Denkmalschützer über Holzbrücke: «Die Spuren der Zeit darf man sehen»

Die Holz- und Eisenbrücke zwischen Wettingen und Neuenhof wird derzeit restauriert. Die Brücke in den Ursprungszustand zu versetzen, sei nicht das Ziel, sagt der Denkmalschützer.

Die Holzbrücke, die Wettingen und Neuenhof verbindet, ist aussen mit Eternitschindeln verkleidet. Nach der Sanierung werden es wieder Holzschindeln sein. Rahel Bühler

Die Holzbrücke, die Wettingen und Neuenhof verbindet, ist aussen mit Eternitschindeln verkleidet. Nach der Sanierung werden es wieder Holzschindeln sein. Rahel Bühler

Heiko Dobler ist für den Denkmalschutz der Holz- und Eisenbrücke zuständig.

Heiko Dobler ist für den Denkmalschutz der Holz- und Eisenbrücke zuständig.

Metallgitter, verkleidet mit weissem Stoff, versperren den Weg zur alten Holzbrücke, die Wettingen mit Neuenhof verbindet. Wer über die Brücke will, muss um sie herumlaufen. Der Grund ist simpel: Das Dach ist undicht, mehrere Holzbalken sind verfault, einzelne bereits gebrochen. Kurzum: An der Brücke nagt der Zahn der Zeit. Deshalb wird sie seit 25. Mai saniert.
Sie ist eine der letzten verbleibenden Holzbrücken im Aargau. Und steht unter kantonalem Denkmalschutz. An dieser Stelle kommt Heiko Dobler ins Spiel. Als Bauberater der kantonalen Denkmalpflege begleitet er das Projekt. «Die Brücke muss restauriert werden. Das wusste man schon länger. Aber es war nicht abschliessend geklärt, wem sie gehört und wer für den Unterhalt zuständig ist. Das mussten die Gemeinden und der Kanton zuerst klären», erklärt Dobler vor der Brücke. Hinter ihm eröffnet sich die Baustelle: Der Asphaltboden ist schon nicht mehr zu sehen, nur noch die Unterkonstruktion. Das Gerüst befindet sich im Aufbau. Es lugt unter der Brücke hervor. 

Keine Absicht, die Brücke in den Ursprungszustand zu versetzen

2016 haben Wettingen, Neuenhof und der Kanton eine Absichtserklärung unterzeichnet: Wenn die Brücke instand gestellt ist, gehört sie zur Hälfte Wettingen, zur Hälfte Neuenhof. Die drei Parteien sanieren die Brücke gemeinsam. Auch der Bund wird das Projekt finanziell unterstützen, da die Brücke zum Inventar der historischen Verkehrswege der Schweiz gehört. Daraufhin hat die Denkmalpflege das Restaurierungskonzept für die Brücke erstellt. «Wir wollen die Brücke nicht in den Zustand von 1819, als Blasius Baltenschweiler sie gebaut hat, zurückversetzen. Man darf die Spuren der Zeit sehen», sagt Dobler. Die Denkmalpflege wolle keinen Zustand vortäuschen, der nicht ist. «Historisch relevant ist nicht nur der Ursprungsbau, sondern auch die Veränderungen.» Nur offensichtlich störende Elemente würde man ersetzen oder entfernen. Etwa Schmierereien. An beiden Wänden der Brücke finden sich unzählige davon. «Wir versuchen im Moment, sie mit Dampf zu entfernen», erklärt er und zeigt auf einen Holzbalken, wo ein Schriftzug noch leicht zu erkennen ist. Abschleifen bedeute Substanzverlust. Das sei nicht das Ziel. 

Als das Kloster Wettingen 1817 den Bau der Brücke in Auftrag gab,  sei sie eine wichtige Verbindung von Zürich nach Baden gewesen. Deshalb nennt Dobler die Brücke eine verkehrs- und kulturgeschichtlich wichtige Zeitzeugin. «Das Aufkommen des motorisierten Verkehrs hat die Brücke zusätzlich belastet», erklärt er und weist auf vertikal verlaufende Metallstangen und -schrauben hin. Damit hat man 1924 die Brücke verstärkt.

Mit dem Bau der Limmatbrücke weiter östlich, Anfang der 1970er-Jahre, habe die Holzbrücke an Bedeutung verloren. «Jetzt muss sie nur noch sich selbst und einige Passanten tragen.»
Mittlerweile ist Dobler auf der Neuenhofer Limmatseite angekommen. Auch hier ist der Zugang mit Gittern versperrt. Von dieser Seite aus sieht man die gräulichen Eternitschindeln, die die Brücke von aussen verkleiden. Ursprünglich seien es Holzschindeln gewesen, so Dobler. Diesen Zustand werde man wiederherstellen. Denn: «Eternit gibt dem Bauwerk einen anderen Charakter als Holz.» Auch seien die Schindeln gräulich, die Fensterrahmen grün gemalt gewesen. Auch das solle wieder so sein. Das ist eine der Aufgaben Doblers während der Restaurierung: Er muss entscheiden, welchen Farbton die Handwerker verwenden. 
Was bleibt, ist der grösste Teil der Holzkonstruktion. Die Balken würden nur dort ersetzt, wo sie ihre Tragfunktion nicht mehr übernehmen können, erklärt Dobler und zeigt auf einen gebrochenen Balken in der nördlichen Wand. «Durch das undichte Dach kam Regen ins Gebälk. Es faulte und brach.» Eine provisorische Holzkonstruktion stützt ihn. Ihr Holz ist deutlich heller als der Rest. «Beim Ersetzen von Holzbalken schauen wir auf die gleiche Verarbeitung und das gleiche Material», so der Denkmalschützer. Dafür habe die Bauleitung Handwerker engagiert, die sich mit denkmalgeschützten Objekten auskennen. Kaputte Ziegel würde der Dachdecker denn auch mit historischen Ziegeln ersetzen. Bisher funktioniere der Austausch gut.

Die Eisenbrücke wird komplett entfernt

Die Sanierung der Holzbrücke dauert bis Oktober. Von November bis Juni 2021 gilt es für die Eisenbrücke, die die Holzbrücke mit dem Wettinger Ufer verbindet, ernst: Dann kommt die gesamte Konstruktion weg. «Beim Ausarbeiten des Projekts haben wir festgestellt: Der Metallbauer kann sie nicht vor Ort vom Rost befreien. Er kommt nicht an alle Stellen heran», so Dobler. Deshalb wird sie abgebaut und in der Werkhalle restauriert. Auch das Geländer wird in den Ursprungszustand zurückversetzt. 

Wenn dann die Arbeiten fertig seien, könne die Bevölkerung das Bauwerk neu entdecken, sagt Dobler. «Ich freue mich darauf.» 

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