Hansruedi Preisig wird 90 Jahre alt: Das Akkordeon ist schon lange sein Begleiter

Am 29. Dezember feiert der Neuenhofer seinen Geburtstag. Er ist zufrieden mit seinem langen Leben, in dem die Musik und die Familie eine wichtige Rolle spielen.

Hansruedi Preisig feiert am 29. Dezember seinen 90. Geburtstag. Sibylle Egloff
Hansruedi Preisig feiert am 29. Dezember seinen 90. Geburtstag. Sibylle Egloff

Hansruedi Preisig blättert durch das Album. Auf jedem zweiten Bild ist er mit einem Akkordeon zu sehen. «Das war an der Geburtstagsfeier eines Freundes. Und das war an der Klassenzusammenkunft einer Kollegin», sagt der Senior. Er sitzt an einem Tisch in der Cafeteria der Alterssiedlung Sonnmatt in Neuenhof. Seit knapp zwei Jahren wohnt Preisig dort. Das Akkordeonspielen ist bis heute seine grosse Leidenschaft. «1944 habe ich damit begonnen. Mit dem spiele ich immer noch, das andere ist mir zu schwer geworden», sagt er und zeigt auf das rote Instrument auf einem Foto. Preisig ist für seine 89 Jahre rüstig und aktiv. Am 29. Dezember feiert er seinen 90. Geburtstag.

«Ich freue mich darauf, weil ich sehe, dass es mir gesundheitlich besser geht», sagt der Jubilar. Dieses Jahr hatte er mit einem Hautausschlag zu kämpfen. «Was es genau ist, konnte der Arzt nicht herausfinden. Es hat schrecklich gejuckt. Zweimal am Tag muss mir jemand die Verbände an den Armen wechseln. Doch nun wird es besser.» An seinem Ehrentag würde er am liebsten mit der ganzen Familie feiern. Doch das geht wegen Corona nicht. Darum plant er, mit seiner Tochter Ursula im Restaurant Bahnhof in Neuenhof eine Pizza zu essen. Geschenke wünscht er sich nicht. «Ich bin zufrieden mit meinem Leben, es geht mir gut.» Deshalb wolle er anderen eine Freude machen, die es wirklich nötig hätten. «Ich werde einen Betrag an eine Organisation spenden, vielleicht an das Sozialwerk Pfarrer Sieber oder die Heilsarmee. Das muss ich mir noch überlegen», sagt Preisig.

Ein gutes Klima in der Familie ist sein Rezept für ein langes Leben

Sein Rezept für ein langes Leben ist simpel. «Ein gutes Klima in der Familie und der gute Kontakt zu Freunden sind wichtig. Die Natur und der Glaube spielen sicher auch eine Rolle», sagt er. Bevor Preisig in die «Sonnmatt» zog, war er in Wettingen zu Hause. Zuletzt lebte er in einer Wohnung im Lindenhof mit seiner Frau Irma. Seit sie 2018 verstarb, ist er alleinstehend.

Preisigs Wurzeln liegen in der Ostschweiz, das hört man im Gespräch sofort. Er wurde 1930 in Wald in Appenzell Ausserrhoden geboren. Mit seinen Eltern und seinem zwei Jahre älteren Bruder zog er als Kind nach Berg bei Weinfelden in den Thurgau. Dort trat sein Vater eine Stelle als Prokurist in einer Stickwarenfabrik an. Er habe eine schöne Kindheit gehabt, sagt Preisig. «Doch ich fand es als Bub schade, dass ich immer nur ein Geschenk zu Weihnachten und keines zum Geburtstag bekam», sagt er und lacht. Doch er habe sich mit der Zeit daran gewöhnt. Schokolade erhielten er und sein Bruder oft an den Festtagen, von den Grosseltern gab es einen Biberfladen und einen silbernen Fünfliber. Sein vermögender Götti, der auf der Bank arbeitete, schenkte ihm bei jedem Besuch 50 Franken. «Das war damals ganz schön viel Geld. Wenn er vorbeikam, brachte er auch Bananen und Malaga-Trauben von seinen Reisen aus Afrika und Südeuropa mit.»

Gerne erinnert sich Preisig an seine Aufenthalte bei seiner Grossmutter. «Ich war viel bei ihr in den Ferien. Sie wohnte in der Nähe des Alpsteins. Dort war einfach alles besser. Ich liebte die Natur und entdeckte die Freude am Wandern.» Das Hobby begleitete Preisig auch in seinem Erwachsenenleben. «Ich habe mit meiner Frau und mit Arbeitskollegen viele Bergtouren von Hütte zu Hütte gemacht und so die Schweizer Bergwelt kennen gelernt.» 1944 kam Preisig nach Baden. Ein Onkel hatte ihm eine Lehrstelle als Maschinenschlosser bei Brown Boveri & Cie. (BBC) besorgt. «Im vierten Lehrjahr lernte ich meine Frau Irma kennen. Sie machte damals eine Ausbildung zur Vorhangverkäuferin in der Rathausgasse.» 1951 heirateten die beiden und zogen nach Wettingen. Im selben Jahr kam Sohn Peter zur Welt, zwei Jahre später machte Tochter Ursula das Familienglück komplett.

Auch sein Beruf als Maschinenschlosser erfüllte ihn. Preisig arbeitete unter anderem für die Firma Gutor in Wettingen, das Unternehmen Rapid in Dietikon, das Elektrizitäts- und Wasserwerk Wettingen oder die Firma Schlatter in Schlieren. «Besonders gefallen hat es mir in Schlieren. Die Führung hat gestimmt und die Arbeitskollegen waren toll. Ich habe heute noch Kontakt mit einigen.» 1994 wurde Preisig pensioniert. Mit seiner Frau erkundete er im Ruhestand die Welt. «Wir bereisten viele Städte in Europa. London, Berlin, Wien, Dresden und Paris haben mich besonders fasziniert.» Überdies unternahmen die Preisigs eine Kreuzfahrt von Las Palmas über Senegal nach Rio de Janeiro und bereisten zweimal die USA.

Am liebsten mag er englische Walzer und rassige Märsche

Wie ein roter Faden zieht sich das Akkordeonspiel durch Preisigs Leben. Er war jahrelang Mitglied in Orchestern und Musikgruppen, so etwa bei den Bridge Singers in Würenlos oder bei der Akkordeongruppe Spielplausch Baden. In der Gruppe, aber auch alleine bestritt er viele Anlässe und sorgte für musikalische Unterhaltung. «Am liebsten sind mir englische Walzer und rassige Märsche. Von 30 Märschen kann ich bestimmt 5 auswendig.»

Die Coronapandemie beschäftigte den Senior dieses Jahr. «Viele meiner Jahrgänger und Freunde sind daran gestorben. Es ist eine schwierige Zeit.» Doch seinen Lebensmut lässt sich Preisig nicht nehmen. «Ich wünsche mir für 2021, dass ich nicht bettlägerig werde und weiterhin Musik machen kann.» Er hat nämlich schon Pläne fürs neue Jahr. «Wenn sich die Coronasituation beruhigt, würde ich den Bewohnern mit meinem Akkordeon gerne ein Ständchen spielen.»

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