Repol-Chef: «Lockerung darf nicht zu Euphorie führen»

Die Bevölkerung habe sich bisher grössenteils an die Vorgaben zur Bekämpfung des Virus gehalten. Das sagt Roland Jenni, Chef der Regionalpolizei Wettingen- Limmattal, im Interview.

Repol-Chef Roland Jenni vor dem Schalter, der mittlerweile mit einer Plexiglasscheibe von der Kundschaft abgetrennt ist. Melanie Bär/Archiv
Repol-Chef Roland Jenni vor dem Schalter, der mittlerweile mit einer Plexiglasscheibe von der Kundschaft abgetrennt ist. Melanie Bär/Archiv

Was hat sich in der täglichen Arbeit bei der Regionalpolizei verändert, seit die Schweiz im Pandemiemodus ist?

Roland Jenni, Chef Regionalpolizei Wettingen-Limmattal: Seit Mitte März bestimmt der Coronavirus neben unserem Grundauftrag weitgehend unseren Alltag. Primärer Auftrag ist seither, Personenansammlungen mit mehr als fünf Personen zu unterbinden und dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung den Abstand von zwei Metern einhält. Am Anfang taten wir das vor allem präventiv, klärten vor allem auf und gaben Ermahnungen. Zwischenzeitlich mussten wir auch durchgreifen, Leute wegschicken und auch Bussen verteilen; es war nicht anders möglich. 

Wie viele Bussen haben sie wegen Missachten der Coronamassnahmen verteilt?

Im Gebiet der Repol Wettingen-Limmattal haben wir etwa 100 Bussen ausgestellt. Wir setzen mehr auf Prävention statt auf Repression. Aber es gibt immer uneinsichtige Personen, die mehrmals dagegen verstossen und die dann gebüsst werden. Und die Sanktionen waren ja mehrfach angekündigt worden.

Wo sind die Hotspots?

Bekannte Naherholungsgebiete wie der Eigiweiher, Heitersberg, Rüsler, der Stauseebereich an der Limmat in Neuenhof oder der Egelsee. Auch Tankstellenshops und Autowaschanlagen gehören dazu. Deshalb waren Waschanlagen einige Zeit geschlossen. Die Hotspots werden regelmässig angefahren. Wir erhalten auch vermehrt Meldungen wegen Litterings. Meist leider erst am Tag danach, wenn die Verantwortlichen längst weg sind. Littering gehört in unseren Aufgabenbereich, für die Entsorgung des Unrates sind aber die einzelnen Gemeinden zuständig. Wir fahren auch diese Plätze regelmässig ab und suchen das Gespräch, wenn Leute vor Ort sind.

Wie reagierte die Bevölkerung?

Es gibt Ausnahmen, aber die meisten Leute haben grosses Verständnis und halten sich an die Vorgaben. Man merkt, dass sich die Leute auch selber vor dem Virus schützen wollen. Vereinzelt bekamen wir auch positive Rückmeldungen für unseren Einsatz. Gerade in Krisenzeiten sind die Leute froh um die unterstützende Polizei.

Seit Montag sind die ersten Lockerungen im Gang. Es kam auch erste Kritik an den Massnahmen des Bundes auf und es sind wieder spürbar mehr Leute unterwegs. Hält sich die Bevölkerung trotzdem noch an die Abstands- und Gruppierungsregeln?

Durch die Lockerungen und verschiedenen Geschäftsöffnungen entsteht die Gefahr, dass sich zu viele Leute auf zu engem Raum aufhalten. Bei jeder Lockerung müssen wir besonders gut beobachten, wie die Bevölkerung reagiert, und wenn nötig intervenieren. Sie darf nicht zu einer Euphorie führen. Präsenz und Prävention ist in dieser Phase sehr wichtig. Wir sind weiterhin mit mehr Patrouillen als üblich aktiv unterwegs, sprechen Gruppierungen an und schreiten mit gesundem Menschenverstand wo nötig ein. Die aktuelle Situation dauert sicher bis zum 8. Juni. Dann werden weitere Bundesentscheide erwartet. Die Lockerungen dürfen zu keiner Euphorie führen. Die Abstandsvorschriften sind unverändert gültig. Kantons- und Regionalpolizeien unterstützen sich gegenseitig.

Gab es innerhalb des Polizeikorps der Repol Coronafälle?

Nein, bisher nicht. Als Notfallorganisation ist unser oberstes Ziel, dass niemand erkrankt und wir einsatzfähig bleiben. Wir setzen deshalb alles dran, dass sich bei uns niemand ansteckt. Gleichzeitig sind wir einem besonderen Risiko ausgesetzt. Denn wir können unsere Einsätze nicht aussuchen und müssen zu Konfliktsituationen ausrücken, bei denen die Abstandsregeln nicht immer eingehalten werden können. Um zu verhindern, dass sich eine ganze Gruppe infiziert und nicht mehr handlungsfähig ist, haben wir unsere Einsatzgruppen aufgeteilt. Es rückt jeweils nur die Hälfte einer Gruppe aus. Die andere Hälfte ist als Reserve im Bereitschaftsraum. So sind nie alle miteinander in den gleichen Fall involviert. Den Schalterbereich haben wir mit Plexiglas gesichert und es gibt einen Wartebereich, damit es im Posten keine Ansammlungen gibt. Und selbstverständlich werden in den Patrouillenfahrzeugen immer Handschuhe, Schutzmasken und Desinfektionsmittel mitgeführt und wenn nötig eingesetzt. Eine generelle Maskenpflicht haben wir jedoch nicht.

Gibt es bei der Repol auch Kurzarbeit oder Home-Office?

Kurzarbeit nicht. Zwei Mitarbeiter hatten vorübergehend die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten. Alle anderen arbeiten in ihren Dienstgruppen, am Schalter oder zeitverschoben. Die Polizisten vom Spezialdienst Verkehrswesen, die sonst in den Schulen Verkehrsunterricht geben, haben in den letzten Wochen statt tagsüber teilweise auch abends gearbeitet. Sie waren als sogenannte Jugendpatrouillen unterwegs und haben das Gespräch mit Jugendlichen gesucht. Denn gerade auch Jugendliche wollen sich treffen und austauschen, das ist ja auch völlig normal. Wenn die Polizisten mit ihnen Kontakt aufnehmen und sie wegschicken müssen, sind sie grundsätzlich einsichtig.

War der Schalter immer offen?

Ja, aber auch wir erledigen, was immer möglich ist, telefonisch. Nicht zwingend notwendige Arbeiten, beispielsweise amtliche Zustellungen im Bereich Rechtshilfe, haben wir zurückgestellt. Ebenso wie nicht dringend notwendige Einvernahmen, die sich verschieben lassen.

Die Pandemie könnte aber noch lange dauern, kommt es da nicht zu einem Stau?

Doch, deshalb nehmen wir diese Arbeiten im Rahmen der Lockerungen schrittweise, unter Einhaltung der Vorschriften, wieder auf. Präventiv haben wir Schutzmechanismen eingebaut und die Räumlichkeiten, in der Einvernahmen stattfinden, zum Beispiel mit Plexiglasscheiben ausgestaltet.

Haben die Polizistinnen und Polizisten Angst, sich bei einem Einsatz anzustecken?

Nein, unsere Polizistinnen und Polizisten gehen sehr vernünftig mit der Situation um. Sie sind sich gewohnt, mit Gefahrensituationen umzugehen, auch wenn sie sich durchaus bewusst sind, einem erhöhten Risiko ausgesetzt zu sein. Und es gab heikle Situationen, einmal wurde jemand bei einem Einsatz bespuckt. Bisher gelang es uns aber, uns mit den erwähnten Risikomassnahmen vor dem Covid-19-Virus zu schützen.

Es wurde befürchtet, dass es mehr Fälle von häuslicher Gewalt gibt, weil die Bevölkerung weniger Aussenkontakte hat. Ist die Befürchtung eingetroffen?

Nein, es gab keine markante Veränderung der Fallzahlen. Ich glaube auch nicht, dass es daran liegt, dass sich die Leute nicht melden. Wenn jemand zu Hause unter Druck oder in Gefahr gerät, dann ruft die Person immer noch die Polizei. 

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