«Keiner ist besser oder schlechter»

Die Jugendarbeit Neuenhof setzt am Tag gegen Gewalt an Frauen ein Zeichen auf dem Schulhausplatz, indem sie Kinder und Jugendliche sensibilisiert.

Die Jugendarbeit Neuenhof setzt ein (Hand-) Zeichen gegen Gewalt an Frauen.  Corinne Bürki
Die Jugendarbeit Neuenhof setzt ein (Hand-) Zeichen gegen Gewalt an Frauen. Corinne Bürki

Im Jahr 2021 wurden schweizweit 19341 Fälle von häuslicher Gewalt polizeilich registriert. Jeden Monat werden in der Schweiz durchschnittlich zwei Frauen im familiären Umfeld getötet und in diesem Jahr gab es bereits 23 Femizide in diesem Land. Erschreckende Zahlen, die am internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen – am 25. November – wieder ins Gedächtnis gerufen werden sollen. Dafür hat die Jugendarbeit Neuenhof einen Stand vor dem Schulhaus Schibler aufgebaut, um die Kinder und Jugendlichen während ihrer Schulpause darauf aufmerksam zu machen.

Wer ein «Znüni» gewinnen wollte, musste zuerst ein Spiel wagen. Danach ging es ans Ausfüllen eines mit drei Fragen bestückten, Talons. Die Jugendarbeit Neuenhof wollte so herausfinden, was die Kinder und Jugendlichen tun würden, wenn ihnen oder jemand anderem Gewalt angetan würde. Welchen Wandel sie sich bezüglich des Themas wünschen und wie sie die Pausenaktion der Jugendarbeit finden. Die elfjährige Chiara wünscht sich, dass Gewalt an Frauen einfach gar nicht mehr passiert: «Aber ich spräche mit anderen darüber, wenn mir oder jemand anderem etwas zustossen würde. Ich finde es gut, dass die Jugendarbeit Neuenhof so etwas macht.» Viele der Schüler und Schülerinnen setzen Gewalt an Frauen mit mangelnden Frauenrechten gleich. «Es sollen alle gleich behandelt werden, ob Frau oder Mann – keiner ist besser oder schlechter», stellt der 14-jährige Ebu klar. Doch nicht alle sehen das so. Einer der Schüler ist sogar der Meinung, dass es ausser Kontrolle geraten könnte, wenn man den Frauen mehr Rechte gäbe. Schläge hätten sie aber natürlich auch nicht verdient.

Das Thema ist eben nicht nur eine Generationenfrage, sondern hängt auch von der Kultur und der Erziehung ab. «Wenn die Eltern es ihren Kindern so vorleben und mitgeben, ist klar, dass auch die nächste Generation so denkt», sagt eine der Jugendarbeiterinnen. Eine andere meint, sie habe auch schon von einer älteren Dame gehört, dass die Frauen – auf gut Deutsch – wieder zurück an den Herd gehörten.

In 20 Jahren hat sich viel bewegt

Gewalt zeigt sich auf viele verschiedene Arten. Vor allem in psychischer oder physischer Form. Für den 14-jährigen Almir fängt Gewalt bei Beleidigungen an, doch auch das Anschreien geht für ihn in dieselbe Kategorie. «Jegliche Handlungen, die einer Person Schaden zufügen oder ihr schaden können, gehören dazu. Dabei wird unterschieden zwischen psychischer, körperlicher, sexualisierter Gewalt oder Vernachlässigung. Bei Kindern kann Gewalt bereits dort beginnen, wo kindliche Grundbedürfnisse wie Respekt, Sicherheit oder soziale Unterstützung nicht gewährleistet sind», definiert Nadia Bohler, Stellenleiterin der Jugendarbeit Neuenhof.

Immerhin habe es in den letzten Jahren immer wieder Anpassungen im Gesetz gegeben und das Thema werde öfters behandelt, als noch vor 20 Jahren: «Heute muss nicht mehr nur die Frau flüchten, sondern die Gewalt ausübende Person wird zur Rechenschaft gezogen. Zudem wird das Thema in der Öffentlichkeit vermehrt angesprochen, was zu einer Teil-Enttabuisierung führt. Und es gibt mehr Beratungsstellen, an die sich schutzbedürftige Personen wenden können. Durch den technischen Fortschritt ist dies auch anonym und unverbindlicher möglich», so Bohler.

In jeder Situation zur Stelle

Die Jugendarbeit Neuenhof beschäftige sich tagtäglich mit vielen verschiedenen Themen, Gewalt sei nur eines davon. «Wir holen die Kinder und Jugendlichen ab, informieren sie darüber und tauschen uns mit ihnen aus. Wenn sie Anliegen haben, können sie sich uns anvertrauen und wir reagieren angemessen auf ihre Situation. Falls nötig, ziehen wir weitere Personen oder Fachstellen bei», sagt Bohler. Das sei im Jugendtreff Neuenhof aber zum Glück nicht Alltag.

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