Petra Kuster holt sich mit «Kiss» den Schweizer-Meister-Titel im Fährtenlesen

Die Gemeinderätin trainiert zweimal pro Woche mit ihrer Riesenschnauzer-Hündin. In der Prüfungsvorbereitung bis zu viermal. Ein Porträt.

Auf dem Weg zur Goldmedaille: Petra Kuster und ihre Riesenschnauzer-Hündin «Kiss» an der Schweizer Meisterschaft in Langenthal BE. Sandra Matioli/Callia Fotografie
Auf dem Weg zur Goldmedaille: Petra Kuster und ihre Riesenschnauzer-Hündin «Kiss» an der Schweizer Meisterschaft in Langenthal BE. Sandra Matioli/Callia Fotografie

«Kiss» ist viereinhalbjährig und Fährtenleserin. Mit ihrer Besitzerin, Petra Kuster, trainiert sie zweimal pro Woche. «Ursprünglich wollte ich sie Richtung Schutzdienst ausbilden», sagt Kuster. Sie sitzt am Esstisch ihres Wohnzimmers. Die sonst lebhafte «Kiss» döst auf ihrem Kissen. In jungen Jahren war die Riesenschnauzer-Hündin länger krank. Deshalb darf man sie keinen Belastungen aussetzen. «Damals hat sich ihre Stärke fürs Fährtenlesen gezeigt», so die Neuenhoferin. Vor drei Jahren habe sie sich auf das Wagnis eingelassen. «Anfangs hatte ich ein schlechtes Gefühl dabei. Ich war unerfahren.»

Mittlerweile ist das anders: 2018 hat das Duo zehn Prüfungen abgelegt. «Wenn ich Hundesport betreibe, will ich die Leistung von einem Richter bewerten lassen.» Von den zehn Tests haben sie vier nicht bestanden: Wenn der Hund den Faden verliert, wird der Versuch abgebrochen. «Trotz Unverständnis: Da musst du weiter an deinen Hund, dich und euren Weg glauben», sagt die Frau Vizeammann. Sie trainiert alleine mit ihrem Hund. Dafür werde sie in Fachkreisen oft belächelt. Das sei nicht so angesehen. «Nicht jede Trainingsmethode stimmt für jeden Hund.» Für «Kiss» passe es so.

Das Ziel war die Teilnahme an den diesjährigen Schweizer Meisterschaften der fünf Rassen in Langenthal BE. Dafür muss man sich bei einer vorgängigen Prüfung qualifizieren. In diesem Frühling gelang dies dem Duo. Die Meisterschaften fanden am letzten Septemberwochenende statt und dauerten zwei Tage. Neun Hunde nahmen daran teil.

In der Prüfungsvorbereitung trainieren «Kiss» und Kuster drei- bis viermal pro Woche. Das sei nur mit einer guten Organisation möglich. Man müsse den Alltag rundherum planen. An einem Trainingstag legt Kuster am Morgen die Fährte. Sie läuft über Wiesen oder Äcker in Neuenhof. Die Bauern erlauben es ihr. «Fussabdrücke, umgeknickte Grashalme oder heruntergefallene Hautschuppen bilden die Fährte, der ‹Kiss› nachgeht.» Eine Fährte muss mindestens 30 Minuten liegen, bis der Hund nach ihr suchen darf. Dann geht die 49-Jährige nach Hause, um zu arbeiten. Sie ist selbstständig. In der Mittagspause folgt sie mit ‹Kiss› der Fährte. «Sie ist sehr sensibel. Ich darf nicht laut werden oder an der Leine ziehen», weiss sie.

Vor jeder Prüfung spielen die beiden ein Ritual durch, bei dem sich «Kiss» auf den Boden legt. «Das hilft zur Konzentration.» Auch bei den Schweizer Meisterschaften. «Ich war schaurig nervös.» Der Inhalt des Tests ist vorgegeben: Er muss 1800 Schritte lang sein, Richtungswechsel und Gegenstände beinhalten. Diese können aus Leder, Pelz oder Holz sein. Der Hund muss sie während der Prüfung zwischen die Pfoten legen, abliegen und warten. Die Fährte muss drei Stunden alt sein. Erst dann darf der Hund suchen. Eine zweite Fährte, die Verleitfährte, ist 30 Minuten alt. Sie dient als Test für den Hund. Er soll auf der Ersten bleiben.

Pro Monat wendet die Gemeinderätin 12 bis 15 Stunden für ihr Hobby auf. Der Aufwand hat sich gelohnt: Kuster und «Kiss» holen an den Schweizer Meisterschaften die Goldmedaille. «Das erfüllt mich mit tiefer Zufriedenheit und Stolz auf meinen Hund.» Das Resultat zeige die Richtigkeit ihres Weges. Und des Trainings.

Als wichtigstes Element beim Fährtenlesen nennt Kuster das Vertrauen. «Der Hund hat den ‹Chrampf›, nicht ich. Ich muss ihn machen lassen und ihm vertrauen.» Trainieren könne man das nicht. Es wachse mit der Zeit. Auf dem Weg zum Titel ist nicht immer alles nach Plan gegangen: «Wir hatten auch Krisen. Aus ihnen haben wir am meisten gelernt.»

Die Faszination an ihrer Hündin sei ihre Motivation, sagt die Milizpolitikerin. Das Duo ist noch nicht am Ziel: 2020 möchte sich Kuster erneut für die Schweizer Meisterschaften qualifizieren. Auch die Teilnahme an der Riesenschnauzer-Weltmeisterschaft strebt sie an. Vorerst ist jedoch eine Pause angesagt: «‹Kiss› soll nicht an meinem persönlichen Ehrgeiz leiden. Sie muss auch ihre Balance wiederfinden.»

Während des ganzen Interviews döst die Hündin vor sich hin. «Kiss» ist viereinhalbjährig, Fährtenleserin und Schweizer Meisterin.

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