Junge Erwachsene können den Schopf nicht umnutzen

Junge Erwachsene wollten einen ungenutzten Schopf der Gemeinde als Gruppenraum zwischennutzen. Daraus wird nun nichts.

Normalerweise ist der Jugendtreff am Montag und Dienstag geschlossen. Nicht so an diesem Montagabend im Januar. Neben Fabienne Roth und Manu Gauch von der Jugendarbeit sitzen auch die beiden 19-Jährigen Samuel und Lucas auf dem Ledersofa im Raum im Untergeschoss. Beide kommen direkt vom Arbeiten, Samuel lernt Schreiner und Lucas Automatiker. Ein paar Minuten später betritt der 20-jährige Zimmermann Victor den Raum, entschuldigt sich für die Verspätung.

Auch vor rund einem Jahr haben sie und weitere vier junge Erwachsene sich hier im Jugendtreff mit den beiden Frauen getroffen. Es war der Startschuss eines Projekts, das an der Jungbürgerfeier 2022 seinen Anfang nahm. Damals wurden die Teilnehmenden gefragt, was ihnen im öffentlichen Raum gefalle, was ihnen fehle. Samuel ergriff das Wort, sagte, er wünsche sich einen Ort, wo sich die Jugendlichen treffen könnten, ohne wie im Jugendtreff von Erwachsenen beaufsichtigt zu werden. «Ein Teil der Bevölkerung stört sich, wenn wir uns im öffentlichen Raum treffen, wir werden immer wieder weggeschickt», begründet Samuel. Die drei Jugendlichen haben bedingt Verständnis dafür: Es gebe Jugendliche, die Lärm machen, Abfall herumliegen lassen oder sogar Sachen beschädigen, aber das seien ein paar vereinzelte. Die meisten hätten keine schlechten Absichten, sondern wüssten einfach nicht, wo hingehen, da sie überall weggeschickt würden.

Projekt als Praxisarbeit begleitet

Fabienne Roth, die gerade ihre Ausbildung Soziale Arbeit an der Hochschule Luzern absolvierte, lud die jungen Erwachsenen nach der Jungbürgerfeier zu einem Treffen ein. Im Rahmen ihrer Praxisarbeit machte sie sich mit den Jugendlichen auf die Suche nach einem solchen Treffpunkt. Der Schopf mit der Einstellhalle am Chileweg, der auf der gemeindeeigenen Parzelle 3704 angrenzend an die Zentrumswiese steht, weckte das Interesse der jungen Erwachsenen.

Parzelle gehört der Gemeinde

2012 hatte die Gemeinde das Land erworben. «Vorsorglich, falls wir den Platz bei der Realisierung des Alterszentrums bräuchten», begründet Gemeindeammann Anton Möckel (parteilos). Weil ein Beschwerdeverfahren hängig ist, bleiben Realisierung und Baustart ungewiss. Zurzeit dient das Land mit der Einstellhalle und dem Schopf Nachbarn als Lager, Werkstatt und Garage.

Der Gemeinderat konnte sich deshalb vorstellen, den Jugendlichen den Schopf als Zwischennutzung zur Verfügung zu stellen. «Ich wies die Jugendlichen allerdings auch darauf hin, dass die Zentrumswiese emotional belastet ist und mit Widerstand zu rechnen ist», so Möckel. Die jungen Erwachsenen entschieden, ihr Projekt am Standort der «Villa Bruchbude» auszuarbeiten, wie sie den Schopf nennen.

Projektteam erstellt Nutzungskonzept

Zur Überprüfung der Bausubstanz zog die Jugendarbeit einen Architekten zu Rate, die jungen Erwachsenen bildeten ein Projektteam und schmiedeten Pläne, wie sie den Schopf zu einem unbeheizten Gruppenraum umnutzen könnten. Roth fragte bei der Bauverwaltung an, was es brauche, um dieses Projekt umzusetzen. «Sie schätzten das Projekt als grundsätzlich realisierbar ein und rieten uns, die Unterschriften der an die Parzelle grenzenden Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer einzuholen, damit ein vereinfachtes Bewilligungsverfahren möglich wäre.»

Währenddessen erstellte das Projektteam ein Nutzungskonzept, in dem Lärmemissionen, Umgang mit Abfall und die Raumverwaltung geregelt war, und machten Budget-, Zeit- und Umsetzungsplan. Sie luden die Nachbarinnen und Nachbarn im April zu einem Infoabend ein, an dem sechs Personen teilnahmen und Fragen stellten und Anliegen vorbrachten. «Auf ihre Anregungen hin ergänzten wir das Konzept», sagt Samuel. Unter anderem wurden zusätzlich Ruhezeiten, Telefonnummer für Beschwerden und maximal zulässige Personenanzahl festgehalten, ebenso, dass nach der Nutzung nicht vor dem Gebäude verweilt werden darf. Mit dem Teilnehmen an monatlichen Sitzungen wollten sie die Anwohnenden auch künftig miteinbeziehen.

«Wir erhielten überwiegend gutes Feedback», sagt Samuel und Victor fügt an: «Viele fanden es grundsätzlich eine super Idee.» Lucas und ein Jugendlicher stellten dem Gemeinderat im April das Projekt vor. «Wir erhielten positive Rückmeldung. Nach anfänglicher Skepsis war ich erstmals zuversichtlich, dass wir das Projekt umsetzen können», sagt Lucas rückblickend.

Befristete Zwischennutzung

Unter der Bedingung, dass die Baubewilligung erteilt wird und verschiedene Auflagen eingehalten werden – beispielsweise regelmässige Rückmeldung an die Jugendarbeit –, bewilligte der Gemeinderat im Mai 2023 die befristete Zwischennutzung des Schopfs schriftlich. Er war sogar bereit, die einmaligen Kosten von 14906 Franken für den Innenausbau und die jährlich wiederkehrenden Kosten für Strom, Wasser und Abwasser zu übernehmen. Die sieben jungen Erwachsenen entrümpelten den Schopf.

Vergebens. Das vereinfachte Bewilligungsverfahren konnte nicht durchgeführt werden. «Nicht alle, die wir anfragten, waren mit dem Standort einverstanden», so Roth. Deshalb haben sie das Baugesuch schliesslich im ordentlichen Verfahren eingereicht. Es lag vom 7. Juli bis 7. August 2023 öffentlich auf. Vorgesehen waren die Umnutzung des Schopfs zu einem unbeheizten Gruppenraum, der Einbau von Fenstern und einer Eingangstür sowie die Erstellung eines neuen Weges am Chileweg.

Falsche Zone, fehlender Grenzabstand

Es gingen sieben Einwendungen ein. Beanstandet wurde unter anderem Zonenkonformität, fehlender Grenzabstand und Wohnhygiene. Anders als beim ursprünglichen Bau gehört das Land, auf dem es steht, heute nicht mehr einem einzigen Besitzer. Durch die Abparzellierung sind neue Grenzen entstanden. Die Parzelle liegt zudem in der Kernzone. Für das Betreiben eines Raums als öffentlichen Treffpunkt für junge Erwachsene bedürfte es aber beispielsweise der Zone für öffentliche Bauten oder der Gewerbezone. Bei einer Umnutzung wird die Zonenkonformität von der Bauverwaltung überprüft. «Weil die Umnutzung nur als Zwischennutzung des bestehenden Schopfs vorgesehen war, hatten wir gehofft, es gebe keine Einwendungen dagegen», begründet Andrea Hofbauer, Bauverwalter-Stellvertreterin, die anfänglich optimistische Einschätzung.

«Wo kein Kläger ist, gibt es auch keinen Richter», hoffte auch Möckel, der den Jugendlichen den Raum gerne zur Verfügung gestellt hätte. Daraus wird nun nichts. Nach Eingang der Einwendungen gegen die Umnutzung riet die Bauverwaltung den jungen Erwachsenen, das Gesuch zurückzuziehen. «Ansonsten hätten wir aufgrund der fehlenden Zonenkonformität das Gesuch ablehnen müssen», sagt die Bauverwalter-Stellvertreterin. In Absprache mit den jungen Erwachsenen zog der Gemeinderat als Eigentümer der Parzelle das Baugesuch im Oktober zurück. Mit diesem Entscheid hat sich auch die Projektgruppe aufgelöst. Keiner der Jugendlichen will nochmals von vorne beginnen.

«Nicht vor der eigenen Haustüre»

«Beim langen Warten auf den Entscheid ist unsere Motivation gesunken», sagt Victor rückblickend. «Wir haben versucht, etwas zu verändern», sagt auch Lucas, «es hat sich als schwierig herausgestellt. Ich hätte mir gewünscht, dass man uns am Anfang gesagt hätte, wie schwierig das wird, auch aus rechtlicher Sicht.» Die Enttäuschung sei gross. «Wir hätten gerne Verantwortung übernommen», sagen sie. Enttäuscht auch, weil sie im Gespräch mit den Erwachsenen durchwegs positive Rückmeldungen erhalten hätten. Die Bauverwaltung ist über die Einwendungen der Nachbarn nicht überrascht: «Man will den Jugendlichen zwar grundsätzlich Raum geben, jedoch nicht vor der eigenen Haustüre», so Hofbauer.

Die jungen Erwachsenen haben sich im Spätsommer mit Mitarbeitenden der Bauverwaltung getroffen und über Bauvorschriften und Abläufe diskutiert. «Sie waren sehr interessiert und wir bedauern, dass sie den Schopf nicht zwischennutzen können», sagt Andrea Hofbauer.

«Schade», findet auch Fabienne Roth: «Die Jugendlichen waren sehr engagiert und haben eine Lösung angeboten, die sie jetzt nicht umsetzen können.» «Es ist ein schönes, klassisches soziokulturelles Projekt, das leider nicht umgesetzt werden kann», sagt auch Manu Gauch, die das Projekt als Praxisausbildnerin begleitet hat.

«Enttäuscht, aber nicht frustriert»

«Ich habe in diesem Jahr viel gelernt», fügt Roth an. Die Jugendlichen nicken, sagen, dass es auch für sie eine «Lebensschule» gewesen sei. «Deshalb bin ich zwar enttäuscht, aber nicht frustriert», sagt Victor. «Ich weiss jetzt, wie man ein solches Projekt aufzieht, worauf man achten muss, und kann das bei weiteren privaten Projekten nutzen», resümiert Samuel, der sich mal selbstständig machen will.

«Ich hoffe, die Jugendlichen verlieren nicht den Mut und engagieren sich weiterhin», sagt Anton Möckel und fügt an: «Es kann nicht immer auf Anhieb gelingen. So laufen politische Prozesse ab.» Ob sie sich vorstellen könnten, einst in die Politik einzusteigen, um so das System zu verändern? Die drei jungen Männer schütteln den Kopf. Politik sei zu wenig produktiv, viele Politiker würden das sagen, was man von ihnen hören wolle, anstatt ihre Meinung zu vertreten, findet Victor. Die anderen beiden sehen es ähnlich, wollen sich lieber im privaten Umfeld engagieren. Sagen es, stehen auf und verschwinden im Dunkel des Abends.

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