SVP-Gemeinderat tritt aus seiner Partei aus - nun dominieren die Parteilosen im Rat

Gemeinderat Jürg Lienberger ist aus der SVP ausgetreten. Der Grund: Er ist enttäuscht von der Partei.

Jürg Lienberger, parteilos, seit 2007 Gemeinderat, bis Oktober 2019 SVP. Archiv

Jürg Lienberger, parteilos, seit 2007 Gemeinderat, bis Oktober 2019 SVP. Archiv

Hanspeter Schmid, parteilos, seit 2011 Gemeinderat, bis vor rund sechs Jahren SVP.

Hanspeter Schmid, parteilos, seit 2011 Gemeinderat, bis vor rund sechs Jahren SVP.

Walter Hubmann, <em>parteilos, seit 2008 Gemeinderat, seit 2014 Vizeammann.</em>

Walter Hubmann, <em>parteilos, seit 2008 Gemeinderat, seit 2014 Vizeammann.</em>

Werner Scherer, SVP, seit 2010 Gemeinderat/Vizeammann, seit 2014 Ammann.

Werner Scherer, SVP, seit 2010 Gemeinderat/Vizeammann, seit 2014 Ammann.

Markus Schmid, CVP, seit 2018 Gemeinderat.

Markus Schmid, CVP, seit 2018 Gemeinderat.

In Killwangen gibt es zwei Ortsparteien: die SVP und die CVP. Anfang der letzten Legislaturperiode war die SVP mit drei Gemeinderäten die am stärksten vertretene Partei. Dann trat vor rund sechs Jahren Gemeinderat Hanspeter Schmid aus der Partei aus. Aus persönlichen Gründen, wegen interner Unstimmigkeiten, wie Schmid sagt.

Nun folgt auch der Rücktritt von Jürg Lienberger. Als Grund gibt er die Wiederwahl von Bundesanwalt Michael Lauber an. «Ich bin schwer enttäuscht, dass die SVP die Wiederwahl von Michael Lauber unterstützt hat, obwohl sie vorgängig sagte, ihn nicht zu unterstützen. Das sind nicht die SVP-Werte, für die ich mich einmal eingesetzt habe», sagt Lienberger. Mit dem Parteiaustritt ziehe er deshalb seine Konsequenzen. Ebenso wie Hanspeter Schmid amtet Lienberger per sofort als Parteiloser. Denn schon beim Knatsch um alt Regierungsrätin Franziska Roth sei er im Frühjahr von seiner Partei enttäuscht gewesen. «Ich hätte erwartet, dass man ihr Hilfe anbietet, schliesslich hat die SVP sie zur Wahl vorgeschlagen», so Lienberger.

Die SVP Killwangen verliert somit ihren ersten Gemeinderatsvertreter. Jürg Lienberger war bereits bei der Gründung der Ortspartei am 12. September 2007 dabei, war im erweiterten Vorstand und wurde noch im Gründungsjahr als erster SVP-Vertreter in den Gemeinderat gewählt.

Nach seinem Rücktritt ist die SVP nun nicht mehr wie zu Spitzenzeiten mit drei, sondern nur noch mit einem Mann vertreten, mit Gemeindeammann Werner Scherer. Dieser hatte allerdings öffentlich angekündigt, sich für die neue Legislatur nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Angesichts der heutigen neuen Situation will er sich nochmals Gedanken darüber machen.

«Ich bedauere den Austritt von Jürg Lienberger sehr», sagt Jules Rutishauser, Präsident der SVP-Ortspartei. Er weilte zum Zeitpunkt der Anfrage der Limmatwelle in den Ferien und war erst danach, mehrere Tage später, für eine Stellungnahme zu erreichen. Dass dies mit den am Wochenende durchgeführten Wahlen zu tun haben könnte und er keine Negativwerbung für seine Partei wollte, dementiert er. «So etwas wäre mir beim besten Willen nicht in den Sinn gekommen. Das mache ich generell nicht», sagt er und fügt an: «Meiner Ansicht nach hat so etwas auch keinen Einfluss auf die Wahlen.»

Trotz Bedauern hat Rusishauser Verständnis für die Argumentation von Lienberger. «Wenn mich etwas sehr stark stören würde, hätte ich auch Mühe, es zu unterstützen.» Die verschiedenen Austritte wertet er nicht als grundsätzliches Problem der SVP Killwangen. Um trotz Abgängen auch künftig im Gemeinderat vertreten zu sein, kläre man nun ab, wer Interesse an einem solchen Amt hätte. «Es geht aber nicht darum, dass die SVP einen Gemeinderat mehr hat. Es muss jemand sein, der der Gemeinde etwas bieten kann.» Rutishauser würde es sehr begrüssen, wenn der amtierende Gemeindeammann Werner Scherer trotz einstiger Rücktrittserklärung noch eine Amtsperiode anhängen würde. «Zum Wohle der Gemeinde», wie Rutishauser anfügt.

Auch die CVP hat die Austritte der SVP mitbekommen. «Auch wenn wir nicht immer gleicher Meinung sind, schätze ich Jürg und Hanspeter», sagt Parteipräsident Urs Alt. Bei den Abgängern aktiv für die eigene Partei zu werben, will er zwar nicht und kann sich auch nicht vorstellen, dass sie unmittelbar bei der CVP anklopfen werden. Alt fügt jedoch an: «Für ein Gespräch wären wir aber immer offen.»

Einer Partei beizutreten, ist aber für alle drei parteilosen Gemeinderäte kein Thema. «Ich schätze den Austausch mit den Parteipräsidenten, den wir als Gemeinderat regelmässig pflegen», sagt Hanspeter Schmid. Als Parteiloser könne er nun aber sachlich entscheiden. «Und ich fühle mich freier.»

Für Walter Hubmann, der nie einer Partei angehörte, hat es nur Vorteile, in der Lokalpolitik parteilos zu sein. Er habe oft Diskussionen unter Kollegen mitbekommen, die sich über parteiinterne Strategien und Weisungen gestritten haben. «Es wurden Meinungen vertreten, weil es die Partei so wollte. Als Parteiloser kann ich hingegen die Meinung vertreten, die aus meiner Sicht für Killwangen am besten ist», so Hubmann. Nachteile sehen die drei parteilosen Gemeinderäte keine.

«Für politische Ämter auf Gemeindeebene ist eine Parteizugehörigkeit tatsächlich weniger relevant als auf kantonaler oder nationaler Ebene», bekennt auch Urs Alt. «Zudem will gerade die junge Generation frei und unabhängig sein, was die Tendenz von immer mehr parteilosen Personen begünstigt.» Und dennoch sieht er viele Vorteile, einer Partei anzugehören. Insbesondere beim Amt als Gemeinderat. «Die Partei steht mit Rat und Tat zur Seite und unterstützt die Kandidierenden im Wahlkampf.»

Die CVP bemühe sich permanent um neue Mitglieder. «In allen Gemeinden hat man Nachwuchsprobleme. In Killwangen als kleine Gemeinde besonders.» Wie die CVP letzte Woche bekannt gab, war sie diesbezüglich kürzlich erfolgreich: Sibylle Müller, Präsidentin des Elternvereins, ist der Partei beigetreten (die Limmatwelle berichtete).

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