Die Leidenschaft entdeckt

Die Würenloserin Madlaina Hartmann bringt anderen bei, schneller zu lesen. Sie selbst konnte dank der Zeitersparnis ihr Studium schneller als geplant abschliessen.

Madlaina Hartmann hilft anderen, schneller zu lesen. (Bild: Melanie Bär)
Madlaina Hartmann hilft anderen, schneller zu lesen. (Bild: Melanie Bär)

Das Banner am Haus an der Landstrasse 70 ist nicht zu übersehen. «Speed Reading» steht in schwarzer Schrift auf weissem Hintergrund. Das Banner ist eine Werbung für Madlaina Hartmanns Herzensgeschäft. Wenn sie darüber spricht, dass sie am liebsten allen dabei helfen möchte, die Lesegeschwindigkeit zu erhöhen, sprüht die gebürtige Bündnerin vor Begeisterung, ihre Augen strahlen und sie lacht. «Das vereinfacht jedem das Leben», ist sie überzeugt und fügt an: «Man müsste das eigentlich als Freifach in der Schule allen Schulkindern zugänglich machen.»

Die 34-Jährige hat die Techniken während ihres Wirtschaftspsychologiestudiums an der Europäischen Fernhochschule Hamburg entdeckt und ihre Masterarbeit dem Thema gewidmet. «Ich habe es selbst angewendet und schloss das Studium in 17 statt 24 Monaten ab.» Zuvor konnte sie 150 Wörter pro Minute lesen, heute sind es zwischen 700 und 1400. «Und dabei habe ich das Leseverständnis von 60 auf 100 Prozent erhöht.»

Elf verschiedene Techniken

Mit elf verschiedenen Techniken will Hartmann dies nun auch ihre Kunden lehren. Das sei möglich, weil das Gehirn beim Lesen aufgrund von Unterforderung abschweife. Indem es mehr beansprucht werde, bleibe man beim Lesen konzentrierter.

Hartmann holt einen Text hervor und demonstriert die erste von elf Techniken. Statt Wort für Wort einzeln zu lesen, soll das Auge die halbe Zeile auf einmal erfassen, ohne bewusst zu lesen. Auf dem Handy stellt sie die Metronomfunktion ein und weist an, gleichmässig vom einen zum nächsten Satzteil zu schauen. Acht Minuten lang wird geübt. Danach werden die Lesegeschwindigkeit und das Textverständnis überprüft. Innerhalb von sechs Stunden bringt sie Lernenden so elf verschiedene Techniken bei.

«Nicht jeder spricht auf die gleiche Technik an, oftmals werden auch mehrere miteinander kombiniert», sagt sie und nimmt ein knappes Dutzend Fragebogen hervor. Die haben ihre Kunden am letzten Workshop ausgefüllt. Auf die Frage, welche Lesetechnik am hilfreichsten war, bekam sie verschiedene Antworten. Das Lesen mittels vertikaler Wellenbewegungen und das Zick-Zack-Lesen wurden besonders häufig genannt. Auch die Steigerung der Lesegeschwindigkeit lässt sich sehen: Von knapp 200 Wörtern pro Minute wurde sie mindestens verdoppelt, bei einem sogar verfünffacht.

«Ich wende unterschiedliche Techniken an, je nachdem ob ich am Computer arbeite, ein Buch oder eine Zeitung lese», sagt Sasa Lakic. Die Badenerin hat die Techniken im Juni gelernt und sagt, dass sie sich dadurch besser aufs Lesen konzentrieren kann. «Das hilft mir geschäftlich und privat.»

Vom Verkauf zum Spead Reading

Solche Rückmeldungen freuen Madlaina Hartmann und motivieren sie. Für ihr «Baby», wie sie ihre Selbstständigkeit nennt, hat sie ihren gut bezahlten Job im Verkaufsinnen- und -aussendienst auf einen Tag reduziert und hofft, dass sie irgendwann ganz vom Kursgeben leben kann. «Ich verdiene jetzt zwar weniger und arbeite mehr, doch ich bin tausendmal glücklicher als vorher», sagt Hartmann, die vor 13 Jahren aufgrund ihres Jobs vom Bündnerland in den Kanton Zürich gezogen ist und seit knapp drei Jahren in Würenlos lebt. Es sei für sie erfüllend, andere zu begeistern, zu sehen, wie sie sich freuen, wenn sie das Gelesene schneller verstehen und dadurch mehr Zeit für anderes haben. «Ich wäre froh gewesen, ich hätte die Techniken schon bei Studienbeginn gekannt, das hätte mir das Studium definitiv vereinfacht», sagt sie. Auch wenn Speed Reading nichts Neues ist, so hat sie selbst ein Modell entwickelt, wie sie die Techniken anderen innerhalb von sechs Stunden beibringt und so die Teilnehmer ihr Hirn umfunktionieren können.

Speed Reading ist nicht ihre einzige Leidenschaft. Sie hat zwei Hunde, die sie über alles liebt. Mit ihnen möchte sie künftig anderen Freude bereiten. «Ich bilde meine jüngere Hündin bald zum Sozialhund aus und würde danach mit ihr gerne Kinder mit Beeinträchtigung, die in Sozialeinrichtungen leben, besuchen», so Hartmann. Für sie selbst sind die Tiere ein Ausgleich zur Kopfarbeit am Schreibtisch.

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