«Der Anspruch der Bevölkerung an uns ist hoch»

Roland Jenni baute die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal auf. Nun geht er in den Ruhestand. Zum Abschied spricht er über Highlights und künftige Brennpunkte.

Roland Jenni leitete neun Jahre lang die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal und baute die Organisation auf. Sibylle Egloff
Roland Jenni leitete neun Jahre lang die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal und baute die Organisation auf. Sibylle Egloff

Das Büro mit Blick auf den Wettinger Zentrumsplatz hat Roland Jenni bereits seinem Nachfolger Oliver Bär übergeben. Und auch seine Dienstkleidung trägt der Leiter der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal nicht mehr, als er durch den Polizeiposten geht. «Vor zwei Wochen wurde ich vom Wettinger Gemeinderat verabschiedet. Richtig Schluss ist Ende Mai», sagt Jenni. Neun Jahre lang setzte er sich als Polizeichef für Recht, Sicherheit und Ordnung im Limmattal ein. Nun wartet der Ruhestand.

 

Seit 1982 stehen Sie im Dienste der Polizei. Sie arbeiteten auf verschiedenen Posten, vornehmlich im Bezirk Brugg, für die Kantonspolizei Aargau, waren Stützpunktchef in Baden sowie Kadermitglied. Ihre letzte Station war die Regionalpolizei Wettingen-Limmattal. Können Sie gut loslassen?Roland Jenni: Ja, das klappt sehr gut. Meine Arbeit hat mir immer gefallen, doch ich freue mich auf die Zeit danach. Ich gehe mit 62 Jahren etwas früher in Pension. Der Hauptgrund dafür ist, weil ich mich jetzt noch fit fühle, um meine Hobbys, die in all den Jahren zu kurz kamen, auszuüben. Ich gehe zum Beispiel gerne auf die Jagd auf dem Bözberg. Überdies bewirtschafte ich eine Fischpacht im Tirol mit Freunden. Das sind zeitintensive Hobbys, denen ich nun meine volle Aufmerksamkeit schenken kann. Ich habe in den letzten 40 Jahren nie eine längere Auszeit genommen, war höchstens zwei Wochen am Stück in den Ferien, daher ist es nun höchste Zeit.

Sie traten Ihre Stelle als Kommandant der Regionalpolizei Wettingen-Limmattal am 1. Juli 2013 an. Wie kam es dazu? Vor meiner Zeit gab es die Organisation gar nicht. Wettingen, Würenlos und Neuenhof hatten ihre eigene Gemeindepolizei und die Regionalpolizei Spreitenbach kümmerte sich um die Gemeinden Spreitenbach, Killwangen und Bergdietikon. Da kleine Polizeien die Standards nicht mehr erfüllen konnten und zu wenig Ressourcen hatten, einigten sich die Gemeinden des Kreises 2 im Limmattal, eine Regionalpolizei einzuführen, die dieses Gebiet abdeckt. Da ich als Postenchef der Kantonspolizei in Wettingen stationiert war und auch als Stützpunktchef in Baden die Region gut kannte, bewarb ich mich für die Stelle.

Ihnen kam also die Rolle zu, die neue Regionalpolizei Wettingen-Limmattal aufzubauen? Genau. Ich übernahm die Polizistinnen und Polizisten aus den Vertragsgemeinden und stellte einen 24-Stunden-Betrieb auf die Beine. Zuvor arbeitete man im Pikettdienst. Dieser wurde immer unbeliebter, weil man auf Abruf war und nichts planen konnte. Ein 24-Stunden-Betrieb ist besser vereinbar mit dem Familienleben. Man arbeitet an zwei Tagen und zwei darauffolgenden Nächten, hat dann aber vier Tage am Stück frei. Diesbezüglich habe ich ein Gruppensystem mit Gruppenchefs eingeführt. Jede Gruppe besteht aus sieben Personen. Ich bildete vier Einsatzgruppen. Hinzu kam eine Spezialgruppe, die sich um jugendpolizeiliche Dienste und um die Verkehrsinstruktion an Schulen und Kindergärten kümmert. Zudem brauchten wir Personen, die Meldungen aufnehmen und den Schalter bedienen. Insgesamt zählen wir aktuell 41 Mitarbeitende. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, dass wir für ein Gebiet mit 54000 Einwohnerinnen und Einwohnern zuständig sind.

In Ihre Zeit fällt auch der Umzug in den heutigen Polizeistützpunkt in den ehemaligen Räumen des EW (Energie Wettingen) an der Landstrasse. Ich erinnere mich, dass ich zu Anfangszeiten ein halbes Jahr lang ein Büro im vierten Stock im Rathaus hatte (lacht). Zu meinen Aufgaben gehörte es, mit den Architekten zu schauen, wie wir die Räume den Bedürfnissen der Polizei anpassen können. Beim Umbau der drei Stockwerke war mir wichtig, dass die Polizistinnen und Polizisten eine Garderobe und eine Dusche erhalten. Zudem brauchten wir Platz für Einvernahmen, eine Küche, einen Rapportraum und einen Schalter.

Was waren Ihre Highlights in den letzten neun Jahren? Ein grosses Highlight war für mich die Badenfahrt 2017. Wir haben mit der Stadtpolizei Baden zusammengearbeitet und ein Korps gebildet. Das Fest ging friedlich über die Bühne – auch dank unseres Einsatzes. Für mich waren aber nicht nur die grossen Anlässe oder spezielle Fälle Höhepunkte. Meine Arbeit hat mir stets Erfüllung gegeben. Sie war sehr abwechslungsreich, kein Tag war wie der andere. Zudem habe ich auch viel über die politischen Abläufe und die sechs Gemeinden gelernt. Ich stand in ständigem Kontakt mit den Gemeindeammännern und Gemeindeschreibern.

Welche Themen beschäftigen die Regionalpolizei besonders? Wir stellen eine Verrohung der Sitten fest. Die Gesellschaft hat heute keine Lust mehr, ihren Abfall wegzuräumen. Littering ist ein grosses Problem. Hinzu kommen Vandalismus, Lärm und auch Autoposer. Weil wir nicht das ganze Wochenende Schulhäuser überwachen können, arbeiten Gemeinden wie Spreitenbach und Würenlos auch mit Sicherheitsdiensten zusammen, damit die Schulen am Montagmorgen nicht wie eine Müllhalde aussehen. Was die Polizei ebenso fordert, sind die vielen Hobbypolizisten. Heutzutage hat jeder ein Handy und kann uns auf diversen Kanälen zu jeder Zeit erreichen. Wenn ein Hund seine Notdurft in einem fremden Garten verrichtet oder wenn ein Nachbar zu laut ist, kriegen wir sofort ein Video davon oder werden gerufen. Teilweise ist es nicht nötig, dass wir wegen solcher Bagatellen ausrücken müssen. Der Anspruch der Bevölkerung an uns ist hoch. Wir sollten überall sein. Läuft mal etwas nicht so gut, wird uns die Schuld zugeschoben. Auch bescheren uns die vielen und stetig zunehmenden Rechtshilfeaufträge der verschiedenen Ämter, wie Betreibungsämter oder das Strassenverkehrsamt, viel Arbeit.

Um die Sicherheit im Limmattal steht es aber gut? Ja, im Limmattal haben wir einen hohen Sicherheitsstandard. Dank des 24-Stunden-Betriebs sind wir auch nachts sofort zur Stelle und müssen nicht noch aus dem Bett springen und das Pyjama ausziehen (lacht). Sicherheit gibt der Bevölkerung Lebensqualität. Dass man sich abends draussen oder am Bahnhof sicher fühlt, hat mit unserer Präsenz zu tun.

Das heisst, Sie können die Organisation mit gutem Gewissen Ihrem Nachfolger Oliver Bär übergeben? Ja, das kann ich. Ich habe meine Mission erfüllt. Wir haben es geschafft, die Regionalpolizei zu einer anerkannten Organisation zu machen. Wir sind eine bürgernahe Polizei, die massgeschneidert auf die Region ist. Unser Engagement ist gross. Wenn uns ein Gemeindeammann anruft und von seinen Sorgen berichtet, kann er sichergehen, dass wir versuchen, eine Lösung zu finden. Ich bin stolz, dass es so gut läuft, und bin sicher, dass es Oliver Bär gelingt, so weiterzufahren. Natürlich darf er es gerne anders machen als ich. Es ist gut, dass er neue Ideen in die Organisation reinbringt.

Was wünschen Sie der Regionalpolizei? Das Limmattal wächst. Je mehr Einwohner es hat, desto mehr Konflikte wird es geben. Damit wir weiterhin eine gute Polizei für die Bevölkerung sein können, brauchen wir mehr Ressourcen. Diese fehlen jedoch nicht nur bei uns, sondern auch bei fast allen Polizeien im Kanton und der Schweiz. Wir haben daher damit begonnen, Polizeiaspiranten an der interkantonalen Polizeischule in Hitzkirch auszubilden, die sich nach ihrer Ausbildung für uns verpflichten. Ich wünsche mir, dass es der Regionalpolizei gelingt, gute Personen zu finden, die sich für die Organisation einsetzen.

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