«In guten wie in schlechten Zeiten»

Seit 30 Jahren säumen Kunstwerke das Limmat-ufer zwischen Baden, Neuenhof und Wettingen. Die Kulturweg-Stiftung bat Schülerinnen und Schüler, die Kunstwerke neu zu interpretieren. Ein Teil der dabei entstandenen Fotos wird in der Limmatwelle publiziert.

Neuinterpretation: Ainhoa, Sabrina und Zoé legten sich ins Kunstwerk von Monika Kaminska. (Bild: Nedim Zekjiri)
Neuinterpretation: Ainhoa, Sabrina und Zoé legten sich ins Kunstwerk von Monika Kaminska. (Bild: Nedim Zekjiri)

«Das ist das Kunstwerk», sagt Sabrina und zeigt auf die drei Skulpturen, die aus der Wiese zwischen der Schwimmbad- und der Alberich-Zwyssig-Strasse ragen. Seit exakt dreissig Jahren steht das von Künstlerin Monika Kaminska geschaffene Werk aus Stahlbeton vor dem Eingang zur Klosterhalbinsel. «Beim Vorbeifahren haben wir es oft gesehen, aber nie so richtig beachtet», sagt Zoé.

Als die Dritt-Sek-Klasse vom Lehrer für Bildnerisches Gestalten, Paul Takács, im Herbst den Auftrag erhielt, aus den knapp 30 Kunstwerken des Kulturwegs eines auszusuchen und neu zu interpretieren, war für Zoé, Sabrina, Ainhoa und Nedim schnell klar: Dieses soll es sein.

Warum? «Es bietet viele Möglichkeiten, etwas darzustellen», begründet Sabrina. Allerdings seien sie, so wie auch viele andere in der Klasse, anfangs von der Aufgabe überfordert gewesen. Sie hätten gezweifelt, ob sie die Aufgabe meistern würden. «Sind wir gut genug dafür?», hätten sie sich am Anfang gefragt.

Als Takács ihnen im Unterricht zeigte, wie Künstler Erwin Wurm Alltagsgegenstände mit minimalem Aufwand in einer Minute neu darstellte, sprudelten die Ideen plötzlich. «Wir legten uns in die Kunstwerke, die zwar einzeln dastanden, aber trotzdem irgendwie verbunden waren, wenn auch nicht alle gleich nah», sagt Ainhoa. Es entstand die Idee, diese Verbundenheit mit zusammengeknüpften Masken darzustellen. «Denn in der Coronazeit verbinden uns die Masken auch, alle tragen Masken», begründet Zoé. Die drei jungen Frauen legten sich in die Schiffe und Nedim fotografierte. Immer wieder bekamen sie von ihrem Lehrer Rückmeldung und passten ihre Arbeit entsprechend an. «Ich achtete beispielsweise darauf, dass im Hintergrund keine Autos zu sehen sind, weil die ablenken würden», sagt Nedim. Auch die schwarze Kleidung, die die drei Frauen fürs Foto trugen, war bewusst gewählt: Sie soll die dunkle Coronazeit symbolisieren.

Postkarten mit Kunstwerken

 

Die Schülerinnen und Schüler der dritten Sekundarschule aus Neuenhof sind nicht die Einzigen, die mit ihren Bildern und Videos am Gestaltungswettbewerb teilgenommen haben, der von der Kulturweg-Stiftung letztes Jahr lanciert worden ist. Gesamthaft wurden 42 Werke eingereicht. «Coronabedingt hat sich die Jurierung auf Ende April verzögert», sagt Michael Bouvard. Er ist Mitglied des 15-köpfigen Rats der Stiftung Kulturweg Limmat und ebenfalls Lehrperson für Bildnerisches Gestalten. «Es hat sehr schöne Arbeiten unter den Einsendungen, aus einigen Fotos werden Postkarten gedruckt», so Bouvard.

Ob das Bild von Zoé, Sabrina, Ainhoa und Nedim dazugehört, wissen die Schüler noch nicht. «Doch ums Gewinnen ging es uns sowieso nicht, es war einfach schön, wieder mal eine Gruppenarbeit zu machen», sagen sie unisono. Denn die Pandemie macht auch ihnen zu schaffen. «Es ist eine einschränkende Zeit und erschwert auch sie die Berufswahl», sagt Sabrina. Wer nicht schon vor der Pandemie in Betrieben war, um verschiedene Berufe kennen zu lernen, habe es jetzt schwierig. «Besonders während des Homeschoolings war es zudem schwierig, beim Lernen nicht nachzulassen und die Noten zu behalten.» «Ohne den Druck der Prüfungen ist es noch schwieriger, die Motivation fürs Lernen zu behalten», doppelt Ainhoa nach.

Abwechslung in ungewisser Zukunft

Corona beeinflusse auch ihre Gedanken über die Zukunft: «Wie wird es sich entwickeln, wie lange dauert es, bis wieder Normalität herrscht?», fragt sich Nedim. Kollegin Zoé fügt an: «Verschwindet das Virus überhaupt wieder und was ist mit unserem Schulabschluss?» Für sie sei der Wettbewerb eine schöne Abwechslung gewesen. Der Name ihrer Fotografie – «In guten wie in schlechten Zeiten» – symbolisiere die momentane Situation. Das habe sich auch während der Arbeit gezeigt. «Der Zusammenhalt ist das Wichtigste. Hätte nicht jeder von unserer Gruppe seinen Teil dazu beigesteuert, wäre das Bild nicht so gut geworden», sagt Zoé. «Wir haben das Bestmögliche aus der Aufgabe gemacht und sind jetzt stolz auf das Endergebnis», fügt Ainhoa an. Trotz dem anfänglichen Gedanken, nicht gut genug für die Bewältigung der Aufgabe zu sein. Über diesen Wandel freut sich auch Lehrer Takács: «Es ist schön, wenn man das Interesse und die Kreativität der Schüler wecken und ihnen das Kunsthandwerk vermitteln kann.»

Kulturweg Limmat

Baden, Wettingen und Neuenhof realisierten anlässlich des 700. Geburtstag der Schweizerischen Eidgenossenschaft den Kulturweg entlang der Limmat. Knapp 30 Freiluftskulpturen sind auf beiden Flussuferseiten ausgestellt. Die Stiftung Kulturweg kümmert sich um die Vermittlung der ausgestellten Werke. Sie lancierte den Gestaltungswettbewerb «Reaktionen». Schülerinnen und Schüler haben die Werke neu interpretiert und auf Fotos und Videos festgehalten. In der Limmatwelle werden die Bilder in loser Folge abgedruckt. Infos und Standort des Kulturwegs unter www.kulturweg-limmat.ch. Die Redaktion

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