Das Elektrizitäts- und Wasserwerk soll neu «ewn» heissen

Als erste Gemeinde im Aargau will Neuenhof seine Werke in eine sogenannte selbstständige öffentlich-rechtliche Anstalt umwandeln. Das letzte Wort hat aber das Volk.

Auch Neuenhof bezieht sein Grundwasser vom Pumpwerk Tägerhardwald. Sandra Ardizzone/Archiv
Auch Neuenhof bezieht sein Grundwasser vom Pumpwerk Tägerhardwald. Sandra Ardizzone/Archiv

Neuenhof möchte seine Wasser- und Elektrizitätswerke verselbstständigen. So will die Gemeinde Schulden abbauen. Das ist nichts Neues. Die Gemeinde hat diese Pläne bereits im März bekannt gegeben. Die Vorbereitungen laufen seit einem Jahr.

Neu sind die Details zum Projekt. Diese hat die Gemeinde vergangene Woche bekannt gegeben: Die neue Anstalt soll «elektrizität wasser neuenhof», kurz «ewn», heissen. Die Hoheit über sie hat der Gemeinderat. Er genehmigt Budget und Rechnung. Die Gemeindeversammlung stimmt nicht mehr über sie ab. Sie wird aber darüber informiert.

Dem Gemeinderat unterstellt ist die strategische Führung, die Werkkommission, auch Anstaltsleitung genannt. Sie besteht aus fünf bis sieben Mitgliedern. Die Arbeit der bisherigen Werkkommission wird sie weiterführen. Die operative Führung übernimmt die Geschäftsleitung. «Wir stellen kein Personal an», erklärt Finanzverwalter Hanspeter Frischknecht an der Medienorientierung. Die Geschäftsleitung wird aus Personal der Gemeinde Neuenhof und Mitarbeitern der Regionalwerke Baden bestehen. Bereits jetzt arbeiten die Regionalwerke im Bereich Strom und Wasser für die Gemeinde Neuenhof.

Es gibt drei Dokumente, in denen die kurz-, mittel- und langfristigen Ziele dokumentiert sind: eine Anstaltsordnung, eine Eignerstrategie und eine Leistungs- und Konzessionsvereinbarung.

Grund für die Umorganisation ist Neuenhofs Schuldenberg: Die Gemeinde hat Schulden von 44 Millionen Franken. Der Anteil der beiden Werke an dieser Zahl beträgt 17 Millionen. Sie sind durch Investitionen in der Vergangenheit entstanden. «Die Werke müssen ihren Schuldenanteil übernehmen», so Frischknecht.

Bisher sind Wasser und Strom als Spezialfinanzierungen organisiert. Also als Teilbereiche der Rechnung von Neuenhof. Ihr Gewinn wird separat ausgewiesen. In dieser Organisationsform können die Werke den Gewinn allerdings nicht für den Schuldenabbau nutzen. Das schreibt das Gesetz vor. Deshalb möchte die Gemeinde die Werke verselbstständigen: «Eine solche Anstalt kann ihren Gewinn der Gemeinde übertragen. Diese kann den Betrag dann zum Schuldenabbauen benutzen», erklärt Frischknecht.

Ausserdem gehen mit der neuen Organisationsform kürzere Entscheidungswege einher: «Erhalten wir von einem Kunden eine Anfrage für eine Änderung des Strompreises, müssen wir nicht mehr die Gemeindeversammlung fragen. Mit der Anstalt kann die Geschäftsleitung selbst entscheiden», erklärt der Finanzverwalter.

Klar ist auch: Die Strom- und Wassertarife werden sich aufgrund der Verselbstständigung nicht verändern. Die Gemeinde hat die Wassertarife erst per Anfang Jahr angepasst. Die eidgenössische Elektrizitätskommission überwacht den Strompreis. Von der Umstrukturierung nicht betroffen sind Abfall und Abwasser.

Neuenhof nahm bereits 2002 einen Anlauf, die zwei Werke zu verselbstständigen. Damals sollten sie in eine Aktiengesellschaft umgewandelt werden. Der Souverän befürchtete, seine Entscheidungsmöglichkeit zu verlieren, und lehnte die Vorlage ab. «Auch deshalb ist eine AG kein Thema», sagt die zuständige Gemeinderätin Petra Kuster. Frischknecht ergänzt: «Wir wollen die Werke unter dem Dach der Einwohnergemeinde behalten.» Der dritte Grund, wieso der Gemeinderat von der Gründung einer AG absieht, ist der Verkauf: Eine öffentlich-rechtliche Anstalt kann nicht verkauft werden. Eine Aktiengesellschaft schon.

Alle organisatorischen und rechtlichen Grundlagen sind geschaffen. Auch ist laut Kuster bereits klar, wer in die Geschäftsleitung und die Werkkommission gewählt werden soll.

Eine Hürde muss die Gemeinde allerdings noch nehmen. Das Volk stimmt an der Gemeindeversammlung vom 25. November über das Vorhaben ab. Wird es abgelehnt, bleiben sowohl Wasser als auch Strom weiterhin als Spezialfinanzierungen der Einwohnergemeinde organisiert. Die beiden Werke können dann auch in Zukunft nicht zum Abbau der Schulden beitragen. Wird es angenommen, muss sich der Regierungsrat dazu äussern. Sagt auch er Ja, gründet die Gemeinde die «ewn» per 1. Januar 2020. Gelingt dies, nimmt Neuenhof eine Vorreiterrolle ein: Die Organisationsform der selbstständigen öffentlich-rechtlichen Anstalt gibt es im Aargau erst seit dem 1.Januar 2018. Neuenhof ist die erste Gemeinde, die seine Strom- und Wasserwerke in eine solche Anstalt umwandelt. Das hat die Gemeinde gemerkt: «Der Kanton hat uns zwar mit einem Leitfaden unterstützt. Wir haben die Ausarbeitung des Plans trotzdem unterschätzt», blickt Kuster zurück.

Damit das Volk am 25. November dem Vorhaben zustimmt, bedürfe es noch etwas Aufklärungsarbeit vonseiten der Gemeinde, weiss Kuster. Sie fordert die Bevölkerung dazu auf, der Gemeinde Fragen zum Vorhaben zu stellen. Niemand solle es ablehnen, weil er es nicht verstanden hat. Kuster: «Dann habe ich meinen Job schlecht gemacht.»

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