Abschied mit einem Schuss Wehmut

Für Jugendarbeiter Franz Kohler beginnt nach seiner Pensionierung Ende Juni ein neuer Lebensabschnitt. Er blickt auf eine bewegte Karriere zurück.

Jugendarbeiter Franz Kohler geht Ende Juni in Pension. Bild: Romi Schmid
Jugendarbeiter Franz Kohler geht Ende Juni in Pension. Bild: Romi Schmid

Zwischen Flipchart und Leiterwagen sitzt Franz Kohler an seinem Arbeitsplatz im Büro der Jugendarbeit Neuenhof und brütet über einer PowerPoint-Präsentation. Was auffällt, wenn man mit Franz Kohler ins Gespräch kommt, sind seine Ruhe und Gelassenheit. Von den Anstrengungen, die 40 Jahre Sozialarbeit, darunter auch mit harten Jungs, bei vielen seines Fachs hinterlassen, ist bei ihm nichts zu merken. Kohler ist entspannt und blickt zufrieden auf seine berufliche Laufbahn zurück. Fertig sei er aber noch lange nicht, sagt er.

Im Gespräch erzählt Kohler von seinen beruflichen Anfängen. Er erinnert sich: «Als junger Erwachsener legte man mir eine Ausbildung zum Ingenieur oder Sozialarbeiter nahe.» Tatsächlich wird Kohler diplomierter Sozialarbeiter und sammelt erste Berufserfahrung als Jugendseelsorger in seinem Heimatkanton Baselland. Es folgen Anstellungen in einem Aufnahmeheim für Kriminelle und einem Jugendtreffpunkt in Basel. Später wechselt Kohler in die Jugend- und Schulsozialarbeit, erst in Olten, dann in Neuenhof, wo er nach neun Jahren Schulsozialarbeit zurück in die Jugendarbeit wechselte und das letzte Jahr vor seiner Pensionierung verbrachte. «So schliesst sich der Kreis wieder», sagt Kohler, der neben seiner beruflichen Tätigkeit immer wieder auch handwerklich tätig war – sei es als Aushilfsmechaniker für einen Taxibetrieb, bei der Mithilfe im Bau von Seilbahnen oder zuhause im eigenen Haushalt.

Doppelter Wechsel in der Jugendarbeit

Die letzten Wochen vor der Pensionierung kann Franz Kohler kaum geniessen. Einiges muss noch erledigt werden, denn neben Kohler verlässt auch Kollegin Nathalie Jaworski die Jugendarbeit Neuenhof per Ende Juli. Nach fünf Jahren in der Jugendarbeit Neuenhof nimmt sie per August eine neue berufliche Herausforderung an einer Sonderschule an. «Der Zeitpunkt für neue Jugendarbeiter ist ideal», erklärt Kohler und ergänzt: «Die Beteiligung der Jugendlichen war nie grösser, und der neue Jugendraum, für den wir uns so lange Zeit eingesetzt haben, wird nach den Sommerferien eröffnet. Unsere Nachfolger können sich ins gemachte Nest setzen.» Mit seiner Neugier, seinem Wissensdurst und seiner langjährigen Erfahrung will er auch nach der Pensionierung aktiv bleiben, beispielsweise im sozialen Projekt «Jugendliche helfen Senioren», das Kohler an seinem Wohnort Möhlin aufziehen möchte. Für die beiden neuen Jugendarbeiter, die bereits feststehen, wünscht er sich, dass sie gerne zur Arbeit kommen, sich gegenseitig unterstützen, miteinander reden und Freude an der Arbeit haben. «Ein guter Jugendarbeiter ist nicht einer, der ständig etwas macht, sondern einer, der gut zuhören, beobachten und Impulse geben kann», sagt er und ergänzt: «Die Lösung eines Problems liegt oft bei den Ratsuchenden selber, wir Jugendarbeiter können nur helfen, draufzukommen, und mentale Anstösse geben.»

Stets Freude an der Arbeit gehabt

Die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen habe ihm immer Freude bereitet, da seien keine Frustrationen aufgekommen. Das Wertvollste sei gewesen, dass er dank der vielen Herausforderungen nie Gefahr gelaufen sei, festzufahren. Obwohl er bei seiner Arbeit auch Trauriges und Unangenehmes erlebt hat, überwiegen für ihn die schönen Momente. «Im Fernsehen erzählte ein Jugendlicher einmal, dass die Begegnung mit mir – ich war damals Schulsozialarbeiter – der wichtigste Moment für ihn in seinem Leben gewesen sei», erinnert sich Kohler. Das, so Kohler, habe ihn tief berührt. Seiner Pensionierung sieht er mit gemischten Gefühlen entgegen. Er sagt: «Natürlich gehe ich mit ein bisschen Wehmut. Ich hinterlasse viel Vertrautes, vieles, was mich ausmacht. Aber genauso viel nehme ich mit, mitunter all die schönen Momente und Begegnungen, die ich erleben durfte.»

Mehr Zeit zum Laufen, Fotografieren und Kochen

Kohler läuft, fotografiert und kocht fürs Leben gern. Diesen Leidenschaften möchte er nach seiner Pensionierung vermehrt nachgehen. Im November plant er gemeinsam mit Lebensgefährtin Greti einen längeren Aufenthalt auf den Kanarischen Inseln. «Dort», so Kohler, «kann ich kilometerweit laufen und meinen Blick in die Ferne schweifen lassen.» Etwas, das er auch zuhause in Möhlin gerne macht. «Ob mit oder gegen den Strom», erklärt er, «dem Rhein entlang ist es einfach sensationell schön.» Dass er nun bald Rentner ist, fühlt sich für Kohler noch komisch an. «Die erste Zeit wird sich noch wie Ferien anfühlen. Was danach kommt, werde ich auf mich zukommen lassen», sagt er.

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