Gemeinderatskandidat Voser: «Die Lage unseres Dorfes ist unser Ass»

Tim Voser ist der jüngste Gemeinderatskandidat. Der 21-Jährige will zeigen, was seine Generation dem Dorf zu bieten hat.

Als Vorstandsmitglied des Gewerbevereins Neuenhof ist Tim Voser oft im Restaurant Santos anzutreffen. Sibylle Egloff
Als Vorstandsmitglied des Gewerbevereins Neuenhof ist Tim Voser oft im Restaurant Santos anzutreffen. Sibylle Egloff

Tim Voser wirkt auf den ersten Blick nicht wie ein typischer Politiker: Er ist 21 Jahre alt und studiert im zweiten Semester Rechts- und Wirtschaftswissenschaften an der Hochschule St. Gallen. Gegen das Klischee, dass viele junge Menschen sich nicht für Politik interessieren und wenn doch, keine Ahnung haben, hat der Neuenhofer immer wieder zu kämpfen. Im Gespräch mit ihm wird klar, dass das Vorurteil nicht auf ihn zutrifft. Vosers Herz schlägt für die Lokalpolitik. «Auf kommunaler Ebene kann man schneller etwas verändern und bewirken. Man sieht, ob das Schulgebäude gebaut oder die Tempo-30-Zone eingeführt wurde», sagt er. Zudem erhalte man als Kommunalpolitiker rasch Feedback. 

Voser sitzt im Restaurant Santos in Neuenhof und nippt an einem Kaffee. Er ist oft dort anzutreffen. «Der Gewerbeverein hält hier seine Sitzungen, im Januar 2019 wählte man mich in den Vorstand.» Voser ist zudem Präsident der Jungfreisinnigen im Bezirk Baden und Vorstandsmitglied der Jungfreisinnigen im Aargau. Auch ist er Mitglied der Ortsbürgerkommission und als Aktuar in der Finanz- und Geschäftsprüfungskommission der Gemeinde tätig. Seit seinem 15. Lebensjahr ist er politisch aktiv. 

Seine Mutter stammt aus Taiwan, sein Vater aus der Schweiz

Nun wagt Voser den nächsten Schritt: Er will die Geschicke seines Heimatorts als Gemeinderat lenken. «Ich bringe zwar nicht so viel Lebenserfahrung mit wie andere Kandidaten, dafür neue Perspektiven.» Dies auch wegen seiner Herkunft. Seine Mutter stammt aus Taiwan, sein Vater ist Schweizer. «Meine taiwanesischen Wurzeln helfen mir, nicht alles so stur zu sehen.» Als Kind sprach er fliessend Mandarin. «Mittlerweile habe ich vieles vergessen, ich bin daran, die Sprache wieder zu lernen, damit ich, wenn ich meine Familie in Taiwan besuche, mich nicht nur mit Händen und Füssen verständigen muss.»

Zu Hause stand Politik nie im Zentrum. «Mein Vater hat ein Malergeschäft. Ab und zu haben wir zwar schon darüber diskutiert, welchen Einfluss gewisse Gesetze und Regulierungen auf seinen Betrieb haben.» Den Zugang zur Politik fand Voser aber im Staatskundeunterricht an der Bezirksschule. «Damals stimmte man über den Kampfjet Gripen und die Verlängerung der Ladenöffnungszeiten ab. Nach ein paar Diskussionen hat es mich dann plötzlich gepackt.» Eineinhalb Jahre lang habe er nicht gewusst, ob er einer Partei beitreten solle, und wenn ja, welcher. «Ich war mir nicht sicher, ob ich meine Meinung behalten kann.» Schliesslich entdeckte er die FDP für sich. «Ich bin ein freiheitsliebender Mensch. Ich habe Mühe damit, wenn mir jemand vorschreibt, wie ich mein Leben führen soll. Deshalb fühle ich mich bei der Partei gut aufgehoben.»

Voser will keine nicht dringenden Investitionen tätigen 

Voser findet es schade, dass sein Heimatort einen schlechten Ruf habe. «Die Lage unseres Dorfes ist unser Ass. Wir verfügen über einen direkten Anschluss an die Autobahn, sind in zehn Minuten im Shoppi und Baden liegt in unmittelbarer Nähe.» Es gelte, diese Vorzüge zu pflegen. «Der Stau wird sich intensivieren und wir müssen Massnahmen finden, damit unser Dorf nicht darunter leidet.» Ein weiteres Anliegen ist ihm der Schuldenabbau: «Wenn die Zinsen wieder steigen, werden wir die Steuergelder nur dafür verwenden.» Investitionen, die nicht dringend nötig seien, müssten warten oder gestrichen werden. Damit meint Voser etwa die Limmattalbahn. Derzeit wird die zweite Etappe des Verkehrsprojekts von Schlieren bis nach Killwangen gebaut. Der Kanton Aargau plant bereits die Weiterführung bis nach Baden. Voser ist dagegen. «Wir können uns das nicht leisten.» Aus Neuenhofer Sicht biete das Projekt keinen Mehrwert. «Es wird kein neues Gebiet erschlossen und die Bahn bedient die gleiche Strecke wie die Regionalbusse, die Haltestellen sind identisch.» Voser fände es sinnvoller, wenn das bisherige Angebot besser ausgebaut würde. «Wir sind die einzige Gemeinde, in der der Bus nicht am Bahnhof vorbeifährt.» 

«Man soll zu seinen Fehlern stehen, wenn man welche begeht.»

Voser ist zuversichtlich, dass er dem Amt als Gemeinderat gewachsen ist. Die Aufgaben in der Finanz- und Geschäftsprüfungs- sowie der Ortsbürgerkommission müsste er bei einer Wahl abgeben. «Meine Vorlesungszeit ist begrenzt, ich muss nur eineinhalb Tage in St. Gallen präsent sein. Die restliche Zeit kann ich mir frei einteilen.» 

Auch seine Eltern und sein Umfeld bestärkten ihn. «Meine Kollegen, die politisch nicht aktiv sind, helfen mir sogar beim Wahlkampf, verteilen mit mir Flyer oder sagen mir klipp und klar, wenn sie meine Wahlsprüche nicht gut finden.» Obwohl er viel mit Leuten aus seiner Partei verkehre, versuche er, seine Freundschaften ausserhalb der Politik zu pflegen. «Wir gehen in den Ausgang, an Konzerte, ins Kino.»

Bedenken, dass er als öffentliche Person mit Kritik nicht zurechtkommen könnte, hat Voser nicht. «Ich stand bereits einige Male im Rampenlicht, etwa als ich mich bei der Gstühl-Kreuzung in Baden gegen einen Blitzkasten eingesetzt habe. Sogar ‹Schweiz aktuell› berichtete darüber.» Kritik dürfe man nicht persönlich nehmen. «Man sollte aber zu seinen Fehlern stehen, wenn man welche begeht.» Voser setzt sich für Sach- und gegen Personenpolitik ein. «Ich glaube, das war auch der Punkt, der zu den Unstimmigkeiten und Rücktritten im Gemeinderat führte. Es ging nur noch um die Personen und nicht um die Sache an sich.» Die Art der Kommunikation trage massgeblich dazu bei, eine gute Lösung zu finden. «Man sollte sich für das Wohl Neuenhofs streiten und auch diskutieren dürfen und danach trotzdem noch ein Bier zusammen trinken können», findet Voser. 

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