«Niemand ist nur gut oder böse»

Gemeindepräsident Markus Mötteli begründet, warum Roger Köppel nach Drohungen wieder ausgeladen wurde und wie er mit der Kritik dazu umgeht.

Ein anonymes Schreiben, in dem Störaktion und Gewalt angedroht wurden, hat den Gemeinderat am Abend vor der Nationalfeier dazu veranlasst, Gastredner Roger Köppel auszuladen. Nun wird der Gemeinderat für die Absage kritisiert. Haben Sie Verständnis dafür? Markus Mötteli, Gemeindepräsident (Die Mitte): Grundsätzlich verstehe ich alle, die kritisieren, dass wir uns der Gewalt gebeugt und die Drohungen stärker gewichtet haben als die Redefreiheit. Auch bei uns hinterlässt es ein ungutes Gefühl, dass wir so weit gehen mussten. Als wir am Freitag die konkrete Drohung erhielten, wägten wir ab, ob wir eine 1.-August-Feier unter schwerster Sicherheitskontrolle durchführen, die Rede absagen oder sogar den ganzen Anlass. Letzteres kam für den Gemeinderat nicht infrage. Es wäre zu kurzfristig gewesen und die Bevölkerung hat ein Recht darauf, zu erfahren, was passiert ist.

Nichtsdestotrotz beugte sich der Gemeinderat der Drohung und lud Herrn Köppel wieder aus ... Ja, wir liessen uns erpressen und daher verstehe ich die Kommentare. Doch wir mussten alle Argumente abwägen: Wollen wir eine Feier unter diesen Sicherheitsvorkehrungen? Weil die Örtlichkeit auf drei Seiten offen ist, hätte man den Platz absperren und eine Eingangskontrolle durchführen müssen, um sicherzugehen, dass niemand Wurfgeschosse mitführt. Wir haben auch viele ältere Besucher, bei einem Tumult hätte schnell jemand stürzen und sich verletzen können. Diese Verantwortung wollten wir nicht übernehmen.

In Kommentaren wurde kritisiert, die Polizei hätte keinen Schutz gewährt. Gemäss Medienberichten im «Badener Tagblatt» riet die Polizei aber nicht, Herrn Köppel nicht auftreten zu lassen, sondern zusätzlich zur Polizei private Sicherheitsleuten aufzubieten. Warum hat der Gemeinderat anders entschieden? Wir hätten das organisieren können, trotzdem hätten wir die Sicherheit nicht gewährleisten können. Es war auch eine Zeitfrage, die Drohungen gingen ja am Freitag ein. Hätten wir mehr Zeit gehabt, hätten wir versucht, die Rede durchführen zu lassen.

Musste man bei einem so polarisierenden Redner nicht von Anfang an mit höheren Sicherheitsvorkehrungen rechnen? Nein, wir haben nicht mit konkreten Gewaltdrohungen gerechnet. Dass Roger Köppel so stark polarisiert und bei gewissen Bevölkerungsteilen auf totale Ablehnung stösst, hätte sich der Gemeinderat nicht träumen lassen.

Was löst das bei Ihnen aus? Es stimmt mich überaus traurig, dass wir aufgrund einer Drohung und einiger weiterer negativer Äusserungen im Vorfeld zu diesem Schritt gezwungen wurden. Für viele gibt es nur schwarz oder weiss, gut oder böse, Freund oder Feind. Aber wir wissen doch aus eigener Erfahrung, dass es viele Grautöne und Farben gibt, und niemand ist nur gut oder böse. Diese für mich sehr bedenkliche Tendenz zeigte sich schon lange, aber in Krisenzeiten wurden sie noch verstärkt.

Das bekamen Sie in den Kommentaren nach der Absage auch an der eigenen Person zu spüren. Trifft Sie das? Ja. Vor allem weil die Öffentlichkeit ja nicht alle Details kennt, die zu unserem Entscheid führten. Hätten wir anders entschieden und es wäre etwas passiert, wären die Kommentare umgekehrt ausgefallen.

Hatten Sie schlaflose Nächte deswegen? Ja, bevor der Entscheid gefällt wurde. Nach der Kritik fragte ich mich, ob ich mir solche Beleidigungen antun muss. Doch ich bekam auch viele positive Rückmeldungen, die negativen sind die Minderheit.

Zieht der Gemeinderat eine Lehre aus dem Fall? In Zukunft werden wir früher eine Risikoanalyse vornehmen, wenn ein Redner auftritt, der polarisiert. Es ist unfassbar, dass solche Drohungen auf Gemeindestufe vorkommen. Damit haben wir nicht gerechnet. Der Vorfall schadet Spreitenbachs Ruf, der ohnehin nicht der beste ist. Ich bezweifle, dass die Drohung aus Spreitenbach kam.

Werden Sie Roger Köppel bei anderer Gelegenheit einladen? Es ist nicht auszuschliessen. Zuerst werden wir aber die Situation in Ruhe analysieren und Anzeige einreichen.

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