitage verkauft, will so aber bei der Gestaltung im Gespräch mit den Investoren bleiben. Eine Anwesende kritisierte, dass die Meinung der Anwohner nicht abgeholt wurde. Sie beantragte, dies durch zwei Workshops nachzuholen. Weil der Kredit zurückgewiesen wurde, muss der Gemeinderat sowieso nochmals über die Bücher und versprach, das Anliegen aufzunehmen.
Für negative Voten sorgte auch, dass der Gemeinderat den geforderten Massnahmenplan nicht vorlegen konnte, der zu einem Haushaltgleichgewicht hätte führen sollen. Uebelhart entschuldigte sich dafür und wies auf die Feststellung von gravierenden Missständen im Finanzbereich hin (die Limmatwelle berichtete). Die Finanzabteilung sei an der Aufarbeitung, auch hier soll das IKS helfen.
Am Schluss genehmigte der Souverän die vorgeschlagene Entschädigung der Gemeinderatsmitglieder für die nächste Amtsperiode. Dabei gab es keine Wortmeldungen. Stattdessen meldete sich ein Anwesender unter Verschiedenem zu Wort und sagte, es brauche dringend Veränderung. Damit ein Neustart gelinge, brauche es einen Wechsel im Gemeinderat. Er rief Petra Kuster, Fred Hofer und Daniel Burger auf, ihr Amt neuen Kräften zur Verfügung zu stellen und erntete dafür Applaus aus dem Publikum.
Lötscher und Kuster im Härdli im Lead
«Der Gemeinderat muss zur Kenntnis nehmen, dass der bisherige Prozess viel Unsicherheit, Unverständnis und Verdruss ausgelöst hat», sagte Frau Vizeammann Petra Kuster (SVP). Deshalb habe er sich nochmals vertieft mit der Situation auseinandergesetzt und das Projekt in neue Hände gegeben. Kuster als politische Vertreterin und Daniel Lötscher in seiner Rolle als Abteilungsleiter Bau und Planung leiten den Prozess und führen nun Gespräche mit Beteiligten. «Wir sind darauf angewiesen, dass sie sich ergebnisoffen eingeben.» Eine externe Bauherrenbegleitung sei – wenn überhaupt – erst später nötig. Kuster und Lötscher wollen Grundlagen erarbeiten, damit das Volk später darüber befinden kann. (bär)