«Manche Leute sind lebensmüde»

Waffen werden oft im Zusammenhang mit schrecklichen Taten genannt. Doch wie bei allem gibt es auch bei diesem Thema zwei Seiten der Medaille. Und die andere Seite ist in diesem Fall der Schützenverein Neuenhof.

Im Schützenverein Neuenhof geht es nicht darum, «rumzuballern». Die Waffe wird als Sportgerät benutzt. Corinne Bürki

Im Schützenverein Neuenhof geht es nicht darum, «rumzuballern». Die Waffe wird als Sportgerät benutzt. Corinne Bürki

Christian Schmid, Präsident des Schützenvereins Neuenhof.crb

Christian Schmid, Präsident des Schützenvereins Neuenhof.crb

Ein lauter, dumpfer Schuss durchdringt die Stille des Samstagmorgens in Neuenhof. Für einmal ist der Auslöser kein Grund, sich zu sorgen, sondern das letzte obligatorische Schiessen, bei dem gemäss Schützenverein-Präsident Christian Schmid alles geregelt zu und her geht: «Es gibt sehr viele Vorschriften zu beachten. Allgemein ist das Halten von Waffen in der Schweiz eine durchkontrollierte Angelegenheit.» Schon beim Eintritt müsse man zeigen, dass die Waffe nicht geladen ist, ansonsten darf man nicht rein.

Schmid findet, dass in den Medien fast nur Schlechtes von Waffen in Zusammenhang mit dem Schiessen berichtet wird. Doch der Sport habe absolut nichts mit dem «Herumgeballere» zu tun, was sich die Menschen vielleicht vorstellen. Es gehe um Konzentration, um den Fokus und die Ruhe. «Ich bin selbstständig und habe viel um die Ohren. Beim Schiessen muss ich das alles vor der Türe lassen. Ich muss zu hundert Prozent hier sein», sagt Schmid. Beim Sportschiessen geht es um die Qualität pro Schuss und nicht um die Quantität. «Ballern» ist hier nicht erwünscht. Deshalb wird man im Schützenverein Neuenhof auch nicht sofort aufgenommen. Ein Neuzugang müsse zuerst zwei- bis dreimal dabei sein, damit man ihn ein bisschen besser kennen lerne und herausfinde, was sein oder ihr Grund für das Interesse am Verein sei.

Und auch wenn das nötig ist, ist sich Schmid sicher, dass nicht die Waffe das Problem ist, wenn diese in einem Delikt benutzt werde, denn man könne auch mit den Fäusten jemanden schwer verletzen oder töten. «Wenn jemand negative Gedanken hat, dann wird er diese so oder so umsetzen – ob mit einer Feuerwaffe oder etwas anderem.»

Im Affekt sei man nicht schnell genug, um die Waffe aus dem Tresor zu holen und abzufeuern: «Meine Frau würde sagen, dass ich schneller ein Messer in der Hand halte als die Waffe», so der Präsident des Schützenvereins Neuenhof. Wenn eine Tat geplant sei, dann sehe das natürlich schon anders aus, doch die meisten Waffen, die in der Schweiz gekauft werden, könne man nachverfolgen, da sie registriert werden müssen.

In Amerika läuft es anders

In der Schweiz gilt das Gesetz, dass man, wenn man eine Waffe kaufen möchte, einen Waffenerwerbsschein beantragen muss. Dafür müsse man nebst einem Formular auch den Strafregisterauszug beilegen. Je nach Eintrag könne man somit gar keine Waffe erwerben. Anders sieht es in Ländern wie den USA aus. In der Schweiz einfach in eine Migros oder einen Coop zu spazieren und eine Waffe und Munition zu kaufen – das erscheint unmöglich. Doch so ähnlich laufe es in den USA.

Christian Schmid hat eine klare Meinung zu diesem System: «Ich habe kein Verständnis für diese Situation. Klar, ich finde manchmal auch, dass wir hier in der Schweiz zu strenge Auflagen haben, aber so wie in den USA, das funktioniert nicht.» Trotzdem müsse man sich auch bewusst sein, dass in der Schweiz viele Waffen illegal aus dem Aus- ins Inland geführt und dann nicht registriert werden. Wie viele das seien, wisse man nicht und die Kontrolle gestalte sich sehr schwierig, sagt Schmid.

Leute spazieren trotz Schüssen durch den Wald

Da sich das Schützenhaus des Vereins in Neuenhof, wie in vielen anderen Gemeinden auch, in der Nähe des Waldes befindet, sind auf den Wegen oft Spaziergänger unterwegs. «Wir arbeiten mit Absperrungen auf allen Wegen und tun alles, damit die Spaziergänger wissen, dass im Moment geschossen wird.» Trotzdem gebe es immer wieder Leute, die das nicht interessiere und ihren Spaziergang weiterführen. «Manche Leute da draussen sind wirklich lebensmüde», so Schmid ungläubig und fügt an: «Es ist mühsam wenn wir die Leute immer wieder wegschicken müssen.» Dabei seien die jeweiligen Zeiten und die gefährlichen Zonen auf der Gemeindewebseite ersichtlich. Und es gehe dabei ja um die Sicherheit der jeweiligen Personen, «aber es geht auch um den Schützen, dessen Leben zerstört wäre, wenn jemand durch den eigenen Schuss ums Leben käme», betont Schmid. Auf die Frage, ob in Neuenhof schon einmal etwas Derartiges passiert sei, antwortet er mit «nein». Man kann nur hoffen, dass es so bleibt.

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