Harte «Härdli»-Debatte

Die Gemeindeversammlung hat einem Planungskredit für das Areal «Härdli» zugestimmt. Es gab aber Kritik.

Die Turnhalle Zentrum war mit 137 Stimmbürgerinnen und -bürgern gut gefüllt. (Bild: Robin Schwarz)

Die Turnhalle Zentrum war mit 137 Stimmbürgerinnen und -bürgern gut gefüllt. (Bild: Robin Schwarz)

Ein Teil des «Härdli». (Bild: Archiv)

Ein Teil des «Härdli». (Bild: Archiv)

Mit Spannung war die Gemeindeversammlung in Neuenhof erwartet worden. Diverse Kreditanträge standen auf der Traktandenliste, aber keines sorgte für so kontroverse Voten wie die Vorlage zum Planungskredit von 520000 Franken für die Entwicklung des Areals «Härdli», in dem man grosses Potenzial für die Zukunft sieht. Aber obwohl es ums Geld ging, ging es nicht ums Geld: Zwei Kreditvorlagen – eine für den Unterhalt von Schulliegenschaften (1,12 Millionen Franken) und eine für die Überarbeitung des Entwässerungsplans (720000 Franken) – ersuchten nämlich um mehr Geld als jene für das «Härdli». Nein, beim «Härdli» geht es um Emotionen, um ein «Quo vadis, Neuenhof?». 137 Stimmberechtigte haben sich diese Frage in der Turnhalle Zentrum am Montagabend gestellt. Im Zentrum der Debatte: die kantonale Baupflicht, welche verlangt, dass das Areal bis 2035 bebaut wird, vergangene politische Versäumnisse – und die grundsätzliche Frage, was für eine Gemeinde Neuenhof werden soll, auf wen man Acht gibt und wer zurückstecken muss. Zu den Anspruchsgruppen im «Härdli» gehört etwa der Tennisclub, die Alterssiedlung Sonnmatt oder der Gartenverein.

Noch bevor die Diskussion für das Plenum eröffnet wurde, versuchte Gemeindeammann Martin Uebelhart (Die Mitte) den später ans Mikrofon tretenden Kritikern und Kritikerinnen bereits den Wind aus den Segeln zu nehmen. Im Vorfeld meldeten sich diverse Bürgerinnen und Bürger wegen des 2016 in Kraft getretenen Baugesetzes, welches die Baupflicht mit sich bringt, die zu hohen Abgaben an den Kanton führen kann. Man fühlte sich vom Gemeinderat schlecht informiert, so hätte man sich an der ausserordentlichen Gemeindeversammlung im März 2017 nicht für die Umzonung des «Härdli» entschieden, wenn das richtig kommuniziert worden wäre, so die These der Skeptiker. Selbstkritisch räumte Martin Uebelhart ein, die Kommunikation in diesem Fall sei nicht optimal gelaufen. Aber: Formale Versäumnisse habe es nicht gegeben, das habe man intern abgeklärt.

«Farçe», «Betrug» und doch Sieg

Doch manch anwesende stimmberechtigte Person sah sich durch diese Erklärung nicht besänftigt. Im Gegenteil. Die Voten fielen hart aus. So äusserte ein Bürger «grosse Zweifel über die hohe Kreditsumme und die gewählte Vorgehensweise». Möglicherweise würde es eine gute Idee sein, über die Wiedereinführung des Einwohnerrates nachzudenken, der 1996 abgeschafft worden war. Der Gemeinderat habe im «stillen Kämmerlein» gearbeitet, statt transparent zu kommunizieren. Es brauche klare Rahmenbedingungen, deshalb sei die Vorlage abzulehnen. Eine andere Bürgerin brachte ähnliche Zweifel vor – in noch deutlicherer Sprache. Sie sprach von einer «Farçe» bezüglich der Unmöglichkeit der Unterteilung des «Härdli» und vermutete hinter der unglücklichen Kommunikation des Gemeinderates gar eine «bewusste Informationsunterlassung» und «Irreführung – von mir aus Betrug». Als Beweis führte sie ins Feld, dass doch die damalige Frau Gemeindeammann Susanne Voser (Die Mitte) zeitgleich im Grossen Rat gesessen habe, als das kantonale Baugesetz geändert wurde, und dementsprechend die Bevölkerung hätte informieren können und müssen. Dieselbe Bürgerin brachte deshalb drei Anträge zur Abstimmung, einerseits müsse man die Familiengärten, den Kinderspielplatz, die Alterssiedlung und den Tennisplatz zurückzonen, andererseits solle die Gemeinde kein Land mehr verkaufen. Beide Anträge wurden aber vom Stimmvolk abgelehnt – mit 44 zu 70 respektive 18 zu 84 Stimmen. Der dritte Antrag, wonach die Gemeinde für die Planung mehrere Offerten von Planungsbüros einholen müsse, wurde mit grossem Mehr angenommen – und auch vom Gemeinderat gutgeheissen.

Eine Bürgerin ergriff schliesslich das Wort für die Vorlage. Sie sei nach Neuenhof zurückgezogen, und das, obwohl ihr Freunde gesagt hätten, anderswo sei es doch schöner, worauf sie befand – nein, in Neuenhof sei es wundervoll. Man habe jetzt die Chance, etwas Grosses für Neuenhof zu schaffen.

Bei aller Kritik am Vorgehen des Gemeinderats folgten die meisten Stimmbürgerinnen und Stimmbürger diesem Votum und stimmten mit 93 zu 30 Stimmen für die Kreditvorlage. Wohl auch, weil von Seiten des Gemeinderats öfter daran erinnert wurde: Hier geht es nicht darum, das «Härdli» bereits zu planen, sondern eben um einen Kredit, um dies in Angriff nehmen zu können.

Die Stimmberechtigten genehmigten zudem den Voranschlag 2022, das Protokoll der Einwohnergemeindeversammlung vom 21. Juni 2021 sowie die Kredite für die Erweiterung und Erneuerung der Schulinformatik, den Ersatz und Unterhalt der Schul- und Gemeindeliegenschaften und die Überarbeitung des Entwässerungsplans. Überdies sprachen sich die Anwesenden dafür aus, dass das Gemeindeammannamt ab 2022 auf ein Pensum von 80 Prozent festgelegt wird.

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