Lehrer Paul Brandenberg ist nach einer Auszeit zurück an der Schule

Der 59-Jährige hat zwanzig Jahre Erfahrung als Lehrer. Doch nicht nur: Er war mehr als zehn Jahre selbstständig in der Musikbranche tätig.

Paul Brandenberg am Klavier, das im Schulzimmer steht. Ab und zu musiziert er mit den Schülern zusammen. Melanie Bär
Paul Brandenberg am Klavier, das im Schulzimmer steht. Ab und zu musiziert er mit den Schülern zusammen. Melanie Bär

Montag kurz nach drei. Die Glocke im Schulhaus Killwangen klingelt. Die ersten Schulzimmertüren gehen auf, die Kinder stürmen heraus. Nicht so beim Zimmer von Paul Brandenberg. Er öffnet die Tür erst ein paar Minuten später, verabschiedet sich mit einem «Ade», dem Namen des Kinds und einem Händedruck einzeln von jedem Schüler. Mit Blick auf seine Smart-Uhr entschuldigt er sich mit den Worten «Wir mussten noch aufräumen» bei der Journalistin für die Verspätung und bittet an den runden Tisch mitten im Schulzimmer.

Mit seinem Innerschweizer Dialekt und seiner Art strahlt Brandenberg Ruhe aus. Ruheinseln sind ihm auch während des Unterrichts wichtig. Die neuen Lernformen und das altersdurchmischte Lernen (ADL) bringe per se mehr Betrieb mit sich. Seine Klasse besteht aus sechs Erst-, acht Zweit- und sechs Drittklässlern. In Killwangen wurde diese Unterrichtsform aus pädagogischen und organisatorischen Überlegungen frei gewählt. Für den 59-Jährigen ist es nichts Neues. Er hat Erfahrung auf allen Schulstufen und unterrichtete in der Innerschweiz wegen kleiner Klassengrössen immer mehrere Altersstufen in einer Klasse. «Der Vorteil ist, dass die Älteren den Jüngeren helfen können und stärkere Schüler besser gefördert werden können.»

In den zwanzig Jahren als Lehrer ist dem 59-Jährigen auch die Beziehung zu den Eltern wichtig geworden. Kommunizieren sei für ihn mehr, als nur Ja oder Nein zu sagen. «Ich nehme die Eltern und die Kinder ernst und bin froh um ihre Rückmeldung und den Austausch.» Die schönsten Momente als Lehrer geben ihm aber die Schüler. «Wenn ein Kind ein Aha-Erlebnis hat und hüpfend an den Platz zurückgeht und sich freut, dass es etwas gelernt hat.»

Als Herausforderung am Lehrerberuf bezeichnet Brandenberg, der keine eigenen Kinder hat, den «Papierkrieg», die wöchentlich bis zu sieben Sitzungen. «Ich habe lieber mehr Zeit und Musse fürs Kerngeschäft, fürs Unterrichten.» Beklagen will er sich aber nicht – im Gegenteil. Seit er sich mit dreissig als Musikproduzent selbstständig machte und erst mit vierzig in den Lehrerberuf zurückkehrte, schätze er seinen angestammten Beruf noch mehr. «Ich bin dankbarer geworden und schätze es, nicht mehr dem Druck als Selbstständiger ausgesetzt zu sein.»

Auch wenn er als Musiker und Produzent durchaus erfolgreich war, mit Sina musizierte und über eine halbe Million CDs verkaufte, steht er freiwillig wieder in der Schule. «Es war schön, hinter die Kulissen des Musikgeschäfts zu sehen, mit den VIPs anzustossen. Aber es wurde mir zu oberflächlich.» Heute gibt er in seiner Freizeit hin und wieder ein Konzert, produziert CDs mit «grooviger, leicht jazziger» Musik. «Und vielleicht reduziere ich mal und mache beides: Schule geben und Musik produzieren.» Doch vorerst freut er sich auf die neue Klasse. Mittlerweile ist es fast fünf Uhr. Bevor Brandenberg nach Hause nach Spreitenbach geht, will er noch ein paar Sachen für den nächsten Tag vorbereiten.

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