Das letzte Wort

Wegen unhaltbaren Zuständen an der Schule Spreitenbach schlugen Schulleiter Roger Stiel und Lehrpersonen vor einem Jahr Alarm. Sie berichteten von Schlägereien, verzögerter Entwicklung beim Schuleintritt und von Erziehungsaufgaben, die an die Schule übertragen werden. Die daraufhin ins Leben gerufene Initiative «Chance Spreiti» versucht nun Abhilfe zu schaffen, damit Kinder in Spreitenbach gesund aufwachsen können (siehe Artikel auf Seite 10/11).
Dass Erziehung mehr und mehr der Schule überlassen wird, traf mich beim Lesen besonders, weil es mich an einen Vorfall mit meiner Familie erinnerte. Vor ein paar Wochen weilten mein Mann und ich mit unseren Töchtern auf dem Schulspielplatz unseres Wohnorts. Wir hatten Spass – bis ein uns unbekannter Bub meiner Vierjährigen in die Haare spuckte. Sie wehrte sich nicht und mein Mann stellte den Buben zur Rede und erklärte ihm, dass man das nicht macht. Die Mutter des Kindes beobachtete das Geschehen aus der Ferne. Fühlte sich aber nicht berufen einzugreifen, um entweder ihren Sohn zu verteidigen oder ihn zu rügen und sich für sein Verhalten zu entschuldigen.
Ihre Passivität irritierte mich – viel mehr als das Gespucke ihres Kindes. Wie man seine Schützlinge erziehen will – ob streng oder nicht – ist jedem Elternteil selbst überlassen. In dieser Situation gar nicht zu reagieren und die Verantwortung abzuschieben, ist für mich jedoch ein No-go. Weil wir keinen Einfluss auf andere haben, haben wir nun beschlossen, unsere Tochter in einen Kampfsport-Kurs zu schicken. Nicht damit sie solchen Buben künftig eine reinhauen kann, sondern um ihr Selbstvertrauen zu stärken. Damit sie trotz all den Widerständen, denen sie in ihrer Schulzeit ausgesetzt sein wird, gesund aufwachsen kann.
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