Herausforderungen gemeinsam lösen

Der Neuenhofer Gemeinderat passte die Vision an: Eine Fusion mit Baden ist nicht mehr das Ziel. Warum er die Bevölkerung nicht aktiv in die Anpassung einbezog und warum auch die anderen Gemeindeammänner auf Zusammenarbeit statt Zusammenschluss setzen.

Neuenhof hat nicht mehr das Ziel, mit Baden zu fusionieren – die Limmatwelle-Gemeinden setzen auf Zusammenarbeit. Sandra Ardizzone/Archiv
Neuenhof hat nicht mehr das Ziel, mit Baden zu fusionieren – die Limmatwelle-Gemeinden setzen auf Zusammenarbeit. Sandra Ardizzone/Archiv

Anfang Mai stellte der Neuenhofer Gemeinderat seine neue Vision vor: «Wir gehen voraus – mutig, selbstbestimmt und eigenständig. Wir sind aktiver Partner in der Region.» (Die Limmatwelle berichtete). Sie löst die alte Vision ab, ein Stadtquartier von Baden zu werden.

Gestaunt über diese Änderung hat Andreas Muff, ehemaliger Gemeinderat (parteilos): «Man hätte die Bevölkerung mit ins ‹Boot› nehmen und eine Info-Veranstaltung planen müssen, damit der Gemeinderat seine Gründe für einen Alleingang erklären kann.»

Darauf angesprochen, sagt Gemeindeammann Martin Uebelhart (Die Mitte): «Das hätte man auch tun können. Weil wir nichts an der momentanen Eigenständigkeit ändern, sondern nur das Ziel, kein Badener Stadtquartier mehr werden zu wollen, haben der Gemeinderat und die Geschäftsleitung diese neue Vision an ihrer Klausur jedoch selbst gefasst.» Es sei Aufgabe des Gemeinderats, sich Gedanken zu machen, wo man in zehn, zwanzig Jahren stehen wolle, und eine entsprechende Vision sowie Leitsätze festzulegen. Aus der Bevölkerung habe er vorwiegend positive Rückmeldungen zur neuen Vision erhalten, so Uebelhart. An der Gemeindeversammlung will er persönlich darüber informieren.

Keine finanzielle Notlage mehr

«Die Ausgangslage von Neuenhof hat sich seit der Fusionsabstimmung stark verändert: Damals stand die finanzielle Notlage im Fokus. Heute kann Neuenhof dank dem Geld aus dem Finanz- und Lastenausgleich wirtschaftlich selbstständig in die Zukunft blicken», begründet Uebelhart die Visionsänderung. «Das rechtfertigt noch lange keinen Alleingang», findet hingegen Muff, der sich weiterhin für eine Fusion mit Baden ausspricht.

Für den Neuenhofer Gemeinderat hingegen ist klar: Er setzt auf Eigenständigkeit und will – sofern sinnvoll – mit umliegenden Gemeinden zusammenarbeiten. Neuenhof und Wettingen sind zwei von dreizehn Gemeinden, die im Projekt «Modellstadt» mitarbeiten. Ziel sei auch dort nicht mehr die Fusion, sondern die Zusammenarbeit der beteiligten Gemeinden zu stärken. «Aktuell haben wir im Bereich Asylbetreuung eine gemeinsame Lösung gefunden», nennt der Wettinger Gemeindeschreiber ein Beispiel.

Fusion in Killwangen, Spreitenbach, Würenlos und Wettingen kein Thema

Auf Nachfrage zeigen alle Gemeindeammänner Verständnis für Neuenhof – und auch sie haben keine Fusionspläne. «Der Entscheid oder die Ausrichtung von Neuenhof betrifft uns nicht. Unter Abwägung der Vor- und Nachteile muss sich jede Gemeinde diese Gedanken machen», zeigt Markus Schmid (Die Mitte), Gemeindeammann von Killwangen, Verständnis für den Entscheid, eigenständig bleiben zu wollen.

«Neuenhof hat in Sachen Eigenständigkeit und Selbstvertrauen stark zugelegt und es freut mich besonders, dass sie zurzeit auf eine Fusion mit Baden verzichten, weil auch wir zurzeit keine Fusionspläne schmieden», schreibt der Würenloser Gemeindeammann Anton Möckel (parteilos).

Auch Wettingen hegt keine Fusionspläne. Eine im Herbst 2018 durchgeführte Bevölkerungsbefragung zeigte, dass drei Viertel der Befragten eine regionale Zusammenarbeit befürworten, jedoch keinen Zusammenschluss wollen.

Offener in Sachen Fusion war die Spreitenbacher Bevölkerung: Zwei Drittel stimmten im 2015 dem Fusionsvertrag zu, der aufgrund Killwangens Nein aber nicht ausgearbeitet wurde. «Die Spreitenbacher Bevölkerung war damals bereit, weitere Schritte zur Fusion zu machen. Aufgrund der Ablehnung in Killwangen ist diese Frage vorläufig vom Tisch und es bestehen keine Pläne, dieses Vorhaben zu reaktivieren», schreibt Spreitenbachs Gemeindepräsident Markus Mötteli (Die Mitte). Er persönlich sei jedoch der Meinung, dass Gemeindefusionen durchaus sinnvoll sein können. Wichtig sei ihm, dass weiterhin in vielen Bereichen gut zusammengearbeitet werde. «Was mit dem Entscheid von Neuenhof keinesfalls in Frage gestellt wird. Viele Herausforderungen – auch künftige – können wir nur gemeinsam lösen.»

In diversen Bereichen wird zusammengearbeitet

Die Wichtigkeit von Zusammenarbeit betonen alle Gemeindeammänner. In vielen Bereichen tun sie das bereits heute: Zivilstandsamt, Regionales Führungsorgan Wettingen-Limmattal, Regionalpolizei Wettingen-Limmattal, Zivilschutzorganisation Wettingen-Limmattal. Ein weiteres Beispiel ist die Schule: Neuenhofer und Würenloser Kinder gehen in Wettingen in die Bezirksschule. Killwangener Schülerinnen und Schüler besuchen die Oberstufe in Spreitenbach. Auch bei der Schulsozialarbeit, dem Betreibungsamt, der Feuerwehr, der Abwasserreinigungsanlage, dem Forst und der Musikschule arbeiten einige Gemeinden zusammen.

«Es gäbe aber sicher noch weitere Bereiche, in welchen Optimierungspotenzial für eine Zusammenarbeit vorhanden wäre», so Mötteli. Als Beispiel nennt er die Trinkwasserversorgung. «Im Falle von Spreitenbach könnte dies auch mit den angrenzenden Zürcher Gemeinden der Fall sein.»

Trotz grundsätzlichem Interesse an der Zusammenarbeit mit anderen Gemeinden sind Killwangen, Spreitenbach und Würenlos nicht Teil der «Modellstadt». «Für uns ist das Konstrukt zu gross und passt nicht», sagt Möckel. Zusammenarbeit würden sie themengesondert mit jenen Partnern planen, die für Würenlos Sinn machen. Auch der Gemeinderat Spreitenbach habe damals keinen Handlungsbedarf gesehen. Auch weil er die «Modellstadt» eher als Projekt der Zentrumsgemeinden Baden/Wettingen und der direkt angrenzenden Gemeinde beurteilt. «Der Gemeinderat signalisierte aber schon damals sein Interesse, bei späteren, konkreten Zusammenarbeitsprojekten einzelner Bereiche eine Beteiligung zu prüfen.»

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